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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band.

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hat. Die sehr gelungene Abfassung seines Lesebuchs für die genannten Classen,
die treffliche Auswahl "rühmlicher Thaten" muß als sehr verdienstlich alter"
kannt werden und eröffnet den Weg. welchen der von Schneider redigirte
Soldatenfreund seit seinem Entstehen (1833) bis aus den heutigen Tag er-
folgreich betreten hat.

Im dritten Abschnitt der 1. Abtheilung finden wir eingehend den Mann
besprochen, welchem auf dem Gebiet der Militärliteratur als leuchtender Heros
erscheint und der auch hier als epochemachend bezeichnet wird.

"Karl von Clausewitz", sagt von Troschke, "dürfte ähnlich wie
Rüste als Autodidact zu betrachten sein. Vielleicht hat dies zu der großen
Selbständigkeit des Denkens beigetragen, die wir in seinen Schriften be-
Wundern. Jedenfalls ist die große Vielseitigkeit und Gründlichkeit seiner
Kenntnisse in allen Fächern, die mit seinem Beruf irgend wie in Verbindung
stehen, dadurch nicht beeinträchtigt worden. Seine Bildung trägt vielmehr
den Charakter des Universellen. Es scheint dies mit als Motiv gewirkt zu
haben, wenn -- wie wir neuerdings erfahren -- Clausewitz längere Zeit für
eine der größten Gesandtschaften defignirt gewesen sein soll.

Der unglückliche Krieg von 1806 fand ihn an der Seite des ritterlichen
Prinzen August v^n Preußen. Er war Zeuge des heldenmüthigen Kampfes,
in welchem das Bataillon desselben am 28. Oetober in der Gegend von
Prenzlau sieben wiederholten Attaken der weit überlegenen französischen Ca-
vallerie, die schließlich von zahlreicher Artillerie unterstützt wurde, nachdem
die letzte Patrone verbraucht, endlich erliegen mußte.

"Dieser Krieg ist für Clausewitz längere Zeit der Gegenstand tiefen Nach¬
denkens gewesen. Das daraus hervorgegangene, von Höpfner öfters benutzte
Manuskript, ist vom Staate angekauft worden, weil bei der Veröffentlichung
damals manche Persönlichkeit empfindlich verletzt worden wäre. Alles, was
man über dieses Werk erfährt, stimmt in der Anerkennung des ungewöhnlich
hohen Werthes desselben überein, so daß nach so langer Zeit die Bitte wohl
einige Berechtigung haben dürfte, daß an maßgebender Stelle in Erwägung
gezogen werde, ob die zur Geheimhaltung dieser Arbeit des großen Meisters
veranlassenden Gründe noch immer obwalten oder ob nunmehr die Zeit ge¬
kommen ist. wo mittelst der Veröffentlichung desselben dem Publicum eine ebenso
interessante, als werthvolle Gabe geboten werden kann?

In engster Verbindung mit Scharnhorst wirkte Clausewitz bei der Re-
organisation der Armee mit und zeichnete sich namentlich als Lehrer der
Militärwissenschaften aus, was Veranlassung wurde, ihn in dieser Eigenschaft
Sr. K. H. dem Kronprinzen zuzutheilen.

Der siebente Theil der Clausewitz'schen Werke, der zugleich vieles All"
gemeine über den Feldzug von 1812 als Resultat höchst genialer und ernstex


hat. Die sehr gelungene Abfassung seines Lesebuchs für die genannten Classen,
die treffliche Auswahl „rühmlicher Thaten" muß als sehr verdienstlich alter«
kannt werden und eröffnet den Weg. welchen der von Schneider redigirte
Soldatenfreund seit seinem Entstehen (1833) bis aus den heutigen Tag er-
folgreich betreten hat.

Im dritten Abschnitt der 1. Abtheilung finden wir eingehend den Mann
besprochen, welchem auf dem Gebiet der Militärliteratur als leuchtender Heros
erscheint und der auch hier als epochemachend bezeichnet wird.

„Karl von Clausewitz", sagt von Troschke, „dürfte ähnlich wie
Rüste als Autodidact zu betrachten sein. Vielleicht hat dies zu der großen
Selbständigkeit des Denkens beigetragen, die wir in seinen Schriften be-
Wundern. Jedenfalls ist die große Vielseitigkeit und Gründlichkeit seiner
Kenntnisse in allen Fächern, die mit seinem Beruf irgend wie in Verbindung
stehen, dadurch nicht beeinträchtigt worden. Seine Bildung trägt vielmehr
den Charakter des Universellen. Es scheint dies mit als Motiv gewirkt zu
haben, wenn — wie wir neuerdings erfahren — Clausewitz längere Zeit für
eine der größten Gesandtschaften defignirt gewesen sein soll.

Der unglückliche Krieg von 1806 fand ihn an der Seite des ritterlichen
Prinzen August v^n Preußen. Er war Zeuge des heldenmüthigen Kampfes,
in welchem das Bataillon desselben am 28. Oetober in der Gegend von
Prenzlau sieben wiederholten Attaken der weit überlegenen französischen Ca-
vallerie, die schließlich von zahlreicher Artillerie unterstützt wurde, nachdem
die letzte Patrone verbraucht, endlich erliegen mußte.

„Dieser Krieg ist für Clausewitz längere Zeit der Gegenstand tiefen Nach¬
denkens gewesen. Das daraus hervorgegangene, von Höpfner öfters benutzte
Manuskript, ist vom Staate angekauft worden, weil bei der Veröffentlichung
damals manche Persönlichkeit empfindlich verletzt worden wäre. Alles, was
man über dieses Werk erfährt, stimmt in der Anerkennung des ungewöhnlich
hohen Werthes desselben überein, so daß nach so langer Zeit die Bitte wohl
einige Berechtigung haben dürfte, daß an maßgebender Stelle in Erwägung
gezogen werde, ob die zur Geheimhaltung dieser Arbeit des großen Meisters
veranlassenden Gründe noch immer obwalten oder ob nunmehr die Zeit ge¬
kommen ist. wo mittelst der Veröffentlichung desselben dem Publicum eine ebenso
interessante, als werthvolle Gabe geboten werden kann?

In engster Verbindung mit Scharnhorst wirkte Clausewitz bei der Re-
organisation der Armee mit und zeichnete sich namentlich als Lehrer der
Militärwissenschaften aus, was Veranlassung wurde, ihn in dieser Eigenschaft
Sr. K. H. dem Kronprinzen zuzutheilen.

Der siebente Theil der Clausewitz'schen Werke, der zugleich vieles All«
gemeine über den Feldzug von 1812 als Resultat höchst genialer und ernstex


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123087/491>, abgerufen am 29.06.2024.