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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band.

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gierung und Vertretung über den Aufbringungsmodus nicht rechtzeitig, so
bestimmt die Regierung denselben und ordnet dieErhebung an.
In Ansehung der Verwendungen sür den Bau und die Unterhaltung der
Chausseen hat die Regierung sich vorbehalten einen Mindestbetrag zu be¬
stimmen, wenn sie die Bewilligung dem Bedürfnisse nicht entsprechend findet

Durch die Ausstattung des Landesfonds mit einer Summe, welche zu
den Ausgaben desselben in keinem Verhältnisse steht, werden dem Lande eine
Menge neuer Lasten aufgebürdet, welche bisher die landesherrliche Casse zu
tragen hatte, und die ganze Jahrcsdotirung desselben ist überdies nichts als
eine Anweisung auf außerordentliche Steuern, welche zu Zwecken eingeführt
wurden, die theils bereits in Wegfall gekommen sind, theils in nächster Zeit
in Wegfall kommen werden.

Diese außerordentlichen Steuern werden unter dem Namen einer Mili¬
tärsteuer und einer Chausseebausteuer erhoben und liefern zusammen, nach
Angabe der Verfassungsurkunde, eine Jahresaufkunft von 13,200 Thlr. Von
diesem Gelde hat der Großherzog bisher 10,000 Thlr. erhoben, will sich aber
in Zukunft mit 4000 Thlr. begnügen; diese Summe soll "zum theilweisen
Ersatz derjenigen Lasten" dienen, "welche der großherzoglichen Casse durch die
Ableistung des dem Fürstenthum obliegenden Antheils an den Bundeslasten
des Großherzogthums zufallen werden." So entsteht die für den Landes¬
fonds als Jahresdotation ausgeworfene Summe von 9200 Thlr.

Die Militärsteuer hatte die Bestimmung, dem Landesherrn eine Bei¬
hilfe zu den Kosten des Militärcontingents zu gewähren. Nachdem aber
jetzt die Verhältnisse wesentlich andere geworden und der Bevölkerung des
Fürstenthums in Gestalt von Zöllen und Steuern an die Bundescasse Lasten
von dem dreifachen Betrage der Militärsteuer auferlegt worden sind, die
landesherrliche Casse dagegen nachweislich eine Erleichterung erfahren hat.
erscheint die Befreiung des Landes von der Militärsteuer nur als Forde¬
rung der Gerechtigkeit. Die Chausseebausteuer hat ihren hauptsächlichen Zweck
in der Verzinsung und Tilgung einer vor mehreren Jahrzehnten aufgenom¬
menen Chausse'ebauschuld, welche jetzt bis auf einen Rest von 9800 Thlr. ab¬
gezahlt ist. Nach Amortisirung dieses Restes wird nur noch für die Unter¬
haltung der das Land durchschneidenden sechs Meilen Chaussee zu sorgen
ein, welche nur einen geringen Theil der aus dieser Steuer jetzt erzielten
Auskunft erfordert, sodaß damit eine wesentliche Herabsetzung derselben binnen
wenigen Jahren möglich würde.

Wollte der Großherzog den Patrimonialstaat in einen Verfassungsstaat
verwandeln, so war dazu vor allen Dingen erforderlich, daß über die finan¬
ziellen Verhältnisse eine Auseinandersetzung erfolgte, welche beiden Theilen,
dem Lande wie dem Landesherrn, gerecht wurde. Es mußte dabei in Er-


gierung und Vertretung über den Aufbringungsmodus nicht rechtzeitig, so
bestimmt die Regierung denselben und ordnet dieErhebung an.
In Ansehung der Verwendungen sür den Bau und die Unterhaltung der
Chausseen hat die Regierung sich vorbehalten einen Mindestbetrag zu be¬
stimmen, wenn sie die Bewilligung dem Bedürfnisse nicht entsprechend findet

Durch die Ausstattung des Landesfonds mit einer Summe, welche zu
den Ausgaben desselben in keinem Verhältnisse steht, werden dem Lande eine
Menge neuer Lasten aufgebürdet, welche bisher die landesherrliche Casse zu
tragen hatte, und die ganze Jahrcsdotirung desselben ist überdies nichts als
eine Anweisung auf außerordentliche Steuern, welche zu Zwecken eingeführt
wurden, die theils bereits in Wegfall gekommen sind, theils in nächster Zeit
in Wegfall kommen werden.

Diese außerordentlichen Steuern werden unter dem Namen einer Mili¬
tärsteuer und einer Chausseebausteuer erhoben und liefern zusammen, nach
Angabe der Verfassungsurkunde, eine Jahresaufkunft von 13,200 Thlr. Von
diesem Gelde hat der Großherzog bisher 10,000 Thlr. erhoben, will sich aber
in Zukunft mit 4000 Thlr. begnügen; diese Summe soll „zum theilweisen
Ersatz derjenigen Lasten" dienen, „welche der großherzoglichen Casse durch die
Ableistung des dem Fürstenthum obliegenden Antheils an den Bundeslasten
des Großherzogthums zufallen werden." So entsteht die für den Landes¬
fonds als Jahresdotation ausgeworfene Summe von 9200 Thlr.

Die Militärsteuer hatte die Bestimmung, dem Landesherrn eine Bei¬
hilfe zu den Kosten des Militärcontingents zu gewähren. Nachdem aber
jetzt die Verhältnisse wesentlich andere geworden und der Bevölkerung des
Fürstenthums in Gestalt von Zöllen und Steuern an die Bundescasse Lasten
von dem dreifachen Betrage der Militärsteuer auferlegt worden sind, die
landesherrliche Casse dagegen nachweislich eine Erleichterung erfahren hat.
erscheint die Befreiung des Landes von der Militärsteuer nur als Forde¬
rung der Gerechtigkeit. Die Chausseebausteuer hat ihren hauptsächlichen Zweck
in der Verzinsung und Tilgung einer vor mehreren Jahrzehnten aufgenom¬
menen Chausse'ebauschuld, welche jetzt bis auf einen Rest von 9800 Thlr. ab¬
gezahlt ist. Nach Amortisirung dieses Restes wird nur noch für die Unter¬
haltung der das Land durchschneidenden sechs Meilen Chaussee zu sorgen
ein, welche nur einen geringen Theil der aus dieser Steuer jetzt erzielten
Auskunft erfordert, sodaß damit eine wesentliche Herabsetzung derselben binnen
wenigen Jahren möglich würde.

Wollte der Großherzog den Patrimonialstaat in einen Verfassungsstaat
verwandeln, so war dazu vor allen Dingen erforderlich, daß über die finan¬
ziellen Verhältnisse eine Auseinandersetzung erfolgte, welche beiden Theilen,
dem Lande wie dem Landesherrn, gerecht wurde. Es mußte dabei in Er-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123087/59>, abgerufen am 26.06.2024.