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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.

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Hohlkugel, deren Basis sich wieder nach Außen krümmt, sodaß die Geschosse
nach außen zurückprallen sollten. Doch scheint es uns dann erst recht möglich,
daß das Geschoß in der Krümmung eine Stelle, trifft, von der es nicht zu¬
rückprallt. -- Neuerdings hat derselbe Fabrikant dem Vernehmen nach die
Idee der Millwall-Jronworks wieder aufgenommen, indem er massive Eisen¬
balken oder - blocke mit vorspringenden Leisten und entsprechenden Nuthen
durch bloße Zusammensetzung ohne Bolzen verbindet -- für Küstenforts hat
diese transportable Deckung vielleicht eine Zukunft.

In den letzten Monaten ist eine wichtige und geistreiche Erfindung der
Panzerdeckung für Küstengeschütze erprobt worden, das proteotsä IiArdötte-
System des englischen Artilleriekapitäns Moncrieff, das seit einem Jahrzehnt
entworfen, aber, nach einigen Modifikationen, erst jetzt praktisch verwerthet
wurde. Moncrieff sieht von jeder Eisen- oder Walldeckung ab. Wie die
neuere Fortification den gezogenen Geschützen keine hohen Wälle mehr ent¬
gegensetzt, sondern die Wälle nur wenig über die Höhe der Glaciscröte auf¬
schüttet, und durch einen tiefen Graben zwischen Glacis und Wall vor Er¬
stürmung sichert, hat auch Moncrieff seine Küstenbatterien nur durch einen
Graben und ein Glacis gesichert. Auf der Binnenseite des Grabens hat er
einige Ruthen von letzterem entfernt, für jedes Geschütz eine tiefe Grube ge¬
graben, und das Geschütz durch einen mehrere Ruthen dicken, also sehr starken
Erdwall gegen solche Geschosse gesichert, die in die Graben-Escarpe schlagen,
während alle übrigen Kugeln unschädlich über die Geschützgrube wegfliegen.
Um aber das Geschütz aus der Grube in eine Stellung zu bringen, aus
welcher es auf den Feind feuern kann, hat er dasselbe auf einem colossalen eiser¬
nen Wagebalken befestigt, dessen eines Ende sich senkt, wenn das andere
Ende gehoben wird. Auf dem vorderen, gegen den Feind gerichteten Ende
steht die Lafette mit dem Geschütz, auf dem Hinteren Ende befindet sich ein
etwas stärkeres Gegengewicht, der Elevator (von 6 Tons --120 Ctr. beim
Versuchgeschütz). Nur in dem Moment, wo der Schuß abgegeben werden
soll, liegt das vordere Ende so hoch, daß Rohr und Kopf des richtenden
Artilleristen über den Grubenrand hinwegragen, und nur in diesem Moment
eine kleine Zielscheibe bieten. Sobald der Schuß abgegeben ist, wirkt der
Rückstoß auf das vordere Ende des Wagebalkens und versenkt das Geschütz
auf den Boden der Grube, wo es, ehe noch das Gegengewicht sein Wieder-
aufsteigen bewirkt, durch eine Haft (für das Laden) festgehalten wird. Ist
das Laden beendigt, so wird das Geschütz losgemacht, das Gegengewicht
senkt sich, und das Geschütz steigt wieder über den Grubenrand, um von
Neuem zu feuern. Die Horizontalaxe des "Wagebalkens" liegt auf einer
Drehscheibe, sodaß das Geschütz als Pivotgeschütz wirkt und überall hin feuern
kann. Die Einwürfe, die man diesem System machen kann, sind erstens die


Hohlkugel, deren Basis sich wieder nach Außen krümmt, sodaß die Geschosse
nach außen zurückprallen sollten. Doch scheint es uns dann erst recht möglich,
daß das Geschoß in der Krümmung eine Stelle, trifft, von der es nicht zu¬
rückprallt. — Neuerdings hat derselbe Fabrikant dem Vernehmen nach die
Idee der Millwall-Jronworks wieder aufgenommen, indem er massive Eisen¬
balken oder - blocke mit vorspringenden Leisten und entsprechenden Nuthen
durch bloße Zusammensetzung ohne Bolzen verbindet — für Küstenforts hat
diese transportable Deckung vielleicht eine Zukunft.

In den letzten Monaten ist eine wichtige und geistreiche Erfindung der
Panzerdeckung für Küstengeschütze erprobt worden, das proteotsä IiArdötte-
System des englischen Artilleriekapitäns Moncrieff, das seit einem Jahrzehnt
entworfen, aber, nach einigen Modifikationen, erst jetzt praktisch verwerthet
wurde. Moncrieff sieht von jeder Eisen- oder Walldeckung ab. Wie die
neuere Fortification den gezogenen Geschützen keine hohen Wälle mehr ent¬
gegensetzt, sondern die Wälle nur wenig über die Höhe der Glaciscröte auf¬
schüttet, und durch einen tiefen Graben zwischen Glacis und Wall vor Er¬
stürmung sichert, hat auch Moncrieff seine Küstenbatterien nur durch einen
Graben und ein Glacis gesichert. Auf der Binnenseite des Grabens hat er
einige Ruthen von letzterem entfernt, für jedes Geschütz eine tiefe Grube ge¬
graben, und das Geschütz durch einen mehrere Ruthen dicken, also sehr starken
Erdwall gegen solche Geschosse gesichert, die in die Graben-Escarpe schlagen,
während alle übrigen Kugeln unschädlich über die Geschützgrube wegfliegen.
Um aber das Geschütz aus der Grube in eine Stellung zu bringen, aus
welcher es auf den Feind feuern kann, hat er dasselbe auf einem colossalen eiser¬
nen Wagebalken befestigt, dessen eines Ende sich senkt, wenn das andere
Ende gehoben wird. Auf dem vorderen, gegen den Feind gerichteten Ende
steht die Lafette mit dem Geschütz, auf dem Hinteren Ende befindet sich ein
etwas stärkeres Gegengewicht, der Elevator (von 6 Tons —120 Ctr. beim
Versuchgeschütz). Nur in dem Moment, wo der Schuß abgegeben werden
soll, liegt das vordere Ende so hoch, daß Rohr und Kopf des richtenden
Artilleristen über den Grubenrand hinwegragen, und nur in diesem Moment
eine kleine Zielscheibe bieten. Sobald der Schuß abgegeben ist, wirkt der
Rückstoß auf das vordere Ende des Wagebalkens und versenkt das Geschütz
auf den Boden der Grube, wo es, ehe noch das Gegengewicht sein Wieder-
aufsteigen bewirkt, durch eine Haft (für das Laden) festgehalten wird. Ist
das Laden beendigt, so wird das Geschütz losgemacht, das Gegengewicht
senkt sich, und das Geschütz steigt wieder über den Grubenrand, um von
Neuem zu feuern. Die Horizontalaxe des „Wagebalkens" liegt auf einer
Drehscheibe, sodaß das Geschütz als Pivotgeschütz wirkt und überall hin feuern
kann. Die Einwürfe, die man diesem System machen kann, sind erstens die


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[0377] Hohlkugel, deren Basis sich wieder nach Außen krümmt, sodaß die Geschosse nach außen zurückprallen sollten. Doch scheint es uns dann erst recht möglich, daß das Geschoß in der Krümmung eine Stelle, trifft, von der es nicht zu¬ rückprallt. — Neuerdings hat derselbe Fabrikant dem Vernehmen nach die Idee der Millwall-Jronworks wieder aufgenommen, indem er massive Eisen¬ balken oder - blocke mit vorspringenden Leisten und entsprechenden Nuthen durch bloße Zusammensetzung ohne Bolzen verbindet — für Küstenforts hat diese transportable Deckung vielleicht eine Zukunft. In den letzten Monaten ist eine wichtige und geistreiche Erfindung der Panzerdeckung für Küstengeschütze erprobt worden, das proteotsä IiArdötte- System des englischen Artilleriekapitäns Moncrieff, das seit einem Jahrzehnt entworfen, aber, nach einigen Modifikationen, erst jetzt praktisch verwerthet wurde. Moncrieff sieht von jeder Eisen- oder Walldeckung ab. Wie die neuere Fortification den gezogenen Geschützen keine hohen Wälle mehr ent¬ gegensetzt, sondern die Wälle nur wenig über die Höhe der Glaciscröte auf¬ schüttet, und durch einen tiefen Graben zwischen Glacis und Wall vor Er¬ stürmung sichert, hat auch Moncrieff seine Küstenbatterien nur durch einen Graben und ein Glacis gesichert. Auf der Binnenseite des Grabens hat er einige Ruthen von letzterem entfernt, für jedes Geschütz eine tiefe Grube ge¬ graben, und das Geschütz durch einen mehrere Ruthen dicken, also sehr starken Erdwall gegen solche Geschosse gesichert, die in die Graben-Escarpe schlagen, während alle übrigen Kugeln unschädlich über die Geschützgrube wegfliegen. Um aber das Geschütz aus der Grube in eine Stellung zu bringen, aus welcher es auf den Feind feuern kann, hat er dasselbe auf einem colossalen eiser¬ nen Wagebalken befestigt, dessen eines Ende sich senkt, wenn das andere Ende gehoben wird. Auf dem vorderen, gegen den Feind gerichteten Ende steht die Lafette mit dem Geschütz, auf dem Hinteren Ende befindet sich ein etwas stärkeres Gegengewicht, der Elevator (von 6 Tons —120 Ctr. beim Versuchgeschütz). Nur in dem Moment, wo der Schuß abgegeben werden soll, liegt das vordere Ende so hoch, daß Rohr und Kopf des richtenden Artilleristen über den Grubenrand hinwegragen, und nur in diesem Moment eine kleine Zielscheibe bieten. Sobald der Schuß abgegeben ist, wirkt der Rückstoß auf das vordere Ende des Wagebalkens und versenkt das Geschütz auf den Boden der Grube, wo es, ehe noch das Gegengewicht sein Wieder- aufsteigen bewirkt, durch eine Haft (für das Laden) festgehalten wird. Ist das Laden beendigt, so wird das Geschütz losgemacht, das Gegengewicht senkt sich, und das Geschütz steigt wieder über den Grubenrand, um von Neuem zu feuern. Die Horizontalaxe des „Wagebalkens" liegt auf einer Drehscheibe, sodaß das Geschütz als Pivotgeschütz wirkt und überall hin feuern kann. Die Einwürfe, die man diesem System machen kann, sind erstens die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/377>, abgerufen am 28.09.2024.