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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band.

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wird in seiner kleineren westlichen Hälfte von den sogenannten farnefischen
Gärten, welche sich selbst noch über seine nordwestlichen Abhänge ausdehnen,
in seiner östlichen Hälfte dagegen von zwei Klöstern mit ihren Gärten und
einer ausgedehnten Mgna. Ausgegraben wird sowohl in dieser Mgna, wie
in jenen farnefischen Gärten, dort von Seiten der päpstlichen Regierung, hier
auf Kosten des Kaisers Napoleon, welcher seit dem Jahre 1861 Besitzer der
Gärten ist und in dem Cavaliere Rosa sich einen sehr tüchtigen Chef für
die Aufdeckungsarbeiten erworben hat. Da die Klöster in der Mitte dazwischen
liegen, können beide Unternehmungen einander leider nicht in die Hände
arbeiten, sondern bleiben isolirt. Das bedeutendere von ihnen ist das fran¬
zösische, das päpstliche gewissermassen eine durch die glücklichen Resultate
Rosa's hervorgerufene Concurrenz, an sich schätzenswert!), aber, selbst abge¬
sehen von seinem schwächeren Budget und seiner weniger geschickten Leitung,
schon dadurch verhindert, je die erste Stelle einzunehmen, weil die östliche
Hälfte des Palatins in topographischer Hinsicht minder wichtig ist, als die
westliche. Hier, nicht dort ist der Schauplatz der Sage von Romulus und
die älteste Stadtanlage, und wie diesem westlichen Theile Forum, Capitol
und Tiber benachbart sind, so ist er sowohl in der Republik wie in der
Kaiserzeit der bevorzugtere geblieben. Auch auf den heutigen Beschauer
wirkt der historische Zauber, welcher ihm inne wohnt, mächtiger und fesseln¬
der. Denn während man in der östlichen Hälfte nur die zwar großartigen,
aber in ihrem jetzigen Zustande theils einförmigen, theils schwer zu ordnen¬
den Trümmer von Palästen der späteren Kaiser sieht, begegnet man hier Mo¬
numenten aus ganz verschiedenen Zeiten des römischen Alterthums und be¬
merkt bei nicht allzu eiligem Vorüberschreiten, daß sie nicht nur mannichfaltig
sind, sondern sich auch deutlich von einander sondern.

In der That ist innerhalb der farnefischen Gärten die Disposition der
einzelnen antiken Bauanlagen eine verhältnißmäßig klare. Zwei große Pa¬
läste und drei Flächen, welche von Palastbauten frei, zum Theil aber von
kleineren unter einander nicht zusammenhängenden Gebäuden besetzt sind,
lassen sich unterscheiden. Die beiden Paläste nehmen der eine den südöst¬
lichen, der andere den nordwestlichen Theil der Gärten ein, aber in einer
Längenausdehnung, welche im Nordosten und Südwesten nur kleinere Plätze
übrig läßt; andererseits ist ihre Ausdehnung in der Breite geringer
und so bleibt zwischen ihnen in der Mitte des Ganzen ein dritter freier
Platz von länglicher Gestalt. Derselbe, aus der höchsten Erhebung des Pa¬
latins gelegen, wird die area, xalatina genannt. Den südöstlichen Palast
scheint zuerst Augustus angelegt, dann aber Domitian völlig umgebaut und
erweitert zu haben, der nordwestliche gilt als Bau der Kaiser Tiberius und
Caligula, Jener ist schon seit längerer Zeit zum größten Theil ausgegraben,


wird in seiner kleineren westlichen Hälfte von den sogenannten farnefischen
Gärten, welche sich selbst noch über seine nordwestlichen Abhänge ausdehnen,
in seiner östlichen Hälfte dagegen von zwei Klöstern mit ihren Gärten und
einer ausgedehnten Mgna. Ausgegraben wird sowohl in dieser Mgna, wie
in jenen farnefischen Gärten, dort von Seiten der päpstlichen Regierung, hier
auf Kosten des Kaisers Napoleon, welcher seit dem Jahre 1861 Besitzer der
Gärten ist und in dem Cavaliere Rosa sich einen sehr tüchtigen Chef für
die Aufdeckungsarbeiten erworben hat. Da die Klöster in der Mitte dazwischen
liegen, können beide Unternehmungen einander leider nicht in die Hände
arbeiten, sondern bleiben isolirt. Das bedeutendere von ihnen ist das fran¬
zösische, das päpstliche gewissermassen eine durch die glücklichen Resultate
Rosa's hervorgerufene Concurrenz, an sich schätzenswert!), aber, selbst abge¬
sehen von seinem schwächeren Budget und seiner weniger geschickten Leitung,
schon dadurch verhindert, je die erste Stelle einzunehmen, weil die östliche
Hälfte des Palatins in topographischer Hinsicht minder wichtig ist, als die
westliche. Hier, nicht dort ist der Schauplatz der Sage von Romulus und
die älteste Stadtanlage, und wie diesem westlichen Theile Forum, Capitol
und Tiber benachbart sind, so ist er sowohl in der Republik wie in der
Kaiserzeit der bevorzugtere geblieben. Auch auf den heutigen Beschauer
wirkt der historische Zauber, welcher ihm inne wohnt, mächtiger und fesseln¬
der. Denn während man in der östlichen Hälfte nur die zwar großartigen,
aber in ihrem jetzigen Zustande theils einförmigen, theils schwer zu ordnen¬
den Trümmer von Palästen der späteren Kaiser sieht, begegnet man hier Mo¬
numenten aus ganz verschiedenen Zeiten des römischen Alterthums und be¬
merkt bei nicht allzu eiligem Vorüberschreiten, daß sie nicht nur mannichfaltig
sind, sondern sich auch deutlich von einander sondern.

In der That ist innerhalb der farnefischen Gärten die Disposition der
einzelnen antiken Bauanlagen eine verhältnißmäßig klare. Zwei große Pa¬
läste und drei Flächen, welche von Palastbauten frei, zum Theil aber von
kleineren unter einander nicht zusammenhängenden Gebäuden besetzt sind,
lassen sich unterscheiden. Die beiden Paläste nehmen der eine den südöst¬
lichen, der andere den nordwestlichen Theil der Gärten ein, aber in einer
Längenausdehnung, welche im Nordosten und Südwesten nur kleinere Plätze
übrig läßt; andererseits ist ihre Ausdehnung in der Breite geringer
und so bleibt zwischen ihnen in der Mitte des Ganzen ein dritter freier
Platz von länglicher Gestalt. Derselbe, aus der höchsten Erhebung des Pa¬
latins gelegen, wird die area, xalatina genannt. Den südöstlichen Palast
scheint zuerst Augustus angelegt, dann aber Domitian völlig umgebaut und
erweitert zu haben, der nordwestliche gilt als Bau der Kaiser Tiberius und
Caligula, Jener ist schon seit längerer Zeit zum größten Theil ausgegraben,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123087/248>, abgerufen am 26.06.2024.