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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.

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Das mit 16 Säulen besetzte Peristyl des Pansa'schen Hauses hat die¬
selbe Breite wie das Atrium und die doppelte Länge, ist also genau noch
einmal so groß. Man wird überhaupt finden, wenn man sich die Mühe
nimmt, zu messen, daß die Maße der einzelnen Abtheilungen des Hauses
sehr genau auf einander bezogen sind, und das ist nicht der letzte Grund,
weshalb sein Inneres durchweg einen so angenehmen, wohlthuenden Eindruck
macht. Ich stelle noch einige lehrreiche Maße zusammen. Das Prothyrum,
der Gang, der von der Straße in das Atrium sührt, hat 3Vs Schritt Breite
und 7 Schritt Tiefe; das Tablinum ihm gegenüber hat die doppelte Breite bei
derselben Tiefe; der Oekus, dem Tablinum gegenüber, hat wieder die dop¬
pelte Breite des Tablinums, seine Tiefe aber ist die Breite des säulenumschlosse¬
nen freien Raumes innerhalb des Portikus, nämlich 10 Schritt. Wieder
genau die Hälfte davon beträgt sowol die Tiefe als die Breite der Schlaf¬
zimmer, welche auf den Portikus münden.

Im Peristyl nun konnte sich der ganze Geschmack und Prachtsinn des
Besitzers entfalten. Er konnte eine weit größere Anzahl von Säulen setzen,
als im Hause des Pansa geschehen, und schönere. So hat das Haus des
Meleager ein Peristyl von 24, das. des Labyrinthes von 30, das des Faun
von 28 Säulen, neben einem Garten, der mit einem Portikus von 42 Säu¬
len geschmückt ist. Er konnte die Wände mit reichen Gemälden schmücken,
wie wir deren im Hause des Adonis (verwundeten Adonis), im Hause des
Holkonius (Apollo und Daphnis, Hermaphrodit, Ariadne und Bacchus,
Paris' Urtheil, Rückkehr des Odysseus). im Hause des Apollo (Achill auf
Skyros in Mosaik, vortreffliche Malereien im Schlafzimmer), in dem des La¬
byrinthes (Theseus den Minotaur tödtend), in dem des Faun (wo die be¬
rühmte Alexanderschlacht gefunden wurde) und in manchen anderen noch an
Ort und Stelle erhalten sehen. Er konnte zwischen seine Säulen Statuen,
Hermen und Vasen setzen, und der langgestreckte Fischbehälter, der sich oft
mitten im Peristyl befindet, bot ihm zur Anlage von Wasserkünsten Ge¬
legenheit. Auch davon ist Einiges erhalten. So findet sich in dem alt¬
jüngferlich angelegten Gärtchen des Lucretius eine im geziertesten Geschmack
gehaltene Miniaturcascatelle, mit kleinsten Marmorfigürchen umstellt; man
sieht im Geiste den geschnittenen Buchsbaum, die bestreuten Wege, die bun¬
ten Fliesen dazu und fühlt sich, so klein die Anlage ist, unwillkürlich an
Versailles erinnert. Den schönsten Schmuck endlich konnten die farbenreichen
prachtvollen Pflanzen hinzuthun.

Es ist noch ein Wort von der Außenseite der Häuser zu sagen. Ich
habe schon erwähnt, daß der Thüreingang zur Wohnung des Pansa sieben
Schritte tief ist und in der Mitte der Front liegt; es müssen sich also da-
neben rechts und links einige Gemächer befinden. Diese gehörten nun zwar


Das mit 16 Säulen besetzte Peristyl des Pansa'schen Hauses hat die¬
selbe Breite wie das Atrium und die doppelte Länge, ist also genau noch
einmal so groß. Man wird überhaupt finden, wenn man sich die Mühe
nimmt, zu messen, daß die Maße der einzelnen Abtheilungen des Hauses
sehr genau auf einander bezogen sind, und das ist nicht der letzte Grund,
weshalb sein Inneres durchweg einen so angenehmen, wohlthuenden Eindruck
macht. Ich stelle noch einige lehrreiche Maße zusammen. Das Prothyrum,
der Gang, der von der Straße in das Atrium sührt, hat 3Vs Schritt Breite
und 7 Schritt Tiefe; das Tablinum ihm gegenüber hat die doppelte Breite bei
derselben Tiefe; der Oekus, dem Tablinum gegenüber, hat wieder die dop¬
pelte Breite des Tablinums, seine Tiefe aber ist die Breite des säulenumschlosse¬
nen freien Raumes innerhalb des Portikus, nämlich 10 Schritt. Wieder
genau die Hälfte davon beträgt sowol die Tiefe als die Breite der Schlaf¬
zimmer, welche auf den Portikus münden.

Im Peristyl nun konnte sich der ganze Geschmack und Prachtsinn des
Besitzers entfalten. Er konnte eine weit größere Anzahl von Säulen setzen,
als im Hause des Pansa geschehen, und schönere. So hat das Haus des
Meleager ein Peristyl von 24, das. des Labyrinthes von 30, das des Faun
von 28 Säulen, neben einem Garten, der mit einem Portikus von 42 Säu¬
len geschmückt ist. Er konnte die Wände mit reichen Gemälden schmücken,
wie wir deren im Hause des Adonis (verwundeten Adonis), im Hause des
Holkonius (Apollo und Daphnis, Hermaphrodit, Ariadne und Bacchus,
Paris' Urtheil, Rückkehr des Odysseus). im Hause des Apollo (Achill auf
Skyros in Mosaik, vortreffliche Malereien im Schlafzimmer), in dem des La¬
byrinthes (Theseus den Minotaur tödtend), in dem des Faun (wo die be¬
rühmte Alexanderschlacht gefunden wurde) und in manchen anderen noch an
Ort und Stelle erhalten sehen. Er konnte zwischen seine Säulen Statuen,
Hermen und Vasen setzen, und der langgestreckte Fischbehälter, der sich oft
mitten im Peristyl befindet, bot ihm zur Anlage von Wasserkünsten Ge¬
legenheit. Auch davon ist Einiges erhalten. So findet sich in dem alt¬
jüngferlich angelegten Gärtchen des Lucretius eine im geziertesten Geschmack
gehaltene Miniaturcascatelle, mit kleinsten Marmorfigürchen umstellt; man
sieht im Geiste den geschnittenen Buchsbaum, die bestreuten Wege, die bun¬
ten Fliesen dazu und fühlt sich, so klein die Anlage ist, unwillkürlich an
Versailles erinnert. Den schönsten Schmuck endlich konnten die farbenreichen
prachtvollen Pflanzen hinzuthun.

Es ist noch ein Wort von der Außenseite der Häuser zu sagen. Ich
habe schon erwähnt, daß der Thüreingang zur Wohnung des Pansa sieben
Schritte tief ist und in der Mitte der Front liegt; es müssen sich also da-
neben rechts und links einige Gemächer befinden. Diese gehörten nun zwar


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[0446] Das mit 16 Säulen besetzte Peristyl des Pansa'schen Hauses hat die¬ selbe Breite wie das Atrium und die doppelte Länge, ist also genau noch einmal so groß. Man wird überhaupt finden, wenn man sich die Mühe nimmt, zu messen, daß die Maße der einzelnen Abtheilungen des Hauses sehr genau auf einander bezogen sind, und das ist nicht der letzte Grund, weshalb sein Inneres durchweg einen so angenehmen, wohlthuenden Eindruck macht. Ich stelle noch einige lehrreiche Maße zusammen. Das Prothyrum, der Gang, der von der Straße in das Atrium sührt, hat 3Vs Schritt Breite und 7 Schritt Tiefe; das Tablinum ihm gegenüber hat die doppelte Breite bei derselben Tiefe; der Oekus, dem Tablinum gegenüber, hat wieder die dop¬ pelte Breite des Tablinums, seine Tiefe aber ist die Breite des säulenumschlosse¬ nen freien Raumes innerhalb des Portikus, nämlich 10 Schritt. Wieder genau die Hälfte davon beträgt sowol die Tiefe als die Breite der Schlaf¬ zimmer, welche auf den Portikus münden. Im Peristyl nun konnte sich der ganze Geschmack und Prachtsinn des Besitzers entfalten. Er konnte eine weit größere Anzahl von Säulen setzen, als im Hause des Pansa geschehen, und schönere. So hat das Haus des Meleager ein Peristyl von 24, das. des Labyrinthes von 30, das des Faun von 28 Säulen, neben einem Garten, der mit einem Portikus von 42 Säu¬ len geschmückt ist. Er konnte die Wände mit reichen Gemälden schmücken, wie wir deren im Hause des Adonis (verwundeten Adonis), im Hause des Holkonius (Apollo und Daphnis, Hermaphrodit, Ariadne und Bacchus, Paris' Urtheil, Rückkehr des Odysseus). im Hause des Apollo (Achill auf Skyros in Mosaik, vortreffliche Malereien im Schlafzimmer), in dem des La¬ byrinthes (Theseus den Minotaur tödtend), in dem des Faun (wo die be¬ rühmte Alexanderschlacht gefunden wurde) und in manchen anderen noch an Ort und Stelle erhalten sehen. Er konnte zwischen seine Säulen Statuen, Hermen und Vasen setzen, und der langgestreckte Fischbehälter, der sich oft mitten im Peristyl befindet, bot ihm zur Anlage von Wasserkünsten Ge¬ legenheit. Auch davon ist Einiges erhalten. So findet sich in dem alt¬ jüngferlich angelegten Gärtchen des Lucretius eine im geziertesten Geschmack gehaltene Miniaturcascatelle, mit kleinsten Marmorfigürchen umstellt; man sieht im Geiste den geschnittenen Buchsbaum, die bestreuten Wege, die bun¬ ten Fliesen dazu und fühlt sich, so klein die Anlage ist, unwillkürlich an Versailles erinnert. Den schönsten Schmuck endlich konnten die farbenreichen prachtvollen Pflanzen hinzuthun. Es ist noch ein Wort von der Außenseite der Häuser zu sagen. Ich habe schon erwähnt, daß der Thüreingang zur Wohnung des Pansa sieben Schritte tief ist und in der Mitte der Front liegt; es müssen sich also da- neben rechts und links einige Gemächer befinden. Diese gehörten nun zwar

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/446>, abgerufen am 28.09.2024.