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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band.

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könnte eine detaillirte Beschreibung der einzelnen Monumente folgen, doch ist
bei fast allen der heutige Zustand wenig dazu einladend. Selbst bei häufiger
Betrachtung drängt sich der Unwille über die entsetzliche Verwüstung, die die
fremden Eroberer, aber auch die Römer selbst und der Raubbau noch des
vorigen Jahrhunderts angerichtet haben, immer wieder von Neuem vor und
stört den Versuch, sich die einstige Pracht aus den dürftigen Spuren zu re-
construiren. Auch sind hie und da schon eingehendere Berichte über die frü¬
heren Arbeiten Rosa's veröffentlicht*). So wird es passend erscheinen, wenn
wir uns auf eine Schilderung des zuletzt wiedererstandenen und verhältni߬
mäßig günstig erhaltenen Gebäudes, jenes Privathauses, beschränken.

Bei Aufräumung von Resten ganz später barbarischer Bauart fand sich,
daß dieselben auf einem ausgedehnten, zum Theil in beträchtlicher Tiefe lie¬
genden Hause standen. Da hierbei Wände mit Fresken an das Licht traten,
mußte mit größter Behutsamkeit verfahren werden, weshalb auch die schon
im Monat April begonnene Ansteckung erst in diesen Tagen zu Ende ge¬
führt werden konnte. Freilich ist auch jetzt die andere gegen Westen gerich¬
tete Front des Hauses noch immer nicht ausgegraben und hier liegt vielleicht
noch ein alter Bau versteckt; allein für das Haus selber ist dies insofern
von geringerer Wichtigkeit, da es seinen Eingang nicht an der Front, son¬
dern an der nördlichen Langseite hat. Die an letzterer vorüberführende Straße
hat man jedoch in späterer Zeit beim Bau des Tiberischen Palastes zu einem
Krhptoporticus oder bedeckten Gange benutzt, der denselben, wie es scheint,
von allen Seiten umgibt. In ähnlicher Weise ist eine zweite Straße an der
Rückseite im Osten des Hauses später ein Theil der aroa ps-latina geworden,
welche, wie erwähnt, die beiden Paläste trennt. Auch nach Süden hin lag
das Haus frei und hier finden sich noch manche Pflastersteine an Ort und
Stelle. Sie beweisen, daß die Straße, welche sie bildeten, eine starke Stei¬
gung von Westen nach Osten machte, wie denn auch das Haus in dieser
Richtung so an und in den Hügel hinein gebaut ist. daß seine beiden bald
näher zu beschreibenden Theile in Hinsicht der Höhe ihrer Lage als zwei
Stockwerke aufgefaßt werden könnten. Seine Wände zeigen das sogenannte
Netzwerk, eine wenig kostspielige Construciion von hübschem Aussehen. Einer
Kernmasse von Steinbrocken und Mörtel sind nämlich als äußere Schaale
kleine pyramidalisch gehauene Tuffsteine so vorgelegt, daß ihre Spitze in die¬
selbe hineingepreßt ist, während die quadratische Basis in der Front der
Wand liegt; da sie zugleich in der Diagonale gestellt sind, so bilden sie ein



") Außer auf die in den Schuften des cnchacologischen Instituts erschienenen betreffenden
Artikel des Cav. Rosa verweisen wir besonders auf den trefflichen 1867 in Königsberg ge-
haltenen und in dem KS. Hefte der Virchow-Holtzendorff'sehen Sammlung abgedruckten Bortrag
von H. Jordan: "die Kaiserpalciste in Rom."

könnte eine detaillirte Beschreibung der einzelnen Monumente folgen, doch ist
bei fast allen der heutige Zustand wenig dazu einladend. Selbst bei häufiger
Betrachtung drängt sich der Unwille über die entsetzliche Verwüstung, die die
fremden Eroberer, aber auch die Römer selbst und der Raubbau noch des
vorigen Jahrhunderts angerichtet haben, immer wieder von Neuem vor und
stört den Versuch, sich die einstige Pracht aus den dürftigen Spuren zu re-
construiren. Auch sind hie und da schon eingehendere Berichte über die frü¬
heren Arbeiten Rosa's veröffentlicht*). So wird es passend erscheinen, wenn
wir uns auf eine Schilderung des zuletzt wiedererstandenen und verhältni߬
mäßig günstig erhaltenen Gebäudes, jenes Privathauses, beschränken.

Bei Aufräumung von Resten ganz später barbarischer Bauart fand sich,
daß dieselben auf einem ausgedehnten, zum Theil in beträchtlicher Tiefe lie¬
genden Hause standen. Da hierbei Wände mit Fresken an das Licht traten,
mußte mit größter Behutsamkeit verfahren werden, weshalb auch die schon
im Monat April begonnene Ansteckung erst in diesen Tagen zu Ende ge¬
führt werden konnte. Freilich ist auch jetzt die andere gegen Westen gerich¬
tete Front des Hauses noch immer nicht ausgegraben und hier liegt vielleicht
noch ein alter Bau versteckt; allein für das Haus selber ist dies insofern
von geringerer Wichtigkeit, da es seinen Eingang nicht an der Front, son¬
dern an der nördlichen Langseite hat. Die an letzterer vorüberführende Straße
hat man jedoch in späterer Zeit beim Bau des Tiberischen Palastes zu einem
Krhptoporticus oder bedeckten Gange benutzt, der denselben, wie es scheint,
von allen Seiten umgibt. In ähnlicher Weise ist eine zweite Straße an der
Rückseite im Osten des Hauses später ein Theil der aroa ps-latina geworden,
welche, wie erwähnt, die beiden Paläste trennt. Auch nach Süden hin lag
das Haus frei und hier finden sich noch manche Pflastersteine an Ort und
Stelle. Sie beweisen, daß die Straße, welche sie bildeten, eine starke Stei¬
gung von Westen nach Osten machte, wie denn auch das Haus in dieser
Richtung so an und in den Hügel hinein gebaut ist. daß seine beiden bald
näher zu beschreibenden Theile in Hinsicht der Höhe ihrer Lage als zwei
Stockwerke aufgefaßt werden könnten. Seine Wände zeigen das sogenannte
Netzwerk, eine wenig kostspielige Construciion von hübschem Aussehen. Einer
Kernmasse von Steinbrocken und Mörtel sind nämlich als äußere Schaale
kleine pyramidalisch gehauene Tuffsteine so vorgelegt, daß ihre Spitze in die¬
selbe hineingepreßt ist, während die quadratische Basis in der Front der
Wand liegt; da sie zugleich in der Diagonale gestellt sind, so bilden sie ein



") Außer auf die in den Schuften des cnchacologischen Instituts erschienenen betreffenden
Artikel des Cav. Rosa verweisen wir besonders auf den trefflichen 1867 in Königsberg ge-
haltenen und in dem KS. Hefte der Virchow-Holtzendorff'sehen Sammlung abgedruckten Bortrag
von H. Jordan: „die Kaiserpalciste in Rom."
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123087/251>, abgerufen am 29.06.2024.