Das Gatling-Geschütz dagegen ist definitiv bis jetzt nur in Amerika einge¬ führt worden.
M. v. L.
Die sächsischen Armenverbände.
Für das platte Land scheinen die sächsischen Armenverbände, wie sie sich seit zehn Jahren aus den alten Bezirksarmenvereinen heraus entwickelt haben, zu einer ähnlichen wegweisenden Rolle berufen zu sein, wie die berühmte Armenpflege Elberfelds den deutschen Städten ein Muster geworden ist. Es ist in unserer Zeit wesentlich die Organisation, welche den Charakter einer Armenpflege bestimmt, sie zu fortschreitender Bewältigung ihrer Aufgabe in den Stand setzt oder im erfolglosesten Schlendrian festhält. Die richtigen Grundsätze pflegen sich aus einer zweckentsprechenden Verwaltungsweise überall bald von selbst zu ergeben. Die gesetzlichen Voraussetzungen aber können mit Sicherheit nur in dem Maße geändert, d. h. aus Zwang in Freiheit und aus Ungleichheit in reine strenge Gerechtigkeit umgewandelt werden, wie eine wirksame Organisation der Armenpflege die in der Gesellschaft schlum¬ mernden freien Kräfte umfassender auf den Plan ruft.
Eine Zusammenlegung mehrerer kleiner Landgemeinden zu einem ein¬ zigen Heimathsbezirk war schon durch das sächsische Heimathsgesetz von 1834 vorgesehen, doch nicht mit durchgängigen Glück. Nicht selten hatte man Rittergüter und Bauerndörfer auf der einen, Tagelöhnerdörfer auf der an¬ deren Seite auseiandergehalten, während dieselben doch paarweise oder in größerer Zahl durchaus eine wirthschaftliche Einheit ausmachten, letztere viel¬ fach der ersteren halber und durch deren Zuthun entstanden waren, so daß, wenn überhaupt aus Nachbarschaft über das einzelne Dorf oder Gut hinaus die öffentliche Unterstützungspflicht begründet werden sollte, die Mitverant¬ wortlichkeit der Güter und Bauerndörfer für die Noth in ihren benachbarten Tagelöhnergemeinden sich von selbst verstand. Noch schlimmer, viel allge¬ meiner und intensiver wirkte die Zerreißung der Befugnisse, indem die Ge¬ meinden oder Heimathsbezirke in allen Fällen für die Unterstützung aus¬ zukommen, also auch arbeitsunfähigen Armen Arbeit zu verschaffen hatten, die Staatspolizeibehörden aber den Zwang zur Arbeit auszusprechen und überhaupt die Zucht über arbeitsscheue Landstreicher und Bettler zu üben. Dies Verhältniß nährte einen ununterbrochenen Krieg zwischen der Gemeinde, die nicht immer genug thun, und dem Gerichtsamt, das in der Regel zuviel gethan wissen wollte, wobei der unverschämte Faullenzer die Rolle des triumphirenden Dritten übernahm.
Grenzboten I. 1S70. 39
Das Gatling-Geschütz dagegen ist definitiv bis jetzt nur in Amerika einge¬ führt worden.
M. v. L.
Die sächsischen Armenverbände.
Für das platte Land scheinen die sächsischen Armenverbände, wie sie sich seit zehn Jahren aus den alten Bezirksarmenvereinen heraus entwickelt haben, zu einer ähnlichen wegweisenden Rolle berufen zu sein, wie die berühmte Armenpflege Elberfelds den deutschen Städten ein Muster geworden ist. Es ist in unserer Zeit wesentlich die Organisation, welche den Charakter einer Armenpflege bestimmt, sie zu fortschreitender Bewältigung ihrer Aufgabe in den Stand setzt oder im erfolglosesten Schlendrian festhält. Die richtigen Grundsätze pflegen sich aus einer zweckentsprechenden Verwaltungsweise überall bald von selbst zu ergeben. Die gesetzlichen Voraussetzungen aber können mit Sicherheit nur in dem Maße geändert, d. h. aus Zwang in Freiheit und aus Ungleichheit in reine strenge Gerechtigkeit umgewandelt werden, wie eine wirksame Organisation der Armenpflege die in der Gesellschaft schlum¬ mernden freien Kräfte umfassender auf den Plan ruft.
Eine Zusammenlegung mehrerer kleiner Landgemeinden zu einem ein¬ zigen Heimathsbezirk war schon durch das sächsische Heimathsgesetz von 1834 vorgesehen, doch nicht mit durchgängigen Glück. Nicht selten hatte man Rittergüter und Bauerndörfer auf der einen, Tagelöhnerdörfer auf der an¬ deren Seite auseiandergehalten, während dieselben doch paarweise oder in größerer Zahl durchaus eine wirthschaftliche Einheit ausmachten, letztere viel¬ fach der ersteren halber und durch deren Zuthun entstanden waren, so daß, wenn überhaupt aus Nachbarschaft über das einzelne Dorf oder Gut hinaus die öffentliche Unterstützungspflicht begründet werden sollte, die Mitverant¬ wortlichkeit der Güter und Bauerndörfer für die Noth in ihren benachbarten Tagelöhnergemeinden sich von selbst verstand. Noch schlimmer, viel allge¬ meiner und intensiver wirkte die Zerreißung der Befugnisse, indem die Ge¬ meinden oder Heimathsbezirke in allen Fällen für die Unterstützung aus¬ zukommen, also auch arbeitsunfähigen Armen Arbeit zu verschaffen hatten, die Staatspolizeibehörden aber den Zwang zur Arbeit auszusprechen und überhaupt die Zucht über arbeitsscheue Landstreicher und Bettler zu üben. Dies Verhältniß nährte einen ununterbrochenen Krieg zwischen der Gemeinde, die nicht immer genug thun, und dem Gerichtsamt, das in der Regel zuviel gethan wissen wollte, wobei der unverschämte Faullenzer die Rolle des triumphirenden Dritten übernahm.
Grenzboten I. 1S70. 39
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Das Gatling-Geschütz dagegen ist definitiv bis jetzt nur in Amerika einge¬
führt worden.
M. v. L.
Die sächsischen Armenverbände.
Für das platte Land scheinen die sächsischen Armenverbände, wie sie sich
seit zehn Jahren aus den alten Bezirksarmenvereinen heraus entwickelt haben,
zu einer ähnlichen wegweisenden Rolle berufen zu sein, wie die berühmte
Armenpflege Elberfelds den deutschen Städten ein Muster geworden ist. Es
ist in unserer Zeit wesentlich die Organisation, welche den Charakter einer
Armenpflege bestimmt, sie zu fortschreitender Bewältigung ihrer Aufgabe in
den Stand setzt oder im erfolglosesten Schlendrian festhält. Die richtigen
Grundsätze pflegen sich aus einer zweckentsprechenden Verwaltungsweise überall
bald von selbst zu ergeben. Die gesetzlichen Voraussetzungen aber können
mit Sicherheit nur in dem Maße geändert, d. h. aus Zwang in Freiheit
und aus Ungleichheit in reine strenge Gerechtigkeit umgewandelt werden, wie
eine wirksame Organisation der Armenpflege die in der Gesellschaft schlum¬
mernden freien Kräfte umfassender auf den Plan ruft.
Eine Zusammenlegung mehrerer kleiner Landgemeinden zu einem ein¬
zigen Heimathsbezirk war schon durch das sächsische Heimathsgesetz von 1834
vorgesehen, doch nicht mit durchgängigen Glück. Nicht selten hatte man
Rittergüter und Bauerndörfer auf der einen, Tagelöhnerdörfer auf der an¬
deren Seite auseiandergehalten, während dieselben doch paarweise oder in
größerer Zahl durchaus eine wirthschaftliche Einheit ausmachten, letztere viel¬
fach der ersteren halber und durch deren Zuthun entstanden waren, so daß,
wenn überhaupt aus Nachbarschaft über das einzelne Dorf oder Gut hinaus
die öffentliche Unterstützungspflicht begründet werden sollte, die Mitverant¬
wortlichkeit der Güter und Bauerndörfer für die Noth in ihren benachbarten
Tagelöhnergemeinden sich von selbst verstand. Noch schlimmer, viel allge¬
meiner und intensiver wirkte die Zerreißung der Befugnisse, indem die Ge¬
meinden oder Heimathsbezirke in allen Fällen für die Unterstützung aus¬
zukommen, also auch arbeitsunfähigen Armen Arbeit zu verschaffen hatten,
die Staatspolizeibehörden aber den Zwang zur Arbeit auszusprechen und
überhaupt die Zucht über arbeitsscheue Landstreicher und Bettler zu üben.
Dies Verhältniß nährte einen ununterbrochenen Krieg zwischen der Gemeinde,
die nicht immer genug thun, und dem Gerichtsamt, das in der Regel zuviel
gethan wissen wollte, wobei der unverschämte Faullenzer die Rolle des
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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123087/311>, abgerufen am 23.01.2025.
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