Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Thomas Carl si e, auf den wir späte-' noch als.den Hauptförderer
deutscher Studien in Albion zurückkommen müssen, war von Coleridge an¬
geregt worden, nachdem er schon als Student durch das jüngst erschienene
Buch der Frau von Stahl-Holstein "as l'^IlörrmZUö" zuerst auf das
träumerische Barbarenland ostwärts des Rheinstroms aufmerksam geworden
war. Daß gerade dieses Buch ihn mit respectvoller Neugier nach den lite¬
rarischen Schätzen der Deutschen -- desselben Volkes, das sich soeben der
Franzosen auf so mannhafte Weise entledigt hatte, -- erfüllt und zur sauren
Erlernung der deutschen Sprache veranlaßt habe, weiß ich aus Carlyle's
eigenem Munde. Zu Anfang der zwanziger Jahre erschien aus seiner Fever
der englische "Wilhelm Meister"; nach einem längeren Aufenthalt in Weimar
folgte 1825 das "Leben Schiller's" mit eingestreuten Proben aus den dra¬
matischen Werken des Dichters, im Jahre 1827 dann vier Bände Ksrmau
ILomavees, wo er, aus den Erzählungen und Märchen deutscher Schrift¬
steller, als Musäus, La Motte Fouque, Tieck, Hoffmann, Jean P>,ni und
Goethe heraushob, "was er seiner Nation am gemäßesten zu sein glaubte"
(Worte Goethe's). In der Folge lieferte er von Zeit zu Zeit in der
Lämoni-ZK und in der ?or<ziM Ksvie^v eingehende Uebersichten und Be¬
urtheilungen sowohl dieser wie anderer gleichzeitiger oder jüngerer Dichter,
unter welchen Recensionen besonders die Besprechung der "Helena" im zwei¬
ten Theile des "Faust" (in der ?c>reig'n Revier, jetzt NiseöllirmLS vol. I.)
hervorgehoben werden mag. So ist denn Carlyle -- der selbst in seinem
Stil eine Fülle deutscher Wendungen philosophischer Begriffe und humoristi¬
scher Züge angenommen hat, >-- nicht ohne Nachtheil für den nationalenglischen
Charakter,seiner Schriften -- in den früheren Mannesjahren fast unablässig
mit leidenschaftlicher Propaganda für die deutsche Literatur beschäftigt ge¬
wesen. Man darf wohl sagen, daß er durch seinen übertriebenen Cultus und
seine barocke Wärme auf den ächten Vollblutengländer mitunter sogar ab¬
stoßend gewirkt hat. Nichtsdestoweniger sind wir Deutschen ihm für seine
Theilnahme den wärmsten Dank schuldig.

Werfen wir, außer dem oben angeführten Bruchstück aus "Wallenstein's
Tod", noch einen Blick auf einige andere Schiller'sche Sachen, die sich in
Carlyle's Leben Schiller's an ihrer Stelle eingeschoben finden, und hören
wir z. B. Marquis Posa's Rede an König Philipp:


VIr, ooulä dirs elociusnos ot all rlrs raillious
vVIio particixa,es in this Zreat inomsM,
Ilovor on imo lixs ana raiss iMo a lliuns
Ibar, gleg.w that Kincllos w ?c>ur evssl
Kive ux tuis taksh iäol-rei'x c>l soll (?),
'Wbielr malcos pour brotbers rwtlnnZ! Lo lo us

Thomas Carl si e, auf den wir späte-' noch als.den Hauptförderer
deutscher Studien in Albion zurückkommen müssen, war von Coleridge an¬
geregt worden, nachdem er schon als Student durch das jüngst erschienene
Buch der Frau von Stahl-Holstein „as l'^IlörrmZUö" zuerst auf das
träumerische Barbarenland ostwärts des Rheinstroms aufmerksam geworden
war. Daß gerade dieses Buch ihn mit respectvoller Neugier nach den lite¬
rarischen Schätzen der Deutschen — desselben Volkes, das sich soeben der
Franzosen auf so mannhafte Weise entledigt hatte, — erfüllt und zur sauren
Erlernung der deutschen Sprache veranlaßt habe, weiß ich aus Carlyle's
eigenem Munde. Zu Anfang der zwanziger Jahre erschien aus seiner Fever
der englische „Wilhelm Meister"; nach einem längeren Aufenthalt in Weimar
folgte 1825 das „Leben Schiller's" mit eingestreuten Proben aus den dra¬
matischen Werken des Dichters, im Jahre 1827 dann vier Bände Ksrmau
ILomavees, wo er, aus den Erzählungen und Märchen deutscher Schrift¬
steller, als Musäus, La Motte Fouque, Tieck, Hoffmann, Jean P>,ni und
Goethe heraushob, „was er seiner Nation am gemäßesten zu sein glaubte"
(Worte Goethe's). In der Folge lieferte er von Zeit zu Zeit in der
Lämoni-ZK und in der ?or<ziM Ksvie^v eingehende Uebersichten und Be¬
urtheilungen sowohl dieser wie anderer gleichzeitiger oder jüngerer Dichter,
unter welchen Recensionen besonders die Besprechung der „Helena" im zwei¬
ten Theile des „Faust" (in der ?c>reig'n Revier, jetzt NiseöllirmLS vol. I.)
hervorgehoben werden mag. So ist denn Carlyle — der selbst in seinem
Stil eine Fülle deutscher Wendungen philosophischer Begriffe und humoristi¬
scher Züge angenommen hat, >— nicht ohne Nachtheil für den nationalenglischen
Charakter,seiner Schriften — in den früheren Mannesjahren fast unablässig
mit leidenschaftlicher Propaganda für die deutsche Literatur beschäftigt ge¬
wesen. Man darf wohl sagen, daß er durch seinen übertriebenen Cultus und
seine barocke Wärme auf den ächten Vollblutengländer mitunter sogar ab¬
stoßend gewirkt hat. Nichtsdestoweniger sind wir Deutschen ihm für seine
Theilnahme den wärmsten Dank schuldig.

Werfen wir, außer dem oben angeführten Bruchstück aus „Wallenstein's
Tod", noch einen Blick auf einige andere Schiller'sche Sachen, die sich in
Carlyle's Leben Schiller's an ihrer Stelle eingeschoben finden, und hören
wir z. B. Marquis Posa's Rede an König Philipp:


VIr, ooulä dirs elociusnos ot all rlrs raillious
vVIio particixa,es in this Zreat inomsM,
Ilovor on imo lixs ana raiss iMo a lliuns
Ibar, gleg.w that Kincllos w ?c>ur evssl
Kive ux tuis taksh iäol-rei'x c>l soll (?),
'Wbielr malcos pour brotbers rwtlnnZ! Lo lo us

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0303" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/122058"/>
          <p xml:id="ID_826"> Thomas Carl si e, auf den wir späte-' noch als.den Hauptförderer<lb/>
deutscher Studien in Albion zurückkommen müssen, war von Coleridge an¬<lb/>
geregt worden, nachdem er schon als Student durch das jüngst erschienene<lb/>
Buch der Frau von Stahl-Holstein &#x201E;as l'^IlörrmZUö" zuerst auf das<lb/>
träumerische Barbarenland ostwärts des Rheinstroms aufmerksam geworden<lb/>
war. Daß gerade dieses Buch ihn mit respectvoller Neugier nach den lite¬<lb/>
rarischen Schätzen der Deutschen &#x2014; desselben Volkes, das sich soeben der<lb/>
Franzosen auf so mannhafte Weise entledigt hatte, &#x2014; erfüllt und zur sauren<lb/>
Erlernung der deutschen Sprache veranlaßt habe, weiß ich aus Carlyle's<lb/>
eigenem Munde.  Zu Anfang der zwanziger Jahre erschien aus seiner Fever<lb/>
der englische &#x201E;Wilhelm Meister"; nach einem längeren Aufenthalt in Weimar<lb/>
folgte 1825 das &#x201E;Leben Schiller's" mit eingestreuten Proben aus den dra¬<lb/>
matischen Werken des Dichters, im Jahre 1827 dann vier Bände Ksrmau<lb/>
ILomavees, wo er, aus den Erzählungen und Märchen deutscher Schrift¬<lb/>
steller, als Musäus, La Motte Fouque, Tieck, Hoffmann, Jean P&gt;,ni und<lb/>
Goethe heraushob, &#x201E;was er seiner Nation am gemäßesten zu sein glaubte"<lb/>
(Worte Goethe's).  In der Folge lieferte er von Zeit zu Zeit in der<lb/>
Lämoni-ZK und in der ?or&lt;ziM Ksvie^v eingehende Uebersichten und Be¬<lb/>
urtheilungen sowohl dieser wie anderer gleichzeitiger oder jüngerer Dichter,<lb/>
unter welchen Recensionen besonders die Besprechung der &#x201E;Helena" im zwei¬<lb/>
ten Theile des &#x201E;Faust" (in der ?c&gt;reig'n Revier, jetzt NiseöllirmLS vol. I.)<lb/>
hervorgehoben werden mag.  So ist denn Carlyle &#x2014; der selbst in seinem<lb/>
Stil eine Fülle deutscher Wendungen philosophischer Begriffe und humoristi¬<lb/>
scher Züge angenommen hat, &gt;&#x2014; nicht ohne Nachtheil für den nationalenglischen<lb/>
Charakter,seiner Schriften &#x2014; in den früheren Mannesjahren fast unablässig<lb/>
mit leidenschaftlicher Propaganda für die deutsche Literatur beschäftigt ge¬<lb/>
wesen. Man darf wohl sagen, daß er durch seinen übertriebenen Cultus und<lb/>
seine barocke Wärme auf den ächten Vollblutengländer mitunter sogar ab¬<lb/>
stoßend gewirkt hat.  Nichtsdestoweniger sind wir Deutschen ihm für seine<lb/>
Theilnahme den wärmsten Dank schuldig.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_827"> Werfen wir, außer dem oben angeführten Bruchstück aus &#x201E;Wallenstein's<lb/>
Tod", noch einen Blick auf einige andere Schiller'sche Sachen, die sich in<lb/>
Carlyle's Leben Schiller's an ihrer Stelle eingeschoben finden, und hören<lb/>
wir z. B. Marquis Posa's Rede an König Philipp:</p><lb/>
          <quote> VIr, ooulä dirs elociusnos ot all rlrs raillious<lb/>
vVIio particixa,es in this Zreat inomsM,<lb/>
Ilovor on imo lixs ana raiss iMo a lliuns<lb/>
Ibar, gleg.w that Kincllos w ?c&gt;ur evssl<lb/>
Kive ux tuis taksh iäol-rei'x c&gt;l soll (?),<lb/>
'Wbielr malcos pour brotbers rwtlnnZ! Lo lo us</quote><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0303] Thomas Carl si e, auf den wir späte-' noch als.den Hauptförderer deutscher Studien in Albion zurückkommen müssen, war von Coleridge an¬ geregt worden, nachdem er schon als Student durch das jüngst erschienene Buch der Frau von Stahl-Holstein „as l'^IlörrmZUö" zuerst auf das träumerische Barbarenland ostwärts des Rheinstroms aufmerksam geworden war. Daß gerade dieses Buch ihn mit respectvoller Neugier nach den lite¬ rarischen Schätzen der Deutschen — desselben Volkes, das sich soeben der Franzosen auf so mannhafte Weise entledigt hatte, — erfüllt und zur sauren Erlernung der deutschen Sprache veranlaßt habe, weiß ich aus Carlyle's eigenem Munde. Zu Anfang der zwanziger Jahre erschien aus seiner Fever der englische „Wilhelm Meister"; nach einem längeren Aufenthalt in Weimar folgte 1825 das „Leben Schiller's" mit eingestreuten Proben aus den dra¬ matischen Werken des Dichters, im Jahre 1827 dann vier Bände Ksrmau ILomavees, wo er, aus den Erzählungen und Märchen deutscher Schrift¬ steller, als Musäus, La Motte Fouque, Tieck, Hoffmann, Jean P>,ni und Goethe heraushob, „was er seiner Nation am gemäßesten zu sein glaubte" (Worte Goethe's). In der Folge lieferte er von Zeit zu Zeit in der Lämoni-ZK und in der ?or<ziM Ksvie^v eingehende Uebersichten und Be¬ urtheilungen sowohl dieser wie anderer gleichzeitiger oder jüngerer Dichter, unter welchen Recensionen besonders die Besprechung der „Helena" im zwei¬ ten Theile des „Faust" (in der ?c>reig'n Revier, jetzt NiseöllirmLS vol. I.) hervorgehoben werden mag. So ist denn Carlyle — der selbst in seinem Stil eine Fülle deutscher Wendungen philosophischer Begriffe und humoristi¬ scher Züge angenommen hat, >— nicht ohne Nachtheil für den nationalenglischen Charakter,seiner Schriften — in den früheren Mannesjahren fast unablässig mit leidenschaftlicher Propaganda für die deutsche Literatur beschäftigt ge¬ wesen. Man darf wohl sagen, daß er durch seinen übertriebenen Cultus und seine barocke Wärme auf den ächten Vollblutengländer mitunter sogar ab¬ stoßend gewirkt hat. Nichtsdestoweniger sind wir Deutschen ihm für seine Theilnahme den wärmsten Dank schuldig. Werfen wir, außer dem oben angeführten Bruchstück aus „Wallenstein's Tod", noch einen Blick auf einige andere Schiller'sche Sachen, die sich in Carlyle's Leben Schiller's an ihrer Stelle eingeschoben finden, und hören wir z. B. Marquis Posa's Rede an König Philipp: VIr, ooulä dirs elociusnos ot all rlrs raillious vVIio particixa,es in this Zreat inomsM, Ilovor on imo lixs ana raiss iMo a lliuns Ibar, gleg.w that Kincllos w ?c>ur evssl Kive ux tuis taksh iäol-rei'x c>l soll (?), 'Wbielr malcos pour brotbers rwtlnnZ! Lo lo us

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/303
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/303>, abgerufen am 24.08.2024.