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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band.

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keinen Täuschungen mehr hingibt, so war doch auch mir. wie gleichzeitig
Chesney, bei Studien auf diesem Gebiete (vgl. "Wellington" S. 38--41)
die Unentbehrlichst von Müffling's Arbeiten zur Gewißheit geworden. Er
selbst rühmt einmal von sich ("Aus meinem Leben" 317), daß er es ver".
stehe, "von der größten Höflichkeit alle Stadien bis zur determinirtesten
Grobheit durchzugehen". Als einen diplomatischen Militär dieser Art und
dazu als einen in allen wesentlichen Dingen höchst verschwiegenen und dis-
creten Staatsdiener muß man ihn ansehn; für unsern Zweck aber muß man
im Auge behalten, daß er als preußischer Militärbevollmächtigter an Welling¬
ton's Seite einen vollen Einblick in die Ideen beider Hauptquartiere gewann,
wie ihn außer ihm schlechterdings Niemand besessen hat. Denn der englische
Bevollmächtigte an Blücher's Seite, Sir Henry Hardinge, ist nicht über die
Stellung eines gleichgiltigen Fremden hinausgekommen, während Müffling
das volle Vertrauen Wellington's erwarb. Wurde ihm doch die Ehre zu
Theil, in einem vertraulichen Schreiben des Herzogs an Blücher für den
Mann erklärt zu werden, "der in seiner Stellung mehr als irgend ein An¬
derer zur Förderung der Ziele der gemeinsamen Kriegführung beigetra¬
gen habe"*).

Recht im Sinne dieses Lobes äußert sich Chesney 21 vgl. v. 14)
dahin, daß Müffling im Jahre 1813 "vollkommener als irgend einer unter
den Generalen der Verbündeten die schwachen Punkte des französischen
Systems kannte. In seinen Aussprüchen über militärische Gegenstände gibt
sich eine imponirende Autorität kund, da Jedermann hier die Ueberlegenheit
des Wissens und der Erfahrung anerkennt." Namentlich die Sicherheit sei¬
ner Marschberechnungen im Gefechte findet er bewundernswerth, überhaupt
seine glückliche Mischung von Praxis und Theorie, seine vollendete Erfahrung
(?. 97, 119)**); er gibt nur zu, daß Müffling's "lebhafter Ton im Gespräche
etwas peinlich gewesen sein möge", und sieht selbst in dessen geheimer
Eifersucht gegen Gneisenau -- mit befremdender Schlußfolgerung -- eine
Garantie richtigen Urtheils über Wellington (v. 13, 22). Mit der Chro-
nologie der Müffling'schen Schriften Hat er sich so eingehend beschäftigt, daß
er den auf 1813 bezüglichen Theil der Schrift "aus meinem Leben" nicht
nach 1819 und auf Grund desselben Materiales, das schon der Feldzugs¬
geschichte zu Grunde liegt, entstanden glaubt (v. 113 ?. 213).

Bei einem englischen Militär fällt dies Urtheil um so mehr auf, wenn
man es mit dem keineswegs achtungsvollen über die unsäglich mühsame Ar-




lusro is Qo psrsou, vllo in dis Situation Kaf äons mors to forvs^rÄ tlro otyeots
ok our ovsi'Ätiou. Der Satz bei Müffling, a. in. Leben 277. der ganze Brief bei Gurwood
XII, 540. --
-) Die deutsche Uebersetzung (v. ö7, 67) mildert das Lob.

keinen Täuschungen mehr hingibt, so war doch auch mir. wie gleichzeitig
Chesney, bei Studien auf diesem Gebiete (vgl. „Wellington" S. 38—41)
die Unentbehrlichst von Müffling's Arbeiten zur Gewißheit geworden. Er
selbst rühmt einmal von sich („Aus meinem Leben" 317), daß er es ver«.
stehe, „von der größten Höflichkeit alle Stadien bis zur determinirtesten
Grobheit durchzugehen". Als einen diplomatischen Militär dieser Art und
dazu als einen in allen wesentlichen Dingen höchst verschwiegenen und dis-
creten Staatsdiener muß man ihn ansehn; für unsern Zweck aber muß man
im Auge behalten, daß er als preußischer Militärbevollmächtigter an Welling¬
ton's Seite einen vollen Einblick in die Ideen beider Hauptquartiere gewann,
wie ihn außer ihm schlechterdings Niemand besessen hat. Denn der englische
Bevollmächtigte an Blücher's Seite, Sir Henry Hardinge, ist nicht über die
Stellung eines gleichgiltigen Fremden hinausgekommen, während Müffling
das volle Vertrauen Wellington's erwarb. Wurde ihm doch die Ehre zu
Theil, in einem vertraulichen Schreiben des Herzogs an Blücher für den
Mann erklärt zu werden, „der in seiner Stellung mehr als irgend ein An¬
derer zur Förderung der Ziele der gemeinsamen Kriegführung beigetra¬
gen habe"*).

Recht im Sinne dieses Lobes äußert sich Chesney 21 vgl. v. 14)
dahin, daß Müffling im Jahre 1813 „vollkommener als irgend einer unter
den Generalen der Verbündeten die schwachen Punkte des französischen
Systems kannte. In seinen Aussprüchen über militärische Gegenstände gibt
sich eine imponirende Autorität kund, da Jedermann hier die Ueberlegenheit
des Wissens und der Erfahrung anerkennt." Namentlich die Sicherheit sei¬
ner Marschberechnungen im Gefechte findet er bewundernswerth, überhaupt
seine glückliche Mischung von Praxis und Theorie, seine vollendete Erfahrung
(?. 97, 119)**); er gibt nur zu, daß Müffling's „lebhafter Ton im Gespräche
etwas peinlich gewesen sein möge", und sieht selbst in dessen geheimer
Eifersucht gegen Gneisenau — mit befremdender Schlußfolgerung — eine
Garantie richtigen Urtheils über Wellington (v. 13, 22). Mit der Chro-
nologie der Müffling'schen Schriften Hat er sich so eingehend beschäftigt, daß
er den auf 1813 bezüglichen Theil der Schrift „aus meinem Leben" nicht
nach 1819 und auf Grund desselben Materiales, das schon der Feldzugs¬
geschichte zu Grunde liegt, entstanden glaubt (v. 113 ?. 213).

Bei einem englischen Militär fällt dies Urtheil um so mehr auf, wenn
man es mit dem keineswegs achtungsvollen über die unsäglich mühsame Ar-




lusro is Qo psrsou, vllo in dis Situation Kaf äons mors to forvs^rÄ tlro otyeots
ok our ovsi'Ätiou. Der Satz bei Müffling, a. in. Leben 277. der ganze Brief bei Gurwood
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-) Die deutsche Uebersetzung (v. ö7, 67) mildert das Lob.
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[0192] keinen Täuschungen mehr hingibt, so war doch auch mir. wie gleichzeitig Chesney, bei Studien auf diesem Gebiete (vgl. „Wellington" S. 38—41) die Unentbehrlichst von Müffling's Arbeiten zur Gewißheit geworden. Er selbst rühmt einmal von sich („Aus meinem Leben" 317), daß er es ver«. stehe, „von der größten Höflichkeit alle Stadien bis zur determinirtesten Grobheit durchzugehen". Als einen diplomatischen Militär dieser Art und dazu als einen in allen wesentlichen Dingen höchst verschwiegenen und dis- creten Staatsdiener muß man ihn ansehn; für unsern Zweck aber muß man im Auge behalten, daß er als preußischer Militärbevollmächtigter an Welling¬ ton's Seite einen vollen Einblick in die Ideen beider Hauptquartiere gewann, wie ihn außer ihm schlechterdings Niemand besessen hat. Denn der englische Bevollmächtigte an Blücher's Seite, Sir Henry Hardinge, ist nicht über die Stellung eines gleichgiltigen Fremden hinausgekommen, während Müffling das volle Vertrauen Wellington's erwarb. Wurde ihm doch die Ehre zu Theil, in einem vertraulichen Schreiben des Herzogs an Blücher für den Mann erklärt zu werden, „der in seiner Stellung mehr als irgend ein An¬ derer zur Förderung der Ziele der gemeinsamen Kriegführung beigetra¬ gen habe"*). Recht im Sinne dieses Lobes äußert sich Chesney 21 vgl. v. 14) dahin, daß Müffling im Jahre 1813 „vollkommener als irgend einer unter den Generalen der Verbündeten die schwachen Punkte des französischen Systems kannte. In seinen Aussprüchen über militärische Gegenstände gibt sich eine imponirende Autorität kund, da Jedermann hier die Ueberlegenheit des Wissens und der Erfahrung anerkennt." Namentlich die Sicherheit sei¬ ner Marschberechnungen im Gefechte findet er bewundernswerth, überhaupt seine glückliche Mischung von Praxis und Theorie, seine vollendete Erfahrung (?. 97, 119)**); er gibt nur zu, daß Müffling's „lebhafter Ton im Gespräche etwas peinlich gewesen sein möge", und sieht selbst in dessen geheimer Eifersucht gegen Gneisenau — mit befremdender Schlußfolgerung — eine Garantie richtigen Urtheils über Wellington (v. 13, 22). Mit der Chro- nologie der Müffling'schen Schriften Hat er sich so eingehend beschäftigt, daß er den auf 1813 bezüglichen Theil der Schrift „aus meinem Leben" nicht nach 1819 und auf Grund desselben Materiales, das schon der Feldzugs¬ geschichte zu Grunde liegt, entstanden glaubt (v. 113 ?. 213). Bei einem englischen Militär fällt dies Urtheil um so mehr auf, wenn man es mit dem keineswegs achtungsvollen über die unsäglich mühsame Ar- lusro is Qo psrsou, vllo in dis Situation Kaf äons mors to forvs^rÄ tlro otyeots ok our ovsi'Ätiou. Der Satz bei Müffling, a. in. Leben 277. der ganze Brief bei Gurwood XII, 540. — -) Die deutsche Uebersetzung (v. ö7, 67) mildert das Lob.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123087/192>, abgerufen am 26.06.2024.