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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.

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Wir glauben kaum, daß sich diese Stelle in einfach schönerem Englisch
wiedergeben läßt; wenn sie gleichwohl hinter dem elegischen Glänze Schiller's
zurückbleibt, so liegt das am verschiedenen Geiste der beiden Sprachen. Einige
Zeilen Carlyle's, früheren Theilen derselben Erzählung angehörig, sind als
Verse freilich unlesbar, allein im Ganzen trifft er Schiller's Ton und
Gedanken doch besser als Coleridge. Letzterer ist auch nicht frei von selt¬
samen Mißverständnissen. -- Im Uebrigen zeugt die vorausgeschickte Vorrede
von dem richtigsten Verständniß der Aufgabe des poetischen Uebersetzers:
"Eine metrisch getreue Uebersetzung dichterischer Werke ist deshalb so schwie¬
rig, weil der Übersetzer seiner Sprache einen gewissen Glanz verleihen muß,
ohne jene Wärme ursprünglichen Schaffens, aus welcher dieser Glanz der
Sprache von selbst hervorgehen würde. Wenn er sein Original, was den
Sinn jeder einzelnen Stelle betrifft, treu wiedergibt, so muß er nothwendiger
Weise einen erheblichen Theil des dichterischen Geistes opfern; wenn er sich
bestrebt, nach dem Gesetze der Ausgleichung oder der ersetzenden Wieder
gäbe zu verfahren, so setzt er sich dem Vorwurf der Eitelkeit oder der Ent¬
stellung aus." Treffliche Worte, von denen man nur wünschen möchte, daß
die große Mehrzahl der Nachfolger Coleridge's als Interpreten deutscher
Dichtung ihrer eingedenk gewesen wäre!

Was derselbe Coleridge noch sonst von deutscher Poesie übersetzt hat,
sind einzelne Kleinigkeiten von Stolberg, Matthisson, Frederike Brun und
von Schiller die "Dithyrambe", der "Hexameter" und "das Distichon."
Wir geben die beiden letzteren, weniger aus Bewunderung sür das classische
Versmaß in englischer Nachbildung, als vielmehr zur charakteristischen Probe:


Le-rongly it bears us alonZ in ZVölliuZ ana limitloss billovs;
XotbinZ bstors auel notbiriF bebinä but, tho öl^ aira tus oosAir.--
in r>hö boxamstor risss rbs kountain's silvor^ oolumn,
In rbo xoMcrmetsr o-z^o lÄIIing in insloä^ ba-elc.

Ein Deutscher wird sich über diese Art von "melodischer" Fontaine des
Lächelns schwer erwehren können und schon an dem einen Beispiel schlagend
erkennen, daß diese Gattung classischer Rhythmen, so virtuos auch unsere
deutsche Muttersprache sie wiederzugeben vermag, sich doch für die aus der
Art geschlagene englische Tochter nicht eignet, obgleich einzelne gelehrte, auf
uns eifersüchtige Engländer oder Amerikaner -- z. B. Longfellow in seiner
"Evangeline" und seinem "Miles Staudish" noch immer nicht völlig darauf
verzichten wollen.


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Wir glauben kaum, daß sich diese Stelle in einfach schönerem Englisch
wiedergeben läßt; wenn sie gleichwohl hinter dem elegischen Glänze Schiller's
zurückbleibt, so liegt das am verschiedenen Geiste der beiden Sprachen. Einige
Zeilen Carlyle's, früheren Theilen derselben Erzählung angehörig, sind als
Verse freilich unlesbar, allein im Ganzen trifft er Schiller's Ton und
Gedanken doch besser als Coleridge. Letzterer ist auch nicht frei von selt¬
samen Mißverständnissen. — Im Uebrigen zeugt die vorausgeschickte Vorrede
von dem richtigsten Verständniß der Aufgabe des poetischen Uebersetzers:
„Eine metrisch getreue Uebersetzung dichterischer Werke ist deshalb so schwie¬
rig, weil der Übersetzer seiner Sprache einen gewissen Glanz verleihen muß,
ohne jene Wärme ursprünglichen Schaffens, aus welcher dieser Glanz der
Sprache von selbst hervorgehen würde. Wenn er sein Original, was den
Sinn jeder einzelnen Stelle betrifft, treu wiedergibt, so muß er nothwendiger
Weise einen erheblichen Theil des dichterischen Geistes opfern; wenn er sich
bestrebt, nach dem Gesetze der Ausgleichung oder der ersetzenden Wieder
gäbe zu verfahren, so setzt er sich dem Vorwurf der Eitelkeit oder der Ent¬
stellung aus." Treffliche Worte, von denen man nur wünschen möchte, daß
die große Mehrzahl der Nachfolger Coleridge's als Interpreten deutscher
Dichtung ihrer eingedenk gewesen wäre!

Was derselbe Coleridge noch sonst von deutscher Poesie übersetzt hat,
sind einzelne Kleinigkeiten von Stolberg, Matthisson, Frederike Brun und
von Schiller die „Dithyrambe", der „Hexameter" und „das Distichon."
Wir geben die beiden letzteren, weniger aus Bewunderung sür das classische
Versmaß in englischer Nachbildung, als vielmehr zur charakteristischen Probe:


Le-rongly it bears us alonZ in ZVölliuZ ana limitloss billovs;
XotbinZ bstors auel notbiriF bebinä but, tho öl^ aira tus oosAir.—
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In rbo xoMcrmetsr o-z^o lÄIIing in insloä^ ba-elc.

Ein Deutscher wird sich über diese Art von „melodischer" Fontaine des
Lächelns schwer erwehren können und schon an dem einen Beispiel schlagend
erkennen, daß diese Gattung classischer Rhythmen, so virtuos auch unsere
deutsche Muttersprache sie wiederzugeben vermag, sich doch für die aus der
Art geschlagene englische Tochter nicht eignet, obgleich einzelne gelehrte, auf
uns eifersüchtige Engländer oder Amerikaner — z. B. Longfellow in seiner
„Evangeline" und seinem „Miles Staudish" noch immer nicht völlig darauf
verzichten wollen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/302>, abgerufen am 24.08.2024.