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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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des Marineministeriums die Anmeldungen schon mehr als den Bedarf der
beiden nächsten Jahre. Da auf schleunige Vermehrung der Stammmann¬
schaften sehr viel ankommt, scheint uns nothwendig, die Zahl der Auf¬
zunehmenden sofort bedeutend zu vergrößern und für ihre Ausbildung sofort
noch eine Segelbrigg von einer fremden Flotte, z. B. der englischen, an¬
zukaufen. Die Kosten der vierten Brigg und der vermehrten Einstellung
von Schiffsjungen würden sich übrigens zum Theil dadurch decken lassen, daß
man die Errichtung der jetzt noch unnöthigen 5. Compagnie des Seebataillons
unterließe. Uebrigens gehört die Schiffsjungenabtheilung, welche in mehrere
Compagnien zerfällt und den Unterofficierschulen der Landarmee entspricht,
zur Flottenstammdivision und steht also nur mittelbar unter dem Stations-
commando, während sie früher als Schiffsjungendivision ebenso wie der da¬
malige Stab der Marinereserve und Seewehr direct unter diesem Commando
stand. Bet den als Schiffsjungen eingetretenen Leuten erfolgt die Vereidi¬
gung erst nach Ablauf des zweiten Jahres, sie treten dann unter die Mili-
tairgesetze und ein Rücktritt ist von da ab nicht mehr statthaft. An der Be¬
fähigung der jungen Leute zum Seedienst ist, obwohl sie meist aus dem
Binnenlande stammen, bei ihrer langen Vorbildung auf See nicht zu zwei¬
feln; dies lehrt nicht blos der Erfolg bei der Kriegsmarine, sondern auch die
Erfahrung der Handelsmarine, bei welcher ein großer Theil und oft der
tüchtigste Theil der Bemannung aus dem Binnenlande gebürtig ist, wie ja
auch die zahlreich zuströmenden Zöglinge der bewährten deutschen Seemanns¬
schule in Hamburg zum größten Theil Binnenländer sind. Bei einer Stärke
von 562 Schiffsjungen, wie sie der Flottenentwickelungsplan von 1865 in
Aussicht nimmt, würde (mit Anrechnung des unvermeidlichen Abgangs)
die Stärke jedes der drei Jahrgänge sich auf etwa 180 Köpfe belaufen, mit¬
hin die Stärke der Stammmannschaft von dem Moment ab, wo auch der
älteste der zwölf Jahrgänge die volle Einstellungsstärke hat. etwa 2000
Mann betragen. Wie oben nachgewiesen, ist diese Stärke ebenso wenig hin¬
reichend, als der jetzige Ersatz, wo der Jahrgang nur etwa 100 Köpfe liefert.
Allein für die Bemannung der jetzt vorhandenen Flotte sind nach den oben
aufgestellten Berechnungen 5720 Köpfe (ohne die Deckosficiere) nöthig, und
für die vom Flottenentwickelungsplan 1865 in Aussicht genommene Stärke
sogar 13.800 Köpfe; es ergibt sich also für die jetzige Flotte ein Bedarf an
Stammmannschaften von zusammen wenigstens 2860 Köpfen, für die künftige
Flotte ein Bedarf von wenigstens 6900 Köpfen, so daß für letztere eine jähr¬
liche Einstellung von 580 Schiffsjungen und eine Etatsstärke von etwa 1750
Schiffsjungen nothwendig ist.

Je zahlreicher die Stammmannschaft ist, desto mehr vermindert sich
erstens die Chance für den eingezogenen Matrosen, zu einer dreijährigen Ex-


des Marineministeriums die Anmeldungen schon mehr als den Bedarf der
beiden nächsten Jahre. Da auf schleunige Vermehrung der Stammmann¬
schaften sehr viel ankommt, scheint uns nothwendig, die Zahl der Auf¬
zunehmenden sofort bedeutend zu vergrößern und für ihre Ausbildung sofort
noch eine Segelbrigg von einer fremden Flotte, z. B. der englischen, an¬
zukaufen. Die Kosten der vierten Brigg und der vermehrten Einstellung
von Schiffsjungen würden sich übrigens zum Theil dadurch decken lassen, daß
man die Errichtung der jetzt noch unnöthigen 5. Compagnie des Seebataillons
unterließe. Uebrigens gehört die Schiffsjungenabtheilung, welche in mehrere
Compagnien zerfällt und den Unterofficierschulen der Landarmee entspricht,
zur Flottenstammdivision und steht also nur mittelbar unter dem Stations-
commando, während sie früher als Schiffsjungendivision ebenso wie der da¬
malige Stab der Marinereserve und Seewehr direct unter diesem Commando
stand. Bet den als Schiffsjungen eingetretenen Leuten erfolgt die Vereidi¬
gung erst nach Ablauf des zweiten Jahres, sie treten dann unter die Mili-
tairgesetze und ein Rücktritt ist von da ab nicht mehr statthaft. An der Be¬
fähigung der jungen Leute zum Seedienst ist, obwohl sie meist aus dem
Binnenlande stammen, bei ihrer langen Vorbildung auf See nicht zu zwei¬
feln; dies lehrt nicht blos der Erfolg bei der Kriegsmarine, sondern auch die
Erfahrung der Handelsmarine, bei welcher ein großer Theil und oft der
tüchtigste Theil der Bemannung aus dem Binnenlande gebürtig ist, wie ja
auch die zahlreich zuströmenden Zöglinge der bewährten deutschen Seemanns¬
schule in Hamburg zum größten Theil Binnenländer sind. Bei einer Stärke
von 562 Schiffsjungen, wie sie der Flottenentwickelungsplan von 1865 in
Aussicht nimmt, würde (mit Anrechnung des unvermeidlichen Abgangs)
die Stärke jedes der drei Jahrgänge sich auf etwa 180 Köpfe belaufen, mit¬
hin die Stärke der Stammmannschaft von dem Moment ab, wo auch der
älteste der zwölf Jahrgänge die volle Einstellungsstärke hat. etwa 2000
Mann betragen. Wie oben nachgewiesen, ist diese Stärke ebenso wenig hin¬
reichend, als der jetzige Ersatz, wo der Jahrgang nur etwa 100 Köpfe liefert.
Allein für die Bemannung der jetzt vorhandenen Flotte sind nach den oben
aufgestellten Berechnungen 5720 Köpfe (ohne die Deckosficiere) nöthig, und
für die vom Flottenentwickelungsplan 1865 in Aussicht genommene Stärke
sogar 13.800 Köpfe; es ergibt sich also für die jetzige Flotte ein Bedarf an
Stammmannschaften von zusammen wenigstens 2860 Köpfen, für die künftige
Flotte ein Bedarf von wenigstens 6900 Köpfen, so daß für letztere eine jähr¬
liche Einstellung von 580 Schiffsjungen und eine Etatsstärke von etwa 1750
Schiffsjungen nothwendig ist.

Je zahlreicher die Stammmannschaft ist, desto mehr vermindert sich
erstens die Chance für den eingezogenen Matrosen, zu einer dreijährigen Ex-


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[0468] des Marineministeriums die Anmeldungen schon mehr als den Bedarf der beiden nächsten Jahre. Da auf schleunige Vermehrung der Stammmann¬ schaften sehr viel ankommt, scheint uns nothwendig, die Zahl der Auf¬ zunehmenden sofort bedeutend zu vergrößern und für ihre Ausbildung sofort noch eine Segelbrigg von einer fremden Flotte, z. B. der englischen, an¬ zukaufen. Die Kosten der vierten Brigg und der vermehrten Einstellung von Schiffsjungen würden sich übrigens zum Theil dadurch decken lassen, daß man die Errichtung der jetzt noch unnöthigen 5. Compagnie des Seebataillons unterließe. Uebrigens gehört die Schiffsjungenabtheilung, welche in mehrere Compagnien zerfällt und den Unterofficierschulen der Landarmee entspricht, zur Flottenstammdivision und steht also nur mittelbar unter dem Stations- commando, während sie früher als Schiffsjungendivision ebenso wie der da¬ malige Stab der Marinereserve und Seewehr direct unter diesem Commando stand. Bet den als Schiffsjungen eingetretenen Leuten erfolgt die Vereidi¬ gung erst nach Ablauf des zweiten Jahres, sie treten dann unter die Mili- tairgesetze und ein Rücktritt ist von da ab nicht mehr statthaft. An der Be¬ fähigung der jungen Leute zum Seedienst ist, obwohl sie meist aus dem Binnenlande stammen, bei ihrer langen Vorbildung auf See nicht zu zwei¬ feln; dies lehrt nicht blos der Erfolg bei der Kriegsmarine, sondern auch die Erfahrung der Handelsmarine, bei welcher ein großer Theil und oft der tüchtigste Theil der Bemannung aus dem Binnenlande gebürtig ist, wie ja auch die zahlreich zuströmenden Zöglinge der bewährten deutschen Seemanns¬ schule in Hamburg zum größten Theil Binnenländer sind. Bei einer Stärke von 562 Schiffsjungen, wie sie der Flottenentwickelungsplan von 1865 in Aussicht nimmt, würde (mit Anrechnung des unvermeidlichen Abgangs) die Stärke jedes der drei Jahrgänge sich auf etwa 180 Köpfe belaufen, mit¬ hin die Stärke der Stammmannschaft von dem Moment ab, wo auch der älteste der zwölf Jahrgänge die volle Einstellungsstärke hat. etwa 2000 Mann betragen. Wie oben nachgewiesen, ist diese Stärke ebenso wenig hin¬ reichend, als der jetzige Ersatz, wo der Jahrgang nur etwa 100 Köpfe liefert. Allein für die Bemannung der jetzt vorhandenen Flotte sind nach den oben aufgestellten Berechnungen 5720 Köpfe (ohne die Deckosficiere) nöthig, und für die vom Flottenentwickelungsplan 1865 in Aussicht genommene Stärke sogar 13.800 Köpfe; es ergibt sich also für die jetzige Flotte ein Bedarf an Stammmannschaften von zusammen wenigstens 2860 Köpfen, für die künftige Flotte ein Bedarf von wenigstens 6900 Köpfen, so daß für letztere eine jähr¬ liche Einstellung von 580 Schiffsjungen und eine Etatsstärke von etwa 1750 Schiffsjungen nothwendig ist. Je zahlreicher die Stammmannschaft ist, desto mehr vermindert sich erstens die Chance für den eingezogenen Matrosen, zu einer dreijährigen Ex-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/468>, abgerufen am 25.07.2024.