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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band.

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überwunden werden können, auf den Weg, der von der Regierung und Lan¬
desvertretung gemeinschaftlich bereits mit Energie und Erfolg eingeschlagen
worden war. In diesem Zusammenhang wurden auch die Motive der Offen¬
burger Bewegung angedeutet, Erklärungen, welche um so unbefangener
gegeben und aufgenommen wurden, als die Spuren jenes Zerwürfnisses längst
verwischt sind.

Im Uebrigen galt der Meinungsaustausch den Angelegenheiten der
Presse, dann einer gemeinsamen Organisation der Partei in Süddeutschland
und weiterhin mit der Nationalpartei des Nordens. Es war eine freie Er¬
örterung, die nicht auf augenblicklich festzustellende Resultate hinsteuerte, son¬
dern erst die Elemente zu solchen sammelte. Doch wurde die Bildung eines
provisorischen Neunerausschusses zunächst aus Angehörigen der hier vertrete¬
nen drei Länder beschlossen, der, nachdem er sich zuvor mit den Bayern ins
Vernehmen gesetzt, die formelle Leitung der Geschäfte übernehmen, die Initia¬
tive zu ähnlichen Versammlungen ergreisen und für diese bestimmtere Vor¬
schläge in den angeregten Punkten ausarbeiten soll. Die Bestellung eines
solchen leitenden Organs, die wirklich als ein Bedürfniß sich erwiesen hatte,
fand keinen Widerspruch. Wenn man weiß, welch' verwickelter und sich kreu¬
zender Briefverkehr zwischen Stuttgart und München, Karlsruhe und Darm¬
stadt, Stuttgart und Karlsruhe, Karlsruhe und München u. s. w. sür die
Einleitung einer solchen Versammlung bisher geführt werden mußte, wird
man die Zweckmäßigkeit einer Geschäftsvereinfachung nicht bestreiten. Es
wurde indessen angenommen, daß sich die Thätigkeit des Ausschusses vorerst
eben auf diese geschäftlichen Punkte, aus die Erleichterung des persönlichen
Verkehrs beschränken sollte. Eine gemeinschaftliche Organisation der in jedem
Land unter eigene Bedingungen gestellten und so zu sagen naturwüchsig ent¬
wickelten Parteien ist damit nicht beabsichtigt und von einer Seite wurde
warnend auf den Vorgang des in Süddeutschland niemals acelimatistrten
Nationalvereins mit seinen regelmäßigen Versammlungen und regelmäßigen
Resolutionen hingewiesen, eine Organisation, deren Erneuerung unter den
jetzigen Umständen eher einen Rückschritt bedeuten, jedenfalls nichts fördern
würde.

Auch die Schwierigkeiten, die einer organischen Verbindung mit der
Nationalpartei des Nordens im Wege stehen, kamen zur Sprache. Zur Zeit
sind sie in der That schwerlich zu überwinden, obgleich auch hier geschästs-
leitende Organe zur Vermittlung eines rascheren und lebhafteren Verkehrs zu
wünschen sind. Außer den eigenthümlichen Bedingungen der Parteien im
Süden kommt hierbei im Norden die Trennung der nationalliberalen und
der Fortschrittspartei in Betracht, welche bekanntlich schon im Zollparlament
den Anschluß der nationalen Bayern an die nationalliberale Partei verhin-


überwunden werden können, auf den Weg, der von der Regierung und Lan¬
desvertretung gemeinschaftlich bereits mit Energie und Erfolg eingeschlagen
worden war. In diesem Zusammenhang wurden auch die Motive der Offen¬
burger Bewegung angedeutet, Erklärungen, welche um so unbefangener
gegeben und aufgenommen wurden, als die Spuren jenes Zerwürfnisses längst
verwischt sind.

Im Uebrigen galt der Meinungsaustausch den Angelegenheiten der
Presse, dann einer gemeinsamen Organisation der Partei in Süddeutschland
und weiterhin mit der Nationalpartei des Nordens. Es war eine freie Er¬
örterung, die nicht auf augenblicklich festzustellende Resultate hinsteuerte, son¬
dern erst die Elemente zu solchen sammelte. Doch wurde die Bildung eines
provisorischen Neunerausschusses zunächst aus Angehörigen der hier vertrete¬
nen drei Länder beschlossen, der, nachdem er sich zuvor mit den Bayern ins
Vernehmen gesetzt, die formelle Leitung der Geschäfte übernehmen, die Initia¬
tive zu ähnlichen Versammlungen ergreisen und für diese bestimmtere Vor¬
schläge in den angeregten Punkten ausarbeiten soll. Die Bestellung eines
solchen leitenden Organs, die wirklich als ein Bedürfniß sich erwiesen hatte,
fand keinen Widerspruch. Wenn man weiß, welch' verwickelter und sich kreu¬
zender Briefverkehr zwischen Stuttgart und München, Karlsruhe und Darm¬
stadt, Stuttgart und Karlsruhe, Karlsruhe und München u. s. w. sür die
Einleitung einer solchen Versammlung bisher geführt werden mußte, wird
man die Zweckmäßigkeit einer Geschäftsvereinfachung nicht bestreiten. Es
wurde indessen angenommen, daß sich die Thätigkeit des Ausschusses vorerst
eben auf diese geschäftlichen Punkte, aus die Erleichterung des persönlichen
Verkehrs beschränken sollte. Eine gemeinschaftliche Organisation der in jedem
Land unter eigene Bedingungen gestellten und so zu sagen naturwüchsig ent¬
wickelten Parteien ist damit nicht beabsichtigt und von einer Seite wurde
warnend auf den Vorgang des in Süddeutschland niemals acelimatistrten
Nationalvereins mit seinen regelmäßigen Versammlungen und regelmäßigen
Resolutionen hingewiesen, eine Organisation, deren Erneuerung unter den
jetzigen Umständen eher einen Rückschritt bedeuten, jedenfalls nichts fördern
würde.

Auch die Schwierigkeiten, die einer organischen Verbindung mit der
Nationalpartei des Nordens im Wege stehen, kamen zur Sprache. Zur Zeit
sind sie in der That schwerlich zu überwinden, obgleich auch hier geschästs-
leitende Organe zur Vermittlung eines rascheren und lebhafteren Verkehrs zu
wünschen sind. Außer den eigenthümlichen Bedingungen der Parteien im
Süden kommt hierbei im Norden die Trennung der nationalliberalen und
der Fortschrittspartei in Betracht, welche bekanntlich schon im Zollparlament
den Anschluß der nationalen Bayern an die nationalliberale Partei verhin-


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[0150] überwunden werden können, auf den Weg, der von der Regierung und Lan¬ desvertretung gemeinschaftlich bereits mit Energie und Erfolg eingeschlagen worden war. In diesem Zusammenhang wurden auch die Motive der Offen¬ burger Bewegung angedeutet, Erklärungen, welche um so unbefangener gegeben und aufgenommen wurden, als die Spuren jenes Zerwürfnisses längst verwischt sind. Im Uebrigen galt der Meinungsaustausch den Angelegenheiten der Presse, dann einer gemeinsamen Organisation der Partei in Süddeutschland und weiterhin mit der Nationalpartei des Nordens. Es war eine freie Er¬ örterung, die nicht auf augenblicklich festzustellende Resultate hinsteuerte, son¬ dern erst die Elemente zu solchen sammelte. Doch wurde die Bildung eines provisorischen Neunerausschusses zunächst aus Angehörigen der hier vertrete¬ nen drei Länder beschlossen, der, nachdem er sich zuvor mit den Bayern ins Vernehmen gesetzt, die formelle Leitung der Geschäfte übernehmen, die Initia¬ tive zu ähnlichen Versammlungen ergreisen und für diese bestimmtere Vor¬ schläge in den angeregten Punkten ausarbeiten soll. Die Bestellung eines solchen leitenden Organs, die wirklich als ein Bedürfniß sich erwiesen hatte, fand keinen Widerspruch. Wenn man weiß, welch' verwickelter und sich kreu¬ zender Briefverkehr zwischen Stuttgart und München, Karlsruhe und Darm¬ stadt, Stuttgart und Karlsruhe, Karlsruhe und München u. s. w. sür die Einleitung einer solchen Versammlung bisher geführt werden mußte, wird man die Zweckmäßigkeit einer Geschäftsvereinfachung nicht bestreiten. Es wurde indessen angenommen, daß sich die Thätigkeit des Ausschusses vorerst eben auf diese geschäftlichen Punkte, aus die Erleichterung des persönlichen Verkehrs beschränken sollte. Eine gemeinschaftliche Organisation der in jedem Land unter eigene Bedingungen gestellten und so zu sagen naturwüchsig ent¬ wickelten Parteien ist damit nicht beabsichtigt und von einer Seite wurde warnend auf den Vorgang des in Süddeutschland niemals acelimatistrten Nationalvereins mit seinen regelmäßigen Versammlungen und regelmäßigen Resolutionen hingewiesen, eine Organisation, deren Erneuerung unter den jetzigen Umständen eher einen Rückschritt bedeuten, jedenfalls nichts fördern würde. Auch die Schwierigkeiten, die einer organischen Verbindung mit der Nationalpartei des Nordens im Wege stehen, kamen zur Sprache. Zur Zeit sind sie in der That schwerlich zu überwinden, obgleich auch hier geschästs- leitende Organe zur Vermittlung eines rascheren und lebhafteren Verkehrs zu wünschen sind. Außer den eigenthümlichen Bedingungen der Parteien im Süden kommt hierbei im Norden die Trennung der nationalliberalen und der Fortschrittspartei in Betracht, welche bekanntlich schon im Zollparlament den Anschluß der nationalen Bayern an die nationalliberale Partei verhin-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123087/150>, abgerufen am 26.06.2024.