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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.

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derselben würde genügen können. In Zeiten der Krisis vollends würde der
dazu etwa bereit liegende Geldvorrath bald erschöpft sein und die Zahlung
unterbrochen werden müssen. Sodann ist keine Bürgschaft vorhanden, daß
nicht einmal derselbe Landesherr oder ein Nachfolger desselben auch ohne den
zwingenden Anlaß des I^ein xvsizumus die Einlösbarkeit der Scheine ganz
suspendirt oder statt an die Minimalsumme von 50 Thlr. an die von
500, 3000, 50.000 oder 500,000 Thlr. knüpft, oder daß derselbe in Folge
des nach seiner Ansicht durch die bisherigen Emissionen hervorgerufenen Be¬
dürfnisses zu einer dritten, vierten u. f. w. Emission schreitet und dadurch
die Einlösungsfähigkeit noch weiter schmälert. Ja, es lassen sich bei Schei¬
nen, welchen eine ständische Gewähr nicht zur Seite steht, und welche daher
nicht als wirkliches Staatspapiergeld, sondern lediglich als vom Landesherrn
ausgestellte Wechsel nach Sicht anzusehen sind, noch schlimmere Eventuali¬
täten denken.

Mit dieser Eigenschaft eines nicht auf den Staatscredit, sondern nur
auf den Credit des Landesherrn fundirten Papiergeldes hängt noch eine
anderweitige Erschwerung des Umlaufs zusammen, welche darin liegt, daß
der Aussteller der Scheine dieselben nur bei seinen eigenen Cassen den Zu¬
gang eröffnen kann. In einem Patrimonialstaat. aber gibt es drei Arten
von öffentlichen Cassen: die landesherrlichen, die unter gemeinsamer Verwal¬
tung des Landesherrn und der Stände stehenden und die ständischen Cassen.
Ohne Mitwirkung der Stände reicht die Macht des Großherzogs nicht wei¬
ter, als den Scheinen bei den landesherrlichen Cassen die Annahme als baares
Geld einzuräumen, und er hat daher hierauf sich in der Ankündigung mit Recht
beschränkt. Der Centralsteuercasse des Landes in Neubrandenburg, der ritter¬
und landschaftlichen Cassen und den städtischen Communalcassen kann die
Zurückweisung der Scheine nicht verboten werden, so lange die Annahme
nicht durch ein mit Zustimmung der Stände erlassenes Landesgesetz vor¬
geschrieben wird. Ob die Cassen der verschiedenen Zweige der Bundesver¬
waltung, die Zoll-, Steuer-, Post- und Telegraphen-Cassen, sich den Rentei-
cassenscheinen öffnen, hängt jedenfalls von dem guten Willen der betreffenden
Behörden ab, der Großherzog kann dies nicht befehlen. An die Verwaltung
der Friedrich-Franz-Bahn ist, glaubwürdigen Vernehmen nach, von der Re¬
gierung des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin die bestimmte Weisung
ergangen, auf keiner ihrer Stationen, auch nicht auf den beiden in Mecklen-
burg-Strelitz belegenen, Neubrandenburg und Oertzenhof, die Renteicassenscheine
des Großherzogs von Mecklenburg-Strelitz in Zahlung anzunehmen, und man
erzählt sich, daß einmal der Billetverkäufer zu Neubrandenburg einem Rostocker
Kaufmann, welcher zufällig zur Lösung eines Billets kein anderes Geld
als einen strelitzschen Kassenschein zur Verfügung gehabt, lieber auf eigene


derselben würde genügen können. In Zeiten der Krisis vollends würde der
dazu etwa bereit liegende Geldvorrath bald erschöpft sein und die Zahlung
unterbrochen werden müssen. Sodann ist keine Bürgschaft vorhanden, daß
nicht einmal derselbe Landesherr oder ein Nachfolger desselben auch ohne den
zwingenden Anlaß des I^ein xvsizumus die Einlösbarkeit der Scheine ganz
suspendirt oder statt an die Minimalsumme von 50 Thlr. an die von
500, 3000, 50.000 oder 500,000 Thlr. knüpft, oder daß derselbe in Folge
des nach seiner Ansicht durch die bisherigen Emissionen hervorgerufenen Be¬
dürfnisses zu einer dritten, vierten u. f. w. Emission schreitet und dadurch
die Einlösungsfähigkeit noch weiter schmälert. Ja, es lassen sich bei Schei¬
nen, welchen eine ständische Gewähr nicht zur Seite steht, und welche daher
nicht als wirkliches Staatspapiergeld, sondern lediglich als vom Landesherrn
ausgestellte Wechsel nach Sicht anzusehen sind, noch schlimmere Eventuali¬
täten denken.

Mit dieser Eigenschaft eines nicht auf den Staatscredit, sondern nur
auf den Credit des Landesherrn fundirten Papiergeldes hängt noch eine
anderweitige Erschwerung des Umlaufs zusammen, welche darin liegt, daß
der Aussteller der Scheine dieselben nur bei seinen eigenen Cassen den Zu¬
gang eröffnen kann. In einem Patrimonialstaat. aber gibt es drei Arten
von öffentlichen Cassen: die landesherrlichen, die unter gemeinsamer Verwal¬
tung des Landesherrn und der Stände stehenden und die ständischen Cassen.
Ohne Mitwirkung der Stände reicht die Macht des Großherzogs nicht wei¬
ter, als den Scheinen bei den landesherrlichen Cassen die Annahme als baares
Geld einzuräumen, und er hat daher hierauf sich in der Ankündigung mit Recht
beschränkt. Der Centralsteuercasse des Landes in Neubrandenburg, der ritter¬
und landschaftlichen Cassen und den städtischen Communalcassen kann die
Zurückweisung der Scheine nicht verboten werden, so lange die Annahme
nicht durch ein mit Zustimmung der Stände erlassenes Landesgesetz vor¬
geschrieben wird. Ob die Cassen der verschiedenen Zweige der Bundesver¬
waltung, die Zoll-, Steuer-, Post- und Telegraphen-Cassen, sich den Rentei-
cassenscheinen öffnen, hängt jedenfalls von dem guten Willen der betreffenden
Behörden ab, der Großherzog kann dies nicht befehlen. An die Verwaltung
der Friedrich-Franz-Bahn ist, glaubwürdigen Vernehmen nach, von der Re¬
gierung des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin die bestimmte Weisung
ergangen, auf keiner ihrer Stationen, auch nicht auf den beiden in Mecklen-
burg-Strelitz belegenen, Neubrandenburg und Oertzenhof, die Renteicassenscheine
des Großherzogs von Mecklenburg-Strelitz in Zahlung anzunehmen, und man
erzählt sich, daß einmal der Billetverkäufer zu Neubrandenburg einem Rostocker
Kaufmann, welcher zufällig zur Lösung eines Billets kein anderes Geld
als einen strelitzschen Kassenschein zur Verfügung gehabt, lieber auf eigene


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/247>, abgerufen am 22.07.2024.