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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band.

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und in Umschwung gesetzt, als General Karl von Clausewitz. Dies ist mein
individuelles Glaubensbekenntniß."

Pönitz und W. von Willisen waren dann diejenigen/ welche mit tiefem
Wissen ausgestattet, nicht ohne Glück und Erfolg in jenem Geist sortzu-
wirken sich bemühten, welche der geschiedene große Meister über die Kriegs"
Wissenschaft ausgegossen hatte.

Ueber Wtllisen's bekannte Theorie des großen Krieges finden wir dir
seiner Zeit von Decker verfaßte ebenso treffende als scharfe Beurtheilung in
ihren Hauptzügen wiedergegeben.

Noch können wir endlich nicht umhin, ehe wir uns von einem Buch
trennen, welches, indem es so viele interessante Erinnerungen hervor¬
ruft, eine unleugbare Anziehungskraft ausübt, eine Bemerkung anzuführen,
die' der Verfasser Seite 277 an eine Besprechung der gezogenen Geschütze
knüpft. Sie lautet: "In Preußen entkleideten sich die dahin gerichteten Be¬
strebungen mehr, als man einst für möglich gehalten hatte, jener Geheim¬
haltung, deren Siegel sonst allem artilleristisch Neuen aufgedrückt werden
mußte. Se. K. H. der Prinz-Regent, die Förderung deutscher Interessen über
jede andere Rücksicht stellend, hatte den hochherzigen Entschluß gefaßt, seine
gezogenen Geschütze -- das Resultat mannigfache Jahrzehnte ausfüllender
mühevoller Bestrebungen -- seinen deutschen Bundesgenossen in die' Hand
zu geben, und damit eine Steigerung der Wehrkraft Deutschlands herbei¬
zuführen , welche Kenner damals mindestens einer Verstärkung/ von 106,000
Mann gleich achteten. Wie zu einer akademischen Genossenschaft zog eine
Elite von Artillerieosficieren aller größeren deutschen Staaten zur Theilnahme
an den Versuchen bei Tegel und Jülich und zur Empfangnahme der Gu߬
stahl-Hinterlader, deren Wirkung die Kundigsten in Erstaunen' setzte.

"Die gehobene Stimmung jener Zeit, die zu des Verfassers" (v. Troschke's)
liebsten Erinnerungen gehört, der dem ganzen Treiben nahestand, da er nach'
dem Hintritt des unvergeßlichen Ente öfters das Präsidium der Artillerie¬
prüfungscommission zu führen hatte, theilte sich Jedem mit, der Mit jenem
Kreise in Verbindung trat. Man glaubte der Hoffnung Raum geben zu'
dürfen, daß das zerrissene Deutschland in seiner Wehrkraft das' Band finden'
werde, zu welchem alle sonstigen Motive sich als zu schwach erwiesen, und
freute sich des Antheils, welcher der Artillerie dabei beschiedw zu sein schien.
Nur zu bald mußte das isoltrte Preußen, das man beim Frankfurter Fürsten-
tage vergebens in eine secundäre Stellung herab zu drücken versuchte, erkennen,
daß es in ernsten Krisen, auf keine andere Unterstützung zu rechnen habe>
als auf die eigene Kraft. Nur kurze Zeit und die von Preußen in groH-
artigem Vertrauen den damaligen Bundesgenossen übergevenen Geschütze
wurden gegen Preußens Truppen gewendet."


und in Umschwung gesetzt, als General Karl von Clausewitz. Dies ist mein
individuelles Glaubensbekenntniß."

Pönitz und W. von Willisen waren dann diejenigen/ welche mit tiefem
Wissen ausgestattet, nicht ohne Glück und Erfolg in jenem Geist sortzu-
wirken sich bemühten, welche der geschiedene große Meister über die Kriegs«
Wissenschaft ausgegossen hatte.

Ueber Wtllisen's bekannte Theorie des großen Krieges finden wir dir
seiner Zeit von Decker verfaßte ebenso treffende als scharfe Beurtheilung in
ihren Hauptzügen wiedergegeben.

Noch können wir endlich nicht umhin, ehe wir uns von einem Buch
trennen, welches, indem es so viele interessante Erinnerungen hervor¬
ruft, eine unleugbare Anziehungskraft ausübt, eine Bemerkung anzuführen,
die' der Verfasser Seite 277 an eine Besprechung der gezogenen Geschütze
knüpft. Sie lautet: „In Preußen entkleideten sich die dahin gerichteten Be¬
strebungen mehr, als man einst für möglich gehalten hatte, jener Geheim¬
haltung, deren Siegel sonst allem artilleristisch Neuen aufgedrückt werden
mußte. Se. K. H. der Prinz-Regent, die Förderung deutscher Interessen über
jede andere Rücksicht stellend, hatte den hochherzigen Entschluß gefaßt, seine
gezogenen Geschütze — das Resultat mannigfache Jahrzehnte ausfüllender
mühevoller Bestrebungen — seinen deutschen Bundesgenossen in die' Hand
zu geben, und damit eine Steigerung der Wehrkraft Deutschlands herbei¬
zuführen , welche Kenner damals mindestens einer Verstärkung/ von 106,000
Mann gleich achteten. Wie zu einer akademischen Genossenschaft zog eine
Elite von Artillerieosficieren aller größeren deutschen Staaten zur Theilnahme
an den Versuchen bei Tegel und Jülich und zur Empfangnahme der Gu߬
stahl-Hinterlader, deren Wirkung die Kundigsten in Erstaunen' setzte.

„Die gehobene Stimmung jener Zeit, die zu des Verfassers« (v. Troschke's)
liebsten Erinnerungen gehört, der dem ganzen Treiben nahestand, da er nach'
dem Hintritt des unvergeßlichen Ente öfters das Präsidium der Artillerie¬
prüfungscommission zu führen hatte, theilte sich Jedem mit, der Mit jenem
Kreise in Verbindung trat. Man glaubte der Hoffnung Raum geben zu'
dürfen, daß das zerrissene Deutschland in seiner Wehrkraft das' Band finden'
werde, zu welchem alle sonstigen Motive sich als zu schwach erwiesen, und
freute sich des Antheils, welcher der Artillerie dabei beschiedw zu sein schien.
Nur zu bald mußte das isoltrte Preußen, das man beim Frankfurter Fürsten-
tage vergebens in eine secundäre Stellung herab zu drücken versuchte, erkennen,
daß es in ernsten Krisen, auf keine andere Unterstützung zu rechnen habe>
als auf die eigene Kraft. Nur kurze Zeit und die von Preußen in groH-
artigem Vertrauen den damaligen Bundesgenossen übergevenen Geschütze
wurden gegen Preußens Truppen gewendet."


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123087/494>, abgerufen am 29.06.2024.