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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band.

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den verantwortlichen Ministern Rechenschaft über die abgeschlossenen Verträge
zu verlangen. Diese Note Villamarka's war vom 21. October. Am fol¬
genden Tage trat in Florenz das neue Ministerium Montanelli ins Amt,
und damit nahmen die Verhandlungen eine neue Wendung.

Inzwischen waren noch besondere Verhandlungen mit Neapel nebenher¬
gelaufen. Piemont selbst hatte sich Neapel zu nähern versucht. Daß Karl
Albert die ihm für den Herzog von Genua angebotene Krone Siciliens aus¬
geschlagen hatte, schien zur Hoffnung auf das Entgegenkommen des Königs
Ferdinand zu berechtigen. Schon am 28. August richtete der Minister Percone
eine Note nach Neapel, welche hervorhob, daß Piemont sich aller Einmischung
in die sicilischen Dinge enthalten habe, und zugleich den Hof von Neapel zu
einem politischen Bündniß mit Piemont im Interesse der nationalen Unabhängig¬
keit einlud. Von Erfolg war dieser Schritt nicht, das gegenseitige Mißtrauen
lähmte jede Verhandlung. Von Seite Neapels behauptete man, der Verzicht
Karl Alberts auf Sicilien sei nicht bündig genug, und auf piemontesischer
Seite hatte man Grund zu vermuthen, daß zwischen den Höfen von Rom
und Neapel über einen Bund mit Ausschluß Piemonts verhandelt werde.
Jedenfalls machte Rossi aus dem Beitritt Neapels eine Hauptbedingung für
das Zustandekommen der Conföderation, er brauchte Neapel als Gegengewicht
gegen die Politik Karl Albert's, während dagegen Percone den König Fer¬
dinand einen falschen Bruder nannte und erklärte, sein Beitritt sei nur
eine östreichische Intrigue, um den Bund zu sprengen.

Dagegen waren in dieser Zeit sehr lebhafte Verhandlungen zwischen
Florenz und Neapel gepflogen worden. Auch dem Ministerium Capponi
(seit dem 18. August) war es ein Hauptanliegen, Neapel für die Idee des
Bundes zu gewinnen. Der Minister des Auswärtigen, Gaetano Giorgint,
schickte am 24. August einen eigenen Bevollmächtigten, den Senator Griffoli,
zu diesem Zweck nach Neapel. In den Instruktionen, die der Gesandte er¬
hielt, war Alles, was für einen politischen Bund sprach, geschickt zusammen¬
gestellt und für Neapel insbesondere die verlockendsten Aussichten gezeigt, vor
Allem aber die Eifersucht des Königs auf Karl Albert, gehörig ins Spiel
gezogen. Zunächst wurde von Neapel die principielle Zustimmung zu einem
Congreß, der über die Zukunft Italiens entscheiden solle, und die Ernennung
eines Specialbevollmächtigten zur Vorberathung dieses Congresses verlangt.

Griffoli nahm seinen Weg über Rom und sprach hier den Papst, der
ihm seine Freude über die Wiederaufnahme der Verhandlungen ausdrückte.
Dagegen fand er den Kardinalstaatssecretär Antonelli und den Mgr. Cor-
boli völlig überzeugt, daß seine Mission vergeblich sei, da Neapel schon zu
tief mit Oestreich sich eingelassen habe.

In der That nahm der Fürst Cariati die Eröffnungen des toscanischen


den verantwortlichen Ministern Rechenschaft über die abgeschlossenen Verträge
zu verlangen. Diese Note Villamarka's war vom 21. October. Am fol¬
genden Tage trat in Florenz das neue Ministerium Montanelli ins Amt,
und damit nahmen die Verhandlungen eine neue Wendung.

Inzwischen waren noch besondere Verhandlungen mit Neapel nebenher¬
gelaufen. Piemont selbst hatte sich Neapel zu nähern versucht. Daß Karl
Albert die ihm für den Herzog von Genua angebotene Krone Siciliens aus¬
geschlagen hatte, schien zur Hoffnung auf das Entgegenkommen des Königs
Ferdinand zu berechtigen. Schon am 28. August richtete der Minister Percone
eine Note nach Neapel, welche hervorhob, daß Piemont sich aller Einmischung
in die sicilischen Dinge enthalten habe, und zugleich den Hof von Neapel zu
einem politischen Bündniß mit Piemont im Interesse der nationalen Unabhängig¬
keit einlud. Von Erfolg war dieser Schritt nicht, das gegenseitige Mißtrauen
lähmte jede Verhandlung. Von Seite Neapels behauptete man, der Verzicht
Karl Alberts auf Sicilien sei nicht bündig genug, und auf piemontesischer
Seite hatte man Grund zu vermuthen, daß zwischen den Höfen von Rom
und Neapel über einen Bund mit Ausschluß Piemonts verhandelt werde.
Jedenfalls machte Rossi aus dem Beitritt Neapels eine Hauptbedingung für
das Zustandekommen der Conföderation, er brauchte Neapel als Gegengewicht
gegen die Politik Karl Albert's, während dagegen Percone den König Fer¬
dinand einen falschen Bruder nannte und erklärte, sein Beitritt sei nur
eine östreichische Intrigue, um den Bund zu sprengen.

Dagegen waren in dieser Zeit sehr lebhafte Verhandlungen zwischen
Florenz und Neapel gepflogen worden. Auch dem Ministerium Capponi
(seit dem 18. August) war es ein Hauptanliegen, Neapel für die Idee des
Bundes zu gewinnen. Der Minister des Auswärtigen, Gaetano Giorgint,
schickte am 24. August einen eigenen Bevollmächtigten, den Senator Griffoli,
zu diesem Zweck nach Neapel. In den Instruktionen, die der Gesandte er¬
hielt, war Alles, was für einen politischen Bund sprach, geschickt zusammen¬
gestellt und für Neapel insbesondere die verlockendsten Aussichten gezeigt, vor
Allem aber die Eifersucht des Königs auf Karl Albert, gehörig ins Spiel
gezogen. Zunächst wurde von Neapel die principielle Zustimmung zu einem
Congreß, der über die Zukunft Italiens entscheiden solle, und die Ernennung
eines Specialbevollmächtigten zur Vorberathung dieses Congresses verlangt.

Griffoli nahm seinen Weg über Rom und sprach hier den Papst, der
ihm seine Freude über die Wiederaufnahme der Verhandlungen ausdrückte.
Dagegen fand er den Kardinalstaatssecretär Antonelli und den Mgr. Cor-
boli völlig überzeugt, daß seine Mission vergeblich sei, da Neapel schon zu
tief mit Oestreich sich eingelassen habe.

In der That nahm der Fürst Cariati die Eröffnungen des toscanischen


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[0384] den verantwortlichen Ministern Rechenschaft über die abgeschlossenen Verträge zu verlangen. Diese Note Villamarka's war vom 21. October. Am fol¬ genden Tage trat in Florenz das neue Ministerium Montanelli ins Amt, und damit nahmen die Verhandlungen eine neue Wendung. Inzwischen waren noch besondere Verhandlungen mit Neapel nebenher¬ gelaufen. Piemont selbst hatte sich Neapel zu nähern versucht. Daß Karl Albert die ihm für den Herzog von Genua angebotene Krone Siciliens aus¬ geschlagen hatte, schien zur Hoffnung auf das Entgegenkommen des Königs Ferdinand zu berechtigen. Schon am 28. August richtete der Minister Percone eine Note nach Neapel, welche hervorhob, daß Piemont sich aller Einmischung in die sicilischen Dinge enthalten habe, und zugleich den Hof von Neapel zu einem politischen Bündniß mit Piemont im Interesse der nationalen Unabhängig¬ keit einlud. Von Erfolg war dieser Schritt nicht, das gegenseitige Mißtrauen lähmte jede Verhandlung. Von Seite Neapels behauptete man, der Verzicht Karl Alberts auf Sicilien sei nicht bündig genug, und auf piemontesischer Seite hatte man Grund zu vermuthen, daß zwischen den Höfen von Rom und Neapel über einen Bund mit Ausschluß Piemonts verhandelt werde. Jedenfalls machte Rossi aus dem Beitritt Neapels eine Hauptbedingung für das Zustandekommen der Conföderation, er brauchte Neapel als Gegengewicht gegen die Politik Karl Albert's, während dagegen Percone den König Fer¬ dinand einen falschen Bruder nannte und erklärte, sein Beitritt sei nur eine östreichische Intrigue, um den Bund zu sprengen. Dagegen waren in dieser Zeit sehr lebhafte Verhandlungen zwischen Florenz und Neapel gepflogen worden. Auch dem Ministerium Capponi (seit dem 18. August) war es ein Hauptanliegen, Neapel für die Idee des Bundes zu gewinnen. Der Minister des Auswärtigen, Gaetano Giorgint, schickte am 24. August einen eigenen Bevollmächtigten, den Senator Griffoli, zu diesem Zweck nach Neapel. In den Instruktionen, die der Gesandte er¬ hielt, war Alles, was für einen politischen Bund sprach, geschickt zusammen¬ gestellt und für Neapel insbesondere die verlockendsten Aussichten gezeigt, vor Allem aber die Eifersucht des Königs auf Karl Albert, gehörig ins Spiel gezogen. Zunächst wurde von Neapel die principielle Zustimmung zu einem Congreß, der über die Zukunft Italiens entscheiden solle, und die Ernennung eines Specialbevollmächtigten zur Vorberathung dieses Congresses verlangt. Griffoli nahm seinen Weg über Rom und sprach hier den Papst, der ihm seine Freude über die Wiederaufnahme der Verhandlungen ausdrückte. Dagegen fand er den Kardinalstaatssecretär Antonelli und den Mgr. Cor- boli völlig überzeugt, daß seine Mission vergeblich sei, da Neapel schon zu tief mit Oestreich sich eingelassen habe. In der That nahm der Fürst Cariati die Eröffnungen des toscanischen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121220/384>, abgerufen am 24.08.2024.