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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band.

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gierungsantritt Otho's und in rascher Eile, als hätte man die vom Schicksal
so kurz gesteckte Frist geahnt, folgen nun die Feste für diesen: am 26. Jan.
für seine Wahl zum Consul, am 30. für das glückliche Regiment bis zu den
nächsten Voden des 3. Januar; am 26. Febr. wird dem Kaiser Galba als
Mitglied des Collegiums ein Nachfolger gegeben; am 28. die Bestätigung
der Kaiserwahl Otho's durch die Volksabstimmung festlich begangen; am
1. März der über die Roxolaner, eine Völkerschaft an der Donau, von den
kaiserlichen Truppen erfochtene Sieg; am 6. März die Wahl des neuen Kai-
sers zum Mitglied der vier höchsten geistlichen Collegien Roms; am 9. die
Wahl desselben zum Oberpontifex; endlich am 14. März bringt das Collegium
die Gelübde dar für die glückliche und siegreiche Heimkehr des Kaisers, der
an diesem Tage die Hauptstadt verließ, um gegen die deutschen Legionen seines
neuen Rivalen Vitellius die kaum gewonnene Krone zu verfechten. Freilich ist
bei dieser letzten Festlichkeit das Collegium nur durch ein einziges Mitglied
vertreten; die bei den früheren anwesenden Priester, insbesondere die Brüder
der beiden Rivalen Otho Titianus und L. Vitellius -- dieser fehlt fast bei
keiner zu Otho's Ehren abgehaltenen Festlichkeit -- sind mit Otho zum
Heere abgegangen, und wie leer Rom geworden ist, zeigen unsere Protokolle
noch deutlicher als Tacitus' Berichte. Einen Monat darauf ist die Schlacht
bei Bedriacum geschlagen, Otho durch eigene Hand gefallen; bereits am
30. April begeht das Collegium die Fefifeier wegen der Volksabstimmung
über den neuen Herrn Vitellius Germaniens, der zugleich wie Otho an
Galba's, so jetzt an Otho's Stelle als Magister des Collegiums tritt; als¬
dann am folgenden Tage, den 1. Mai, nachträglich diejenige wegen seines
Regierungsantritts, der festgesetzt ward auf den 19. April, den Tag, wo die
Nachrichten von dem Siege des Vitellius nach Rom gelangten und der
Senat denselben als Kaiser anerkannte. Das Folgende ist nicht vollständig
erhalten; wir sehen nur, daß bald nachher ein besonderes Opfer gebracht
ward dafür, daß der Kaiser glücklich nach Rom gelangen möge, so wie ein
anderes zu Ehren seiner Gemahlin Galeria an deren Geburtstag. Aber es
fehlt noch ein Zug in dem Bilde. Das Jahr des Collegiums endigt am
16. December; damals saß noch Vitellius, freilich nur noch für wenige Tage,
auf dem kaiserlichen Stuhl und hatte zugleich als Magister des Arval-
collegiums das Jahrprotokoll aufzustellen. Der Schreiber, der für ihn das
Redactionsgcschcist besorgt, hat im Uebrigen getreulich niedergeschrieben, was
das Jahr gebracht hatte, die wechselnden Magistenen wie die wechselnden
Imperien; aber als er an den Tag des 14. März kam, an dem das Col¬
legium für Otho's Sieg und Vitellius' Verderben die großen Opfer gelobt
hatte, ward er denn doch bedenklich und fand, sei es seiner Sicherheit wegen
öder im Interesse des Collegiums, die Geschichte der Verbesserung bedürftig.


Grenzboten I. 1870. 23

gierungsantritt Otho's und in rascher Eile, als hätte man die vom Schicksal
so kurz gesteckte Frist geahnt, folgen nun die Feste für diesen: am 26. Jan.
für seine Wahl zum Consul, am 30. für das glückliche Regiment bis zu den
nächsten Voden des 3. Januar; am 26. Febr. wird dem Kaiser Galba als
Mitglied des Collegiums ein Nachfolger gegeben; am 28. die Bestätigung
der Kaiserwahl Otho's durch die Volksabstimmung festlich begangen; am
1. März der über die Roxolaner, eine Völkerschaft an der Donau, von den
kaiserlichen Truppen erfochtene Sieg; am 6. März die Wahl des neuen Kai-
sers zum Mitglied der vier höchsten geistlichen Collegien Roms; am 9. die
Wahl desselben zum Oberpontifex; endlich am 14. März bringt das Collegium
die Gelübde dar für die glückliche und siegreiche Heimkehr des Kaisers, der
an diesem Tage die Hauptstadt verließ, um gegen die deutschen Legionen seines
neuen Rivalen Vitellius die kaum gewonnene Krone zu verfechten. Freilich ist
bei dieser letzten Festlichkeit das Collegium nur durch ein einziges Mitglied
vertreten; die bei den früheren anwesenden Priester, insbesondere die Brüder
der beiden Rivalen Otho Titianus und L. Vitellius — dieser fehlt fast bei
keiner zu Otho's Ehren abgehaltenen Festlichkeit — sind mit Otho zum
Heere abgegangen, und wie leer Rom geworden ist, zeigen unsere Protokolle
noch deutlicher als Tacitus' Berichte. Einen Monat darauf ist die Schlacht
bei Bedriacum geschlagen, Otho durch eigene Hand gefallen; bereits am
30. April begeht das Collegium die Fefifeier wegen der Volksabstimmung
über den neuen Herrn Vitellius Germaniens, der zugleich wie Otho an
Galba's, so jetzt an Otho's Stelle als Magister des Collegiums tritt; als¬
dann am folgenden Tage, den 1. Mai, nachträglich diejenige wegen seines
Regierungsantritts, der festgesetzt ward auf den 19. April, den Tag, wo die
Nachrichten von dem Siege des Vitellius nach Rom gelangten und der
Senat denselben als Kaiser anerkannte. Das Folgende ist nicht vollständig
erhalten; wir sehen nur, daß bald nachher ein besonderes Opfer gebracht
ward dafür, daß der Kaiser glücklich nach Rom gelangen möge, so wie ein
anderes zu Ehren seiner Gemahlin Galeria an deren Geburtstag. Aber es
fehlt noch ein Zug in dem Bilde. Das Jahr des Collegiums endigt am
16. December; damals saß noch Vitellius, freilich nur noch für wenige Tage,
auf dem kaiserlichen Stuhl und hatte zugleich als Magister des Arval-
collegiums das Jahrprotokoll aufzustellen. Der Schreiber, der für ihn das
Redactionsgcschcist besorgt, hat im Uebrigen getreulich niedergeschrieben, was
das Jahr gebracht hatte, die wechselnden Magistenen wie die wechselnden
Imperien; aber als er an den Tag des 14. März kam, an dem das Col¬
legium für Otho's Sieg und Vitellius' Verderben die großen Opfer gelobt
hatte, ward er denn doch bedenklich und fand, sei es seiner Sicherheit wegen
öder im Interesse des Collegiums, die Geschichte der Verbesserung bedürftig.


Grenzboten I. 1870. 23
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[0183] gierungsantritt Otho's und in rascher Eile, als hätte man die vom Schicksal so kurz gesteckte Frist geahnt, folgen nun die Feste für diesen: am 26. Jan. für seine Wahl zum Consul, am 30. für das glückliche Regiment bis zu den nächsten Voden des 3. Januar; am 26. Febr. wird dem Kaiser Galba als Mitglied des Collegiums ein Nachfolger gegeben; am 28. die Bestätigung der Kaiserwahl Otho's durch die Volksabstimmung festlich begangen; am 1. März der über die Roxolaner, eine Völkerschaft an der Donau, von den kaiserlichen Truppen erfochtene Sieg; am 6. März die Wahl des neuen Kai- sers zum Mitglied der vier höchsten geistlichen Collegien Roms; am 9. die Wahl desselben zum Oberpontifex; endlich am 14. März bringt das Collegium die Gelübde dar für die glückliche und siegreiche Heimkehr des Kaisers, der an diesem Tage die Hauptstadt verließ, um gegen die deutschen Legionen seines neuen Rivalen Vitellius die kaum gewonnene Krone zu verfechten. Freilich ist bei dieser letzten Festlichkeit das Collegium nur durch ein einziges Mitglied vertreten; die bei den früheren anwesenden Priester, insbesondere die Brüder der beiden Rivalen Otho Titianus und L. Vitellius — dieser fehlt fast bei keiner zu Otho's Ehren abgehaltenen Festlichkeit — sind mit Otho zum Heere abgegangen, und wie leer Rom geworden ist, zeigen unsere Protokolle noch deutlicher als Tacitus' Berichte. Einen Monat darauf ist die Schlacht bei Bedriacum geschlagen, Otho durch eigene Hand gefallen; bereits am 30. April begeht das Collegium die Fefifeier wegen der Volksabstimmung über den neuen Herrn Vitellius Germaniens, der zugleich wie Otho an Galba's, so jetzt an Otho's Stelle als Magister des Collegiums tritt; als¬ dann am folgenden Tage, den 1. Mai, nachträglich diejenige wegen seines Regierungsantritts, der festgesetzt ward auf den 19. April, den Tag, wo die Nachrichten von dem Siege des Vitellius nach Rom gelangten und der Senat denselben als Kaiser anerkannte. Das Folgende ist nicht vollständig erhalten; wir sehen nur, daß bald nachher ein besonderes Opfer gebracht ward dafür, daß der Kaiser glücklich nach Rom gelangen möge, so wie ein anderes zu Ehren seiner Gemahlin Galeria an deren Geburtstag. Aber es fehlt noch ein Zug in dem Bilde. Das Jahr des Collegiums endigt am 16. December; damals saß noch Vitellius, freilich nur noch für wenige Tage, auf dem kaiserlichen Stuhl und hatte zugleich als Magister des Arval- collegiums das Jahrprotokoll aufzustellen. Der Schreiber, der für ihn das Redactionsgcschcist besorgt, hat im Uebrigen getreulich niedergeschrieben, was das Jahr gebracht hatte, die wechselnden Magistenen wie die wechselnden Imperien; aber als er an den Tag des 14. März kam, an dem das Col¬ legium für Otho's Sieg und Vitellius' Verderben die großen Opfer gelobt hatte, ward er denn doch bedenklich und fand, sei es seiner Sicherheit wegen öder im Interesse des Collegiums, die Geschichte der Verbesserung bedürftig. Grenzboten I. 1870. 23

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123087/183>, abgerufen am 26.06.2024.