Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.Psyche. Von den ersten zwölf Jahren Benedict des XIV. verging fast keins ohne An seine Sorge für die römischen Bauwerke kann man mit weniger Ein Flecken auf seiner Negierung dagegen ist das Geschick zu nennen, was Psyche. Von den ersten zwölf Jahren Benedict des XIV. verging fast keins ohne An seine Sorge für die römischen Bauwerke kann man mit weniger Ein Flecken auf seiner Negierung dagegen ist das Geschick zu nennen, was <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0375" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/122130"/> <p xml:id="ID_1043" prev="#ID_1042"> Psyche. Von den ersten zwölf Jahren Benedict des XIV. verging fast keins ohne<lb/> eine schöne Acquisition zu bringen. Im Jahre 1748 gründete er das egyp-<lb/> tische Cabinet. Einmal entfuhr ihm der unpäpstliche Ausspruch, die Schatten<lb/> der alten Römer müßten versöhnt werden, nachdem sie beschimpft worden<lb/> seien durch die Verpflanzung der Bettelmönche aufs Capitol.</p><lb/> <p xml:id="ID_1044"> An seine Sorge für die römischen Bauwerke kann man mit weniger<lb/> ungemischten Empfindungen denken. Nicht vergessen wird ihm werden, daß<lb/> er der Zerstörung des Colosseums endlich Einhalt gethan hat. Zur Zeit<lb/> Clemens des XI. hatte sich wieder ein Stück von der zweiten Bogenordnung<lb/> nachdem Coelius zu abgelöst; aus seinen Quadern hatte man die Anlaute an<lb/> der Ripetta gebaut. Im Jahre 1744 war die Beschädigung und der Unfug,<lb/> den das Gesinde! in diesen labyrinthischen Gängen trieb, so arg geworden, daß<lb/> der Governatore mit strengen Strafen drohen mußte. Aber nur eine kirch¬<lb/> liche Weihe konnte das Colosseum retten. Die Idee war nicht neu. Schon<lb/> im fünfzehnten Jahrhundert hatte die SocietZ. del Gonsalone hier am Char-<lb/> freitag ein italienisches Passionsspiel, geschrieben von dem Florentiner Giuliano<lb/> Dall, aufgeführt; diese Sitte dauerte bis 1568. Im Jahre 1751 ließ der<lb/> Pater Lionardo ti Porto S. Maurizio von Almosen vierzehn Stationen<lb/> errichten sür die Via Crucis; ein Eremit ward als Custode hineingesetzt.<lb/> Der Papst ließ endlich das Colosseum mit höchstem Pomp und unter dem Zu¬<lb/> strömen einer unermeßlichen Volksmenge zur Chiesa pubblica weihen. Nie<lb/> hatte Rom ein so feierliches Hochamt gesehen als das, welches am 19. Sep¬<lb/> tember 1756 an der Stätte gefeiert wurde, in dessen Sand das Blut so<lb/> vieler Märtyrer eingedrungen war.</p><lb/> <p xml:id="ID_1045"> Ein Flecken auf seiner Negierung dagegen ist das Geschick zu nennen, was<lb/> über das erhabenste Denkmal römischer Baukunst ergangen ist. Die Kuppel des<lb/> Pantheon war voller Schmutz und Risse, hie und da hingen noch Stücke der<lb/> bleiernen und silbernen Platten der alten Bekleidung, die den Leuten mitunter<lb/> auf die Köpfe fielen. Dem Architecten Paolo Pohl fiel es ein, die alte großen-<lb/> theils aus Verde antico bestehende Bekleidung der inneren Attica wegzu¬<lb/> nehmen und durch eine elende Stuccatur mit Guachefarben zu ersetzen; ja er<lb/> wagte es, die Fenster, um sie seinen Vorstellungen von Verhältnissen gemäß<lb/> zu machen, zwei Fuß nach unten zu verlängern, wodurch der mittlere Back¬<lb/> steinbogen, welcher das Gewölbe tragen hilft, durchbrochen wurde. — Es ist<lb/> derselbe arme Sünder, der alljährlich bei Gelegenheit der sogenannten Chinea<lb/> (der Uebergabe des Vasallentributs der Krone Neapel an den Pontifex) die<lb/> beiden barocken „irmekins" auf Piazza Farnese erfand, deren Stiche uns oft<lb/> bei römischen Trödlern begegnen. Im Jahre 1755 sah man hier eine Triumph¬<lb/> brücke von fünf Bogen zu Ehren Carl des III., 210 Palmen lang, geschmückt<lb/> mit den Nachbildungen der Statuen von Herculaneum.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0375]
Psyche. Von den ersten zwölf Jahren Benedict des XIV. verging fast keins ohne
eine schöne Acquisition zu bringen. Im Jahre 1748 gründete er das egyp-
tische Cabinet. Einmal entfuhr ihm der unpäpstliche Ausspruch, die Schatten
der alten Römer müßten versöhnt werden, nachdem sie beschimpft worden
seien durch die Verpflanzung der Bettelmönche aufs Capitol.
An seine Sorge für die römischen Bauwerke kann man mit weniger
ungemischten Empfindungen denken. Nicht vergessen wird ihm werden, daß
er der Zerstörung des Colosseums endlich Einhalt gethan hat. Zur Zeit
Clemens des XI. hatte sich wieder ein Stück von der zweiten Bogenordnung
nachdem Coelius zu abgelöst; aus seinen Quadern hatte man die Anlaute an
der Ripetta gebaut. Im Jahre 1744 war die Beschädigung und der Unfug,
den das Gesinde! in diesen labyrinthischen Gängen trieb, so arg geworden, daß
der Governatore mit strengen Strafen drohen mußte. Aber nur eine kirch¬
liche Weihe konnte das Colosseum retten. Die Idee war nicht neu. Schon
im fünfzehnten Jahrhundert hatte die SocietZ. del Gonsalone hier am Char-
freitag ein italienisches Passionsspiel, geschrieben von dem Florentiner Giuliano
Dall, aufgeführt; diese Sitte dauerte bis 1568. Im Jahre 1751 ließ der
Pater Lionardo ti Porto S. Maurizio von Almosen vierzehn Stationen
errichten sür die Via Crucis; ein Eremit ward als Custode hineingesetzt.
Der Papst ließ endlich das Colosseum mit höchstem Pomp und unter dem Zu¬
strömen einer unermeßlichen Volksmenge zur Chiesa pubblica weihen. Nie
hatte Rom ein so feierliches Hochamt gesehen als das, welches am 19. Sep¬
tember 1756 an der Stätte gefeiert wurde, in dessen Sand das Blut so
vieler Märtyrer eingedrungen war.
Ein Flecken auf seiner Negierung dagegen ist das Geschick zu nennen, was
über das erhabenste Denkmal römischer Baukunst ergangen ist. Die Kuppel des
Pantheon war voller Schmutz und Risse, hie und da hingen noch Stücke der
bleiernen und silbernen Platten der alten Bekleidung, die den Leuten mitunter
auf die Köpfe fielen. Dem Architecten Paolo Pohl fiel es ein, die alte großen-
theils aus Verde antico bestehende Bekleidung der inneren Attica wegzu¬
nehmen und durch eine elende Stuccatur mit Guachefarben zu ersetzen; ja er
wagte es, die Fenster, um sie seinen Vorstellungen von Verhältnissen gemäß
zu machen, zwei Fuß nach unten zu verlängern, wodurch der mittlere Back¬
steinbogen, welcher das Gewölbe tragen hilft, durchbrochen wurde. — Es ist
derselbe arme Sünder, der alljährlich bei Gelegenheit der sogenannten Chinea
(der Uebergabe des Vasallentributs der Krone Neapel an den Pontifex) die
beiden barocken „irmekins" auf Piazza Farnese erfand, deren Stiche uns oft
bei römischen Trödlern begegnen. Im Jahre 1755 sah man hier eine Triumph¬
brücke von fünf Bogen zu Ehren Carl des III., 210 Palmen lang, geschmückt
mit den Nachbildungen der Statuen von Herculaneum.
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