Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band.Die Rissen nahen, ihren Lohn heischend. "Freia, die holde, Holda, Die dritte Scene (Seite 40--S4) versetzt uns in die unterirdische Kluft, 53*
Die Rissen nahen, ihren Lohn heischend. „Freia, die holde, Holda, Die dritte Scene (Seite 40—S4) versetzt uns in die unterirdische Kluft, 53*
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Die Rissen nahen, ihren Lohn heischend. „Freia, die holde, Holda,
die freie", wie es verabredet, wollen sie heimtragen. Wotan jedoch weigert sich,
den eingegangenen Vertrag zu halten, so daß Fafner zu Fasolt höhnisch
spricht: „Getreu'ster Bruder! Merkst du Tropf nun Betrug?" und dieser dem
meineidiger Gott vergebens in langer Rede die Heiligkeit eines gegebenen
Wortes vor Augen zu führen sucht. Wotan gibt vor, er habe nur im
Scherz den Vertrag geschlossen, denn „die liebliche Göttin, licht und leicht,
was taugt Tölpeln ihr Reiz? Aber die Plumpen, die sich plagend, „schwitzend
mit schwieliger Hand das Weib zu gewinnen suchten, das wonnig und mild
bei ihnen wohnen sollte", sind nicht so leicht zu begütigen. Vergebens
mischen sich auch Froh und Donner noch in den Streit, umsonst sucht
auch der listige, trugvolle Loge die Ungestümen zu besänftigen. Endlich
gelingt es ihm, in ihren Herzen die Gier nach Gold zu erregen. Sie
wollen sich zufrieden geben, wenn bis zum Abend ihnen für Freia der von
Alberich geraubte Hort ausgeliefert wird. Freia, die Hüterin der goldenen
Aepfel, deren Genuß den Göttern ewige Jugend verleiht, ist von den Riesen als
Pfand fortgeschleppt worden, die Aasen gewinnen allmälig ein bleiches, alterndes
Aussehen. Es ist also doppelt nöthig, das Gold zu gewinnen, die holde
Göttin aus ihrer Haft zu lösen. Während aber Loge von dem Golde sprach,
„das zu höchster Macht dem Manne gewinnet die Welt und den Frauen
ein gleißend Geschmeid, das der Gatten Treue zu ertrotzen im Stande wäre",
bemächtigt sich auch der Seele Wotans und seines eifersüchtigen Weibes das
Verlangen nach dessen Besitz. Loge weiß Wotan zu überzeugen, daß es
nicht ungerecht wäre, dem Diebe Alberich seinen geraubten Schatz wieder zu ent¬
reißen und letzterer beschließt nun mit seinem listigen Rathgeber durch die
Schwefelklüfte nach Nibelheim hinabzusteigen, um die unermeßlichen Güter
und das ersehnte Kleinod zu gewinnen.
Die dritte Scene (Seite 40—S4) versetzt uns in die unterirdische Kluft,
das Reich der Zwerge, das Alberich zufolge der Macht, die ihm der aus
dem Horte geschmiedete Ring verleiht, unumschränkt beherrscht. Er zerrt
seinen Bruder, den heulenden Schmied Mime an den Ohren herbei und
entreißt ihm den heimlich vollendeten Tarnhelm, der ihm nun vollends jede
Willkühr gestattet. Den vor Schmerz zusammengesunkenen Mime treffen
Wotan und Loge; sie hören seine Klagen und das Gottes Ohr berauscht
sich aufs Neue in der Schilderung der Schätze des Nibelungenreiches, die zu«
dem auf des unersättlichen Alberich Geheiß die Zwerge jetzt herbeischleppen.
Loge übertölpelt im Laus des Gesprächs den dummen und sich aufblähenden
Nibelung, der sich erst in einen Riesenwurm, dann in eine Kröte verwan¬
delt, die Wotan mit dem Fuße faßt und der Loge den Tarnhelm entreißt.
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