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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band.

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aus den verschiedenen Stockwerken nachschauen. Zwischen den angegebenen
Gemälden hat sich ein bestimmter Ideenzusammenhang nicht nachweisen lassen
und wird ihre Bedeutung auch schwerlich eine andere, als eine rein deco-
rative gewesen sein.

An der südlichen Seite des Atriums liegen etwas versteckt noch zwei
kleinere Zimmer, das eine ist ganz kahl, das zweite wiederum bemalt, im
Ganzen in ähnlicher Weise, doch nicht überall mit so feinem Geschmacke wie
die beschriebenen. Namentlich zeigt sich dies an der südlichen, besser erhalte¬
nen Wand, wo sowohl die dürftige Ausführung des Mittelbildes, einer
Cultusstätte mit landschaftlicher Umgebung, als auch ein kleiner Fries auf¬
fällt, auf welchem Sphinxe in der sehr unvortheilhaften Vorderansicht gemalt
sind. Ansprechender ist ein anderes ländliches Heiligthum auf dem Mittel¬
felde einer der kürzeren Seiten, und durchsichtige Schaalen mit Früchten, die
auf dem Zwischengesimse stehen, kann man sogar als trefflich gemalt rühmen.
Da die südliche Wand sich an den Felsen lehnt und die Fresken hier leicht
durch Feuchtigkeit leiden konnten, so hat der Architect vor das Netzwerk große,
wie es scheint mit erhobenen Rändern versehene Backsteintafeln gelegt, welche
an ihren Berührungspunkten durch metallene Klammern an die Wand be¬
festigt die Unterlage für den Putz hergaben und zugleich für die Circulation
der Luft Raum ließen. Trotz dieser Vorsicht hatten die Farben gelitten, aber
wir hätten es lieber gesehen, wenn diesem Schaden nicht neuerdings durch
zum Theil starkes und rohes Retouchiren abgeholfen wäre. Das Interesse
an der Integrität der antiken Fresken duldet höchstens die Anwendung eines
schwachen Firnisses, der zur Conservirung beiträgt, und wir müssen dringend
wünschen, daß die bereits auch in den anderen Zimmern begonnenen Opera¬
tionen sich streng auf das Nothwendigste beschränken. Andere unberufene
Hände haben bereits in alter Zeit mehrfach Kritzeleien in die genannte Süd¬
wand eingeritzt, meist sind es Zahlen, nur ein Name findet sich dabei, und
da derselbe ein häufiger Sclavenname ist, bleibt er ohne Werth für die Wissen¬
schaft, welche, wie bekannt, anderswo schon manche nicht unwichtige Belehrung
ähnlichen Produkten schriftstellerischer Neigung der einfachsten Art verdankt.

Bei der Weiterwanderung gelangt man in einen schmalen Raum, der
zwischen der nördlichen Wand des Zimmers und der südlichen des Atriums
liegt und zur Anlage einer Treppe benutzt ist. Mit ihr verläßt man den
vorderen oder wie die Römer sagten, den öffentlichen Theil des Hauses, in
welchem der Besitzer sich den Geschäften widmete, welche ihn als Beamten,
Staatsmann, Sachwalter in Berührung mit dem Publicum brachten, und
gelangt nun in den hinter demselben gelegenen, für das Privatleben der Fa¬
milie bestimmten Theil. Ersterer war wesentlich auch auf Repräsentation be-


Grenjboten I. 1370. 32

aus den verschiedenen Stockwerken nachschauen. Zwischen den angegebenen
Gemälden hat sich ein bestimmter Ideenzusammenhang nicht nachweisen lassen
und wird ihre Bedeutung auch schwerlich eine andere, als eine rein deco-
rative gewesen sein.

An der südlichen Seite des Atriums liegen etwas versteckt noch zwei
kleinere Zimmer, das eine ist ganz kahl, das zweite wiederum bemalt, im
Ganzen in ähnlicher Weise, doch nicht überall mit so feinem Geschmacke wie
die beschriebenen. Namentlich zeigt sich dies an der südlichen, besser erhalte¬
nen Wand, wo sowohl die dürftige Ausführung des Mittelbildes, einer
Cultusstätte mit landschaftlicher Umgebung, als auch ein kleiner Fries auf¬
fällt, auf welchem Sphinxe in der sehr unvortheilhaften Vorderansicht gemalt
sind. Ansprechender ist ein anderes ländliches Heiligthum auf dem Mittel¬
felde einer der kürzeren Seiten, und durchsichtige Schaalen mit Früchten, die
auf dem Zwischengesimse stehen, kann man sogar als trefflich gemalt rühmen.
Da die südliche Wand sich an den Felsen lehnt und die Fresken hier leicht
durch Feuchtigkeit leiden konnten, so hat der Architect vor das Netzwerk große,
wie es scheint mit erhobenen Rändern versehene Backsteintafeln gelegt, welche
an ihren Berührungspunkten durch metallene Klammern an die Wand be¬
festigt die Unterlage für den Putz hergaben und zugleich für die Circulation
der Luft Raum ließen. Trotz dieser Vorsicht hatten die Farben gelitten, aber
wir hätten es lieber gesehen, wenn diesem Schaden nicht neuerdings durch
zum Theil starkes und rohes Retouchiren abgeholfen wäre. Das Interesse
an der Integrität der antiken Fresken duldet höchstens die Anwendung eines
schwachen Firnisses, der zur Conservirung beiträgt, und wir müssen dringend
wünschen, daß die bereits auch in den anderen Zimmern begonnenen Opera¬
tionen sich streng auf das Nothwendigste beschränken. Andere unberufene
Hände haben bereits in alter Zeit mehrfach Kritzeleien in die genannte Süd¬
wand eingeritzt, meist sind es Zahlen, nur ein Name findet sich dabei, und
da derselbe ein häufiger Sclavenname ist, bleibt er ohne Werth für die Wissen¬
schaft, welche, wie bekannt, anderswo schon manche nicht unwichtige Belehrung
ähnlichen Produkten schriftstellerischer Neigung der einfachsten Art verdankt.

Bei der Weiterwanderung gelangt man in einen schmalen Raum, der
zwischen der nördlichen Wand des Zimmers und der südlichen des Atriums
liegt und zur Anlage einer Treppe benutzt ist. Mit ihr verläßt man den
vorderen oder wie die Römer sagten, den öffentlichen Theil des Hauses, in
welchem der Besitzer sich den Geschäften widmete, welche ihn als Beamten,
Staatsmann, Sachwalter in Berührung mit dem Publicum brachten, und
gelangt nun in den hinter demselben gelegenen, für das Privatleben der Fa¬
milie bestimmten Theil. Ersterer war wesentlich auch auf Repräsentation be-


Grenjboten I. 1370. 32
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[0255] aus den verschiedenen Stockwerken nachschauen. Zwischen den angegebenen Gemälden hat sich ein bestimmter Ideenzusammenhang nicht nachweisen lassen und wird ihre Bedeutung auch schwerlich eine andere, als eine rein deco- rative gewesen sein. An der südlichen Seite des Atriums liegen etwas versteckt noch zwei kleinere Zimmer, das eine ist ganz kahl, das zweite wiederum bemalt, im Ganzen in ähnlicher Weise, doch nicht überall mit so feinem Geschmacke wie die beschriebenen. Namentlich zeigt sich dies an der südlichen, besser erhalte¬ nen Wand, wo sowohl die dürftige Ausführung des Mittelbildes, einer Cultusstätte mit landschaftlicher Umgebung, als auch ein kleiner Fries auf¬ fällt, auf welchem Sphinxe in der sehr unvortheilhaften Vorderansicht gemalt sind. Ansprechender ist ein anderes ländliches Heiligthum auf dem Mittel¬ felde einer der kürzeren Seiten, und durchsichtige Schaalen mit Früchten, die auf dem Zwischengesimse stehen, kann man sogar als trefflich gemalt rühmen. Da die südliche Wand sich an den Felsen lehnt und die Fresken hier leicht durch Feuchtigkeit leiden konnten, so hat der Architect vor das Netzwerk große, wie es scheint mit erhobenen Rändern versehene Backsteintafeln gelegt, welche an ihren Berührungspunkten durch metallene Klammern an die Wand be¬ festigt die Unterlage für den Putz hergaben und zugleich für die Circulation der Luft Raum ließen. Trotz dieser Vorsicht hatten die Farben gelitten, aber wir hätten es lieber gesehen, wenn diesem Schaden nicht neuerdings durch zum Theil starkes und rohes Retouchiren abgeholfen wäre. Das Interesse an der Integrität der antiken Fresken duldet höchstens die Anwendung eines schwachen Firnisses, der zur Conservirung beiträgt, und wir müssen dringend wünschen, daß die bereits auch in den anderen Zimmern begonnenen Opera¬ tionen sich streng auf das Nothwendigste beschränken. Andere unberufene Hände haben bereits in alter Zeit mehrfach Kritzeleien in die genannte Süd¬ wand eingeritzt, meist sind es Zahlen, nur ein Name findet sich dabei, und da derselbe ein häufiger Sclavenname ist, bleibt er ohne Werth für die Wissen¬ schaft, welche, wie bekannt, anderswo schon manche nicht unwichtige Belehrung ähnlichen Produkten schriftstellerischer Neigung der einfachsten Art verdankt. Bei der Weiterwanderung gelangt man in einen schmalen Raum, der zwischen der nördlichen Wand des Zimmers und der südlichen des Atriums liegt und zur Anlage einer Treppe benutzt ist. Mit ihr verläßt man den vorderen oder wie die Römer sagten, den öffentlichen Theil des Hauses, in welchem der Besitzer sich den Geschäften widmete, welche ihn als Beamten, Staatsmann, Sachwalter in Berührung mit dem Publicum brachten, und gelangt nun in den hinter demselben gelegenen, für das Privatleben der Fa¬ milie bestimmten Theil. Ersterer war wesentlich auch auf Repräsentation be- Grenjboten I. 1370. 32

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123087/255>, abgerufen am 28.09.2024.