Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band.Seitdem scheint die Regierung mehr und mehr ihr Augenmerk auf die Die Vertreter eines solchen Standes gedenkt die Regierung neben denen Es liegt kein Grund vor, anzunehmen, daß die Regierung dieses in den Glieder bezeichnet find, die allerwesentlichsten Requisiten nicht, welche einen Stand als
solchen kennzeichnen. Wir neben zu. daß die Entstehung eines dritten Standes vielleicht schon jetzt in manchen Ausbildungen der Verhältnisse als in Zukunft bevorstehend angedeutet sein mag. und daß solche Ausbildung nicht übersehen, vielmehr durch die aus ander" Rücksichten empfohlenen Maßregeln zur Fixirung des Grundbesitzes, zur Förderung lebendigen Gemeinwesens und zur Heranbildung selbständiger Obrigkeiten in richtige Bahnen gelenkt werden müsse, doch erscheint es uns weder rathsam. noch möglich, vorweg durch die Gesetzgebung einen Stand zu creiren, der noch nicht in Wirklichkeit naturwüchsig vorhanden ist." Seitdem scheint die Regierung mehr und mehr ihr Augenmerk auf die Die Vertreter eines solchen Standes gedenkt die Regierung neben denen Es liegt kein Grund vor, anzunehmen, daß die Regierung dieses in den Glieder bezeichnet find, die allerwesentlichsten Requisiten nicht, welche einen Stand als
solchen kennzeichnen. Wir neben zu. daß die Entstehung eines dritten Standes vielleicht schon jetzt in manchen Ausbildungen der Verhältnisse als in Zukunft bevorstehend angedeutet sein mag. und daß solche Ausbildung nicht übersehen, vielmehr durch die aus ander» Rücksichten empfohlenen Maßregeln zur Fixirung des Grundbesitzes, zur Förderung lebendigen Gemeinwesens und zur Heranbildung selbständiger Obrigkeiten in richtige Bahnen gelenkt werden müsse, doch erscheint es uns weder rathsam. noch möglich, vorweg durch die Gesetzgebung einen Stand zu creiren, der noch nicht in Wirklichkeit naturwüchsig vorhanden ist." <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0030" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/121251"/> <p xml:id="ID_109"> Seitdem scheint die Regierung mehr und mehr ihr Augenmerk auf die<lb/> Schaffung eines Bauernstandes concentrirt zu haben, zunächst für das Do-<lb/> manium. Schon im Jahre 1865 wurde eine Gemeindeordnung für die Do-<lb/> manialortschaften publicirt, um den zu schaffenden ländlichen Gemeinden<lb/> einen Grad politischer Selbständigkeit zu gewähren, die völlig mit den bisher<lb/> befolgten Principien der Bevormundung und Centralisation brach. Aber den<lb/> Ausführung derselben blieb einstweilen suspendirt, und sie soll es bleiben, bis<lb/> die Vererbpachtung durchgeführt ist. Dann freilich, wenn dies geschehen und die<lb/> beabsichtigte Gemeindeordnung ins Leben tritt, dürften, — vorausgesetzt, daß<lb/> die Vererbpachtung in einer den materiellen Interessen der Bauern genügende<lb/> Rechnung tragenden Weise geschieht — alle Vorbedingungen gegeben sein,<lb/> unter den neuen Erbpächtern, um deren Hufe sich die Gemeinden zusammen¬<lb/> schließen sollen, bald eine Art Standesbewußtsein zu wecken, und der so ge¬<lb/> bildete Bauernstand dürfte bald die Spuren seiner künstlich hervorgerufenen<lb/> Bildung mehr und mehr verwischen.</p><lb/> <p xml:id="ID_110"> Die Vertreter eines solchen Standes gedenkt die Regierung neben denen<lb/> der Ritter- und Landschaft in die reorganisirte Ständeversammlung zu führen,<lb/> und glaubt damit genug gethan zu haben, die Forderung von Tausenden und<lb/> aber Tausenden, die Forderung des Landes nach einer Verfassungsresorm zu<lb/> erledigen. Und schwerlich wird sie darauf warten, bis der Bauernstand zur<lb/> wirklichen Entwickelung gediehen ist. Es wird ihr genügen, die Stände auf<lb/> die durch die jetzigen Maßregeln geschaffenen Anfänge zu verweisen, um von<lb/> ihnen das Zugeständnis zu erlangen, daß auch den Bauern bei fortschreiten¬<lb/> der Entwickelung ihrer Verhältnisse Sitz und Stimme auf den Landtagen<lb/> eingeräumt werden soll; gleichzeitig wird sie dahin streben, die Ritterschaft<lb/> zu veranlassen, sich durch Deputirte aus ihrer Mitte vertreten zu lassen, und<lb/> die Landschaft, den Bürgern neben den Deputirten der Magistrate eine Bank<lb/> im Ständesaal einzuräumen, und — die Entwickelung und Fortbildung der<lb/> Verfassung wäre vollendet, das ständische Princip gewahrt und das Laud<lb/> — mit einer erneuerten Auflage des landesgrundgesetzlichen Erbvergleichs<lb/> beglückt.</p><lb/> <p xml:id="ID_111"> Es liegt kein Grund vor, anzunehmen, daß die Regierung dieses in</p><lb/> <note xml:id="FID_3" prev="#FID_2" place="foot"> <p xml:id="ID_112"> den Glieder bezeichnet find, die allerwesentlichsten Requisiten nicht, welche einen Stand als<lb/> solchen kennzeichnen.</p> <p xml:id="ID_113" next="#ID_114"> Wir neben zu. daß die Entstehung eines dritten Standes vielleicht schon jetzt in manchen<lb/> Ausbildungen der Verhältnisse als in Zukunft bevorstehend angedeutet sein mag. und daß<lb/> solche Ausbildung nicht übersehen, vielmehr durch die aus ander» Rücksichten empfohlenen<lb/> Maßregeln zur Fixirung des Grundbesitzes, zur Förderung lebendigen Gemeinwesens und zur<lb/> Heranbildung selbständiger Obrigkeiten in richtige Bahnen gelenkt werden müsse, doch erscheint<lb/> es uns weder rathsam. noch möglich, vorweg durch die Gesetzgebung einen Stand zu creiren,<lb/> der noch nicht in Wirklichkeit naturwüchsig vorhanden ist."</p> </note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0030]
Seitdem scheint die Regierung mehr und mehr ihr Augenmerk auf die
Schaffung eines Bauernstandes concentrirt zu haben, zunächst für das Do-
manium. Schon im Jahre 1865 wurde eine Gemeindeordnung für die Do-
manialortschaften publicirt, um den zu schaffenden ländlichen Gemeinden
einen Grad politischer Selbständigkeit zu gewähren, die völlig mit den bisher
befolgten Principien der Bevormundung und Centralisation brach. Aber den
Ausführung derselben blieb einstweilen suspendirt, und sie soll es bleiben, bis
die Vererbpachtung durchgeführt ist. Dann freilich, wenn dies geschehen und die
beabsichtigte Gemeindeordnung ins Leben tritt, dürften, — vorausgesetzt, daß
die Vererbpachtung in einer den materiellen Interessen der Bauern genügende
Rechnung tragenden Weise geschieht — alle Vorbedingungen gegeben sein,
unter den neuen Erbpächtern, um deren Hufe sich die Gemeinden zusammen¬
schließen sollen, bald eine Art Standesbewußtsein zu wecken, und der so ge¬
bildete Bauernstand dürfte bald die Spuren seiner künstlich hervorgerufenen
Bildung mehr und mehr verwischen.
Die Vertreter eines solchen Standes gedenkt die Regierung neben denen
der Ritter- und Landschaft in die reorganisirte Ständeversammlung zu führen,
und glaubt damit genug gethan zu haben, die Forderung von Tausenden und
aber Tausenden, die Forderung des Landes nach einer Verfassungsresorm zu
erledigen. Und schwerlich wird sie darauf warten, bis der Bauernstand zur
wirklichen Entwickelung gediehen ist. Es wird ihr genügen, die Stände auf
die durch die jetzigen Maßregeln geschaffenen Anfänge zu verweisen, um von
ihnen das Zugeständnis zu erlangen, daß auch den Bauern bei fortschreiten¬
der Entwickelung ihrer Verhältnisse Sitz und Stimme auf den Landtagen
eingeräumt werden soll; gleichzeitig wird sie dahin streben, die Ritterschaft
zu veranlassen, sich durch Deputirte aus ihrer Mitte vertreten zu lassen, und
die Landschaft, den Bürgern neben den Deputirten der Magistrate eine Bank
im Ständesaal einzuräumen, und — die Entwickelung und Fortbildung der
Verfassung wäre vollendet, das ständische Princip gewahrt und das Laud
— mit einer erneuerten Auflage des landesgrundgesetzlichen Erbvergleichs
beglückt.
Es liegt kein Grund vor, anzunehmen, daß die Regierung dieses in
den Glieder bezeichnet find, die allerwesentlichsten Requisiten nicht, welche einen Stand als
solchen kennzeichnen.
Wir neben zu. daß die Entstehung eines dritten Standes vielleicht schon jetzt in manchen
Ausbildungen der Verhältnisse als in Zukunft bevorstehend angedeutet sein mag. und daß
solche Ausbildung nicht übersehen, vielmehr durch die aus ander» Rücksichten empfohlenen
Maßregeln zur Fixirung des Grundbesitzes, zur Förderung lebendigen Gemeinwesens und zur
Heranbildung selbständiger Obrigkeiten in richtige Bahnen gelenkt werden müsse, doch erscheint
es uns weder rathsam. noch möglich, vorweg durch die Gesetzgebung einen Stand zu creiren,
der noch nicht in Wirklichkeit naturwüchsig vorhanden ist."
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