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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band.

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gehört werden, bevor ein neues Gesetz erlassen wird. Es handelt sich hierbei
also nur um eine gutachtliche Aeußerung derselben, wobei es von der Re¬
gierung abhängt, welches Gewicht sie solcher Aeußerung für ihre Ent¬
schließungen beilegen will.

Im Wesentlichen besteht die Wirksamkeit, welche hiernach der Vertretung
verbleibt, in der ihr zugewiesenen Betheiligung an gewissen communalen
Verwaltungszweigen und in der Bewilligung der für dieselben erforderlichen
Gelder. Diese Verwaltungszweige sind: das Armenwesen, der Wegebau, das
Militärwesen, das Schulwesen "nach seiner äußeren Seite" und das Ver¬
sicherungswesen in Verbindung mit dem Feuerlöschwesen. Die Mitwirkung
wird theils durch die Vertretung selbst, theils durch deren ständigen Ausschuß,
welcher unter dem Vorsitz eines Mitgliedes der Landvogtei tagt, geübt.

Zur Deckung der Kosten der genannten Verwaltungszweige wird ein
"Landesfonds" gebildet, welcher mit einer Jahreseinnahme von 9200 Thlr.
und einem einmaligen Geschenk von 10000 Thlr. -- "besonders zur Ermög¬
lichung eines für das gesammte Fürstenthum bestimmten, zu Schönberg zu
errichtenden Krankenhauses" -- dotirt wird. Aus dieser Casse sollen bestritten
werden: 1) die Unterhaltung der Chausseen und die Verzinsung und Tilgung
der vorhandenen Chaussiebauschuld, im Belaufe von 9800 Thlr., ferner Bei¬
hilfen zur Verbesserung sonstiger Wege; 2) Beihilfen zur Verbesserung der
ungefähr 50, meistens nur schlecht dotirter Schulstellen im Lande; 3) die
bundesgesetzlich der Einwohnerschaft obliegenden Kriegsleistungen, darunter
die Ausgaben zur Unterstützung der bedürftigen Familien der zum Dienste
einberufenen Mannschaften der Reserve und Landwehr, die Vergütung für
die Mitglieder der Kreis-Ersatz-Commission u. s. w.; 4) die Ausgaben, welche
durch die Geschäftsführung der Vertretung entstehen, und die Vergütung an
die drei Mitglieder des ständigen Ausschusses; 6) die Ausgaben sür das
Central-Armenwesen; 6) die sonstigen zum Nutzen des Landes von der Ver¬
tretung beschlossenen Ausgaben.

Schon die nothwendigsten dieser Ausgaben erschöpfen die Jahresdotation
des Landesfonds in dem Maße, daß für die sonst erforderlichen Verwendungen
nur eine Vermehrung der Steuerlast übrig bleibt, was auch der Negierung
nicht entgangen ist. Nach ihrer Anordnung soll für die Fälle, wo die zur
Deckung der allgemeinen Armenlasten bestimmten Mittel des Landesfonds
nicht ausreichen, das Fehlende durch Erhöhung der Beiträge zur Armencasse
aufgebracht werden. Der Vertretung wird es anheimgegeben, die Errichtung
eines Land-Armen- und Arbeitshauses und die Aufbringung der dazu er¬
forderlichen Mittel zu beschließen. Reichen die für die anderen Ausgaben
bestimmten Mittel des Landesfonds nicht aus, so sind zur Ergänzung Bei¬
träge der Einwohner zu erheben. Gelingt eine Vereinbarung zwischen Re.


gehört werden, bevor ein neues Gesetz erlassen wird. Es handelt sich hierbei
also nur um eine gutachtliche Aeußerung derselben, wobei es von der Re¬
gierung abhängt, welches Gewicht sie solcher Aeußerung für ihre Ent¬
schließungen beilegen will.

Im Wesentlichen besteht die Wirksamkeit, welche hiernach der Vertretung
verbleibt, in der ihr zugewiesenen Betheiligung an gewissen communalen
Verwaltungszweigen und in der Bewilligung der für dieselben erforderlichen
Gelder. Diese Verwaltungszweige sind: das Armenwesen, der Wegebau, das
Militärwesen, das Schulwesen „nach seiner äußeren Seite" und das Ver¬
sicherungswesen in Verbindung mit dem Feuerlöschwesen. Die Mitwirkung
wird theils durch die Vertretung selbst, theils durch deren ständigen Ausschuß,
welcher unter dem Vorsitz eines Mitgliedes der Landvogtei tagt, geübt.

Zur Deckung der Kosten der genannten Verwaltungszweige wird ein
„Landesfonds" gebildet, welcher mit einer Jahreseinnahme von 9200 Thlr.
und einem einmaligen Geschenk von 10000 Thlr. — „besonders zur Ermög¬
lichung eines für das gesammte Fürstenthum bestimmten, zu Schönberg zu
errichtenden Krankenhauses" — dotirt wird. Aus dieser Casse sollen bestritten
werden: 1) die Unterhaltung der Chausseen und die Verzinsung und Tilgung
der vorhandenen Chaussiebauschuld, im Belaufe von 9800 Thlr., ferner Bei¬
hilfen zur Verbesserung sonstiger Wege; 2) Beihilfen zur Verbesserung der
ungefähr 50, meistens nur schlecht dotirter Schulstellen im Lande; 3) die
bundesgesetzlich der Einwohnerschaft obliegenden Kriegsleistungen, darunter
die Ausgaben zur Unterstützung der bedürftigen Familien der zum Dienste
einberufenen Mannschaften der Reserve und Landwehr, die Vergütung für
die Mitglieder der Kreis-Ersatz-Commission u. s. w.; 4) die Ausgaben, welche
durch die Geschäftsführung der Vertretung entstehen, und die Vergütung an
die drei Mitglieder des ständigen Ausschusses; 6) die Ausgaben sür das
Central-Armenwesen; 6) die sonstigen zum Nutzen des Landes von der Ver¬
tretung beschlossenen Ausgaben.

Schon die nothwendigsten dieser Ausgaben erschöpfen die Jahresdotation
des Landesfonds in dem Maße, daß für die sonst erforderlichen Verwendungen
nur eine Vermehrung der Steuerlast übrig bleibt, was auch der Negierung
nicht entgangen ist. Nach ihrer Anordnung soll für die Fälle, wo die zur
Deckung der allgemeinen Armenlasten bestimmten Mittel des Landesfonds
nicht ausreichen, das Fehlende durch Erhöhung der Beiträge zur Armencasse
aufgebracht werden. Der Vertretung wird es anheimgegeben, die Errichtung
eines Land-Armen- und Arbeitshauses und die Aufbringung der dazu er¬
forderlichen Mittel zu beschließen. Reichen die für die anderen Ausgaben
bestimmten Mittel des Landesfonds nicht aus, so sind zur Ergänzung Bei¬
träge der Einwohner zu erheben. Gelingt eine Vereinbarung zwischen Re.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123087/58>, abgerufen am 26.06.2024.