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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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für die Sache des großen deutschen Vaterlandes und die freie innere Ent¬
wickelung Badens einzustehen. Die patriotische und schwungvolle Rede, mit
welcher der Abgeordnete Kiefer den Entwurf einer Adresse an den Gro߬
herzog befürwortete, fand einen Wiederhall an der bewegten Ansprache, mit
der Professor von Treitschke aufforderte, allen Parteihader zu vergessen, die
in warmer, deutscher Weise gebotene Hand zu einmüthiger Arbeit für den
deutschen Staat und seine freiheitliche Entwickelung, in gleicher Gesinnung zu
ergreifen und die Adresse einfach anzunehmen. Diese Adresse, die sofort ein¬
stimmig gebilligt wurde, betont, wie das badische Volk die Fortschritte
zu würdigen wisse, welche seit 1860 durch die liberale Politik des Groß-
herzogs Friedrich auf allen Gebieten des Staats gemacht wurden, sie
verbreitet sich über die weiteren Reformen, die zunächst das Wohl des Lan¬
des zu erfordern scheine, und betheuert, daß Baden unverrückt an dem Ziele
festhalte, eine staatliche Verbindung mit dem Norden zu erreichen und den
Verlockungen einer Partei kein Gehör geben werde, die als patriotische
Pflicht anpreise, die Sache des Vaterlandes inmitten der ernsten Gefahren
der Gegenwart der Wehrlosigkeit zu überliefern. Der Großherzog möge, wie
im Jahre 1860, so auch jetzt dem edlen und guten Geist des getreuen Volkes
vertrauen und alle patriotischen Kräfte zu freudigem Zusammenwirken auf¬
rufen; dieser erhabene Ruf werde, wie immer, einen gewaltigen Wiederhall
im Lande finden, und die Bestimmung Badens, in furchtloser Treue zur großen
Sache des einheitlichen deutschen Staates zu stehen, werde im Herzen des Volkes
eine mächtige und dauernde Stärkung empfangen. Die gleichzeitig geneh¬
migten Resolutionen sichern der Regierung volle Unterstützung zu und stellen
die Grundzüge zu einer Organisation der Partei fest. Der hohe und freu¬
dige Ernst, der die ganze Versammlung durchdrang, berechtigt aber auch zu
der Hoffnung, daß nicht nur eine plötzliche Erregung und die Anforderungen
der augenblicklichen Lage die Einigung vollbracht haben, daß vielmehr auf
allen Seiten die redliche Absicht besteht, in dieser Einigung zu beharren und
mit gegenseitigem Vertrauen zu einer ehrenvollen Lösung der unserem Lande
gestellten politischen Aufgabe mitzuhelfen. Wie diese Gesinnung aber auch
von unserem verehrten Fürsten getheilt wird, möge der Inhalt des an den
Staatsminister Jolly gerichteten Handschreibens erweisen, das soeben als Be¬
antwortung der Offenburger Adresse zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird.

"Mit aufrichtiger Befriedigung empfing ich heute die Adresse, welche die
aus allen Theilen des Landes in Offenburg versammelten Männer am
23. Mai beschlossen haben. Indem ich Ihnen dieselbe zur Mittheilung an
das Staatsministerium übersende, beauftrage ich Sie. den Unterzeichnern der
Adresse auszusprechen, wie dankbar ich die hingebende, thatkräftige Unter¬
stützung schätze, welche sie, mit Hintansetzung jeder anderen Rücksicht, für die


für die Sache des großen deutschen Vaterlandes und die freie innere Ent¬
wickelung Badens einzustehen. Die patriotische und schwungvolle Rede, mit
welcher der Abgeordnete Kiefer den Entwurf einer Adresse an den Gro߬
herzog befürwortete, fand einen Wiederhall an der bewegten Ansprache, mit
der Professor von Treitschke aufforderte, allen Parteihader zu vergessen, die
in warmer, deutscher Weise gebotene Hand zu einmüthiger Arbeit für den
deutschen Staat und seine freiheitliche Entwickelung, in gleicher Gesinnung zu
ergreifen und die Adresse einfach anzunehmen. Diese Adresse, die sofort ein¬
stimmig gebilligt wurde, betont, wie das badische Volk die Fortschritte
zu würdigen wisse, welche seit 1860 durch die liberale Politik des Groß-
herzogs Friedrich auf allen Gebieten des Staats gemacht wurden, sie
verbreitet sich über die weiteren Reformen, die zunächst das Wohl des Lan¬
des zu erfordern scheine, und betheuert, daß Baden unverrückt an dem Ziele
festhalte, eine staatliche Verbindung mit dem Norden zu erreichen und den
Verlockungen einer Partei kein Gehör geben werde, die als patriotische
Pflicht anpreise, die Sache des Vaterlandes inmitten der ernsten Gefahren
der Gegenwart der Wehrlosigkeit zu überliefern. Der Großherzog möge, wie
im Jahre 1860, so auch jetzt dem edlen und guten Geist des getreuen Volkes
vertrauen und alle patriotischen Kräfte zu freudigem Zusammenwirken auf¬
rufen; dieser erhabene Ruf werde, wie immer, einen gewaltigen Wiederhall
im Lande finden, und die Bestimmung Badens, in furchtloser Treue zur großen
Sache des einheitlichen deutschen Staates zu stehen, werde im Herzen des Volkes
eine mächtige und dauernde Stärkung empfangen. Die gleichzeitig geneh¬
migten Resolutionen sichern der Regierung volle Unterstützung zu und stellen
die Grundzüge zu einer Organisation der Partei fest. Der hohe und freu¬
dige Ernst, der die ganze Versammlung durchdrang, berechtigt aber auch zu
der Hoffnung, daß nicht nur eine plötzliche Erregung und die Anforderungen
der augenblicklichen Lage die Einigung vollbracht haben, daß vielmehr auf
allen Seiten die redliche Absicht besteht, in dieser Einigung zu beharren und
mit gegenseitigem Vertrauen zu einer ehrenvollen Lösung der unserem Lande
gestellten politischen Aufgabe mitzuhelfen. Wie diese Gesinnung aber auch
von unserem verehrten Fürsten getheilt wird, möge der Inhalt des an den
Staatsminister Jolly gerichteten Handschreibens erweisen, das soeben als Be¬
antwortung der Offenburger Adresse zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird.

„Mit aufrichtiger Befriedigung empfing ich heute die Adresse, welche die
aus allen Theilen des Landes in Offenburg versammelten Männer am
23. Mai beschlossen haben. Indem ich Ihnen dieselbe zur Mittheilung an
das Staatsministerium übersende, beauftrage ich Sie. den Unterzeichnern der
Adresse auszusprechen, wie dankbar ich die hingebende, thatkräftige Unter¬
stützung schätze, welche sie, mit Hintansetzung jeder anderen Rücksicht, für die


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[0437] für die Sache des großen deutschen Vaterlandes und die freie innere Ent¬ wickelung Badens einzustehen. Die patriotische und schwungvolle Rede, mit welcher der Abgeordnete Kiefer den Entwurf einer Adresse an den Gro߬ herzog befürwortete, fand einen Wiederhall an der bewegten Ansprache, mit der Professor von Treitschke aufforderte, allen Parteihader zu vergessen, die in warmer, deutscher Weise gebotene Hand zu einmüthiger Arbeit für den deutschen Staat und seine freiheitliche Entwickelung, in gleicher Gesinnung zu ergreifen und die Adresse einfach anzunehmen. Diese Adresse, die sofort ein¬ stimmig gebilligt wurde, betont, wie das badische Volk die Fortschritte zu würdigen wisse, welche seit 1860 durch die liberale Politik des Groß- herzogs Friedrich auf allen Gebieten des Staats gemacht wurden, sie verbreitet sich über die weiteren Reformen, die zunächst das Wohl des Lan¬ des zu erfordern scheine, und betheuert, daß Baden unverrückt an dem Ziele festhalte, eine staatliche Verbindung mit dem Norden zu erreichen und den Verlockungen einer Partei kein Gehör geben werde, die als patriotische Pflicht anpreise, die Sache des Vaterlandes inmitten der ernsten Gefahren der Gegenwart der Wehrlosigkeit zu überliefern. Der Großherzog möge, wie im Jahre 1860, so auch jetzt dem edlen und guten Geist des getreuen Volkes vertrauen und alle patriotischen Kräfte zu freudigem Zusammenwirken auf¬ rufen; dieser erhabene Ruf werde, wie immer, einen gewaltigen Wiederhall im Lande finden, und die Bestimmung Badens, in furchtloser Treue zur großen Sache des einheitlichen deutschen Staates zu stehen, werde im Herzen des Volkes eine mächtige und dauernde Stärkung empfangen. Die gleichzeitig geneh¬ migten Resolutionen sichern der Regierung volle Unterstützung zu und stellen die Grundzüge zu einer Organisation der Partei fest. Der hohe und freu¬ dige Ernst, der die ganze Versammlung durchdrang, berechtigt aber auch zu der Hoffnung, daß nicht nur eine plötzliche Erregung und die Anforderungen der augenblicklichen Lage die Einigung vollbracht haben, daß vielmehr auf allen Seiten die redliche Absicht besteht, in dieser Einigung zu beharren und mit gegenseitigem Vertrauen zu einer ehrenvollen Lösung der unserem Lande gestellten politischen Aufgabe mitzuhelfen. Wie diese Gesinnung aber auch von unserem verehrten Fürsten getheilt wird, möge der Inhalt des an den Staatsminister Jolly gerichteten Handschreibens erweisen, das soeben als Be¬ antwortung der Offenburger Adresse zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird. „Mit aufrichtiger Befriedigung empfing ich heute die Adresse, welche die aus allen Theilen des Landes in Offenburg versammelten Männer am 23. Mai beschlossen haben. Indem ich Ihnen dieselbe zur Mittheilung an das Staatsministerium übersende, beauftrage ich Sie. den Unterzeichnern der Adresse auszusprechen, wie dankbar ich die hingebende, thatkräftige Unter¬ stützung schätze, welche sie, mit Hintansetzung jeder anderen Rücksicht, für die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/437>, abgerufen am 24.07.2024.