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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.

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Geschützsystems, im Stande ist, das Deck der feindlichen Monitors und selbst
hoher Panzerfregatten ziemlich senkrecht zu treffen. Das Deck ist der ver¬
wundbarste Theil der Panzerschiffe, weil sie hier entweder gar nicht oder nur
sehr schwach gepanzert sind. Die vortheilhafteste Aufstellung der Küsten¬
geschütze ist sonach in zwei Etagen, d, h. eine Batterie dicht am Strand, ganz
wenig über dem Wasserspiegel, und eine zweite dahinter, möglichst hoch auf
dem Ufer, freilich nicht zufern vom Wasser.

Noch vor wenig Jahren galten gemauerte Forts, möglich mit Granit¬
blöcken verkleidet, gedeckte Geschütze in einer oder zwei Etagen, sowie Mörser
und Pivotkanonen oben auf der Plattform, als das Stärkste, was man für
Küstenvertheidigung herstellen könne -- unsere Leser erinnern sich wol,
welchen Respect 1834 Napier's Flotte vor den Forts von Kronstäbe hatte,
und wie wenig die englisch-französischen Linienschiffe gegen die gleich Linien¬
schiffen in drei Batterien starrenden Forts von Sebastopol aufrichteten.
Erdwerke galten damals als Aushilfe an Stellen, wo man nicht Mauern
und "grämte natis" aufführen konnte. Die Einführung gezogener Geschütze
sehr schweren Calibers hat alle jene Verhältnisse in ihr Gegentheil verkehrt.
Der Schutz von Mauern aus Backsteinen oder Granitblöcken hat sich den
schweren gezogenen Kanonen gegenüber bei allen Proben als unwirksam
herausgestellt, Erdwälle sind besser, aber genügen auch nicht, wenn sie nicht
ganz unverhältnismäßig starke Profile (große Dicke) und eine sehr schräge
Böschung erhalten, um die von den Geschossen aufgeworfene Erde am Herab¬
rutschen zu hindern. Zugleich liegt bei den großen Sprengladungen moder¬
ner Hohlgeschosse die Gefahr sehr nahe, daß die colossale durch die platzende
Bombe aufgeworfene Erdmasse die Kanone überschüttet und gefechtsunfähig
macht, -- wie das z. B. beim Fort Fischer in Amerika der Fall war. Uno
diese Gefahr wird um so größer, je mehr Traversen vorhanden sind, d. h.
Erdaufwürfe zwischen den einzelnen Geschützen, welche den Zweck haben, falls
eine Granate bei einem Geschütz platzt, ihre Sprengstücke für die anderen
ungefährlich zu machen, und welche z. B. bei der Nordcitadelle von Ant¬
werpen besonders in die Augen fallen. Die Forderung sehr starken Profils,
sehr großer Dicke des Erdwalls, hat aber wieder die Verwendungsfähigkeit
der Geschütze außerordentlich beschränkt: bei großer Dicke des Erdwalls liegt
das Geschütz viel weiter hinter der äußeren Wallfläche, als bei den früheren
schwachen Wällen, es kann also, wenn die äußere Oeffnung der Scharte nicht
zu groß werden soll, nach seitwärts nur in viel kleinerem Winkel sich drehen
und nicht so weit seitwärts feuern als früher. Dieser Nachtheil ist so be¬
deutend, daß man es sogar vorgezogen hat, einen Theil der Geschütze ganz
ungedeckt zu lassen, indem man die Kanonen über Bank (M ba-rdsttö) d. h.
über die obere Kante des Walls feuern ließ; dann war der Wall durch Ein-


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Geschützsystems, im Stande ist, das Deck der feindlichen Monitors und selbst
hoher Panzerfregatten ziemlich senkrecht zu treffen. Das Deck ist der ver¬
wundbarste Theil der Panzerschiffe, weil sie hier entweder gar nicht oder nur
sehr schwach gepanzert sind. Die vortheilhafteste Aufstellung der Küsten¬
geschütze ist sonach in zwei Etagen, d, h. eine Batterie dicht am Strand, ganz
wenig über dem Wasserspiegel, und eine zweite dahinter, möglichst hoch auf
dem Ufer, freilich nicht zufern vom Wasser.

Noch vor wenig Jahren galten gemauerte Forts, möglich mit Granit¬
blöcken verkleidet, gedeckte Geschütze in einer oder zwei Etagen, sowie Mörser
und Pivotkanonen oben auf der Plattform, als das Stärkste, was man für
Küstenvertheidigung herstellen könne — unsere Leser erinnern sich wol,
welchen Respect 1834 Napier's Flotte vor den Forts von Kronstäbe hatte,
und wie wenig die englisch-französischen Linienschiffe gegen die gleich Linien¬
schiffen in drei Batterien starrenden Forts von Sebastopol aufrichteten.
Erdwerke galten damals als Aushilfe an Stellen, wo man nicht Mauern
und „grämte natis" aufführen konnte. Die Einführung gezogener Geschütze
sehr schweren Calibers hat alle jene Verhältnisse in ihr Gegentheil verkehrt.
Der Schutz von Mauern aus Backsteinen oder Granitblöcken hat sich den
schweren gezogenen Kanonen gegenüber bei allen Proben als unwirksam
herausgestellt, Erdwälle sind besser, aber genügen auch nicht, wenn sie nicht
ganz unverhältnismäßig starke Profile (große Dicke) und eine sehr schräge
Böschung erhalten, um die von den Geschossen aufgeworfene Erde am Herab¬
rutschen zu hindern. Zugleich liegt bei den großen Sprengladungen moder¬
ner Hohlgeschosse die Gefahr sehr nahe, daß die colossale durch die platzende
Bombe aufgeworfene Erdmasse die Kanone überschüttet und gefechtsunfähig
macht, — wie das z. B. beim Fort Fischer in Amerika der Fall war. Uno
diese Gefahr wird um so größer, je mehr Traversen vorhanden sind, d. h.
Erdaufwürfe zwischen den einzelnen Geschützen, welche den Zweck haben, falls
eine Granate bei einem Geschütz platzt, ihre Sprengstücke für die anderen
ungefährlich zu machen, und welche z. B. bei der Nordcitadelle von Ant¬
werpen besonders in die Augen fallen. Die Forderung sehr starken Profils,
sehr großer Dicke des Erdwalls, hat aber wieder die Verwendungsfähigkeit
der Geschütze außerordentlich beschränkt: bei großer Dicke des Erdwalls liegt
das Geschütz viel weiter hinter der äußeren Wallfläche, als bei den früheren
schwachen Wällen, es kann also, wenn die äußere Oeffnung der Scharte nicht
zu groß werden soll, nach seitwärts nur in viel kleinerem Winkel sich drehen
und nicht so weit seitwärts feuern als früher. Dieser Nachtheil ist so be¬
deutend, daß man es sogar vorgezogen hat, einen Theil der Geschütze ganz
ungedeckt zu lassen, indem man die Kanonen über Bank (M ba-rdsttö) d. h.
über die obere Kante des Walls feuern ließ; dann war der Wall durch Ein-


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[0375] Geschützsystems, im Stande ist, das Deck der feindlichen Monitors und selbst hoher Panzerfregatten ziemlich senkrecht zu treffen. Das Deck ist der ver¬ wundbarste Theil der Panzerschiffe, weil sie hier entweder gar nicht oder nur sehr schwach gepanzert sind. Die vortheilhafteste Aufstellung der Küsten¬ geschütze ist sonach in zwei Etagen, d, h. eine Batterie dicht am Strand, ganz wenig über dem Wasserspiegel, und eine zweite dahinter, möglichst hoch auf dem Ufer, freilich nicht zufern vom Wasser. Noch vor wenig Jahren galten gemauerte Forts, möglich mit Granit¬ blöcken verkleidet, gedeckte Geschütze in einer oder zwei Etagen, sowie Mörser und Pivotkanonen oben auf der Plattform, als das Stärkste, was man für Küstenvertheidigung herstellen könne — unsere Leser erinnern sich wol, welchen Respect 1834 Napier's Flotte vor den Forts von Kronstäbe hatte, und wie wenig die englisch-französischen Linienschiffe gegen die gleich Linien¬ schiffen in drei Batterien starrenden Forts von Sebastopol aufrichteten. Erdwerke galten damals als Aushilfe an Stellen, wo man nicht Mauern und „grämte natis" aufführen konnte. Die Einführung gezogener Geschütze sehr schweren Calibers hat alle jene Verhältnisse in ihr Gegentheil verkehrt. Der Schutz von Mauern aus Backsteinen oder Granitblöcken hat sich den schweren gezogenen Kanonen gegenüber bei allen Proben als unwirksam herausgestellt, Erdwälle sind besser, aber genügen auch nicht, wenn sie nicht ganz unverhältnismäßig starke Profile (große Dicke) und eine sehr schräge Böschung erhalten, um die von den Geschossen aufgeworfene Erde am Herab¬ rutschen zu hindern. Zugleich liegt bei den großen Sprengladungen moder¬ ner Hohlgeschosse die Gefahr sehr nahe, daß die colossale durch die platzende Bombe aufgeworfene Erdmasse die Kanone überschüttet und gefechtsunfähig macht, — wie das z. B. beim Fort Fischer in Amerika der Fall war. Uno diese Gefahr wird um so größer, je mehr Traversen vorhanden sind, d. h. Erdaufwürfe zwischen den einzelnen Geschützen, welche den Zweck haben, falls eine Granate bei einem Geschütz platzt, ihre Sprengstücke für die anderen ungefährlich zu machen, und welche z. B. bei der Nordcitadelle von Ant¬ werpen besonders in die Augen fallen. Die Forderung sehr starken Profils, sehr großer Dicke des Erdwalls, hat aber wieder die Verwendungsfähigkeit der Geschütze außerordentlich beschränkt: bei großer Dicke des Erdwalls liegt das Geschütz viel weiter hinter der äußeren Wallfläche, als bei den früheren schwachen Wällen, es kann also, wenn die äußere Oeffnung der Scharte nicht zu groß werden soll, nach seitwärts nur in viel kleinerem Winkel sich drehen und nicht so weit seitwärts feuern als früher. Dieser Nachtheil ist so be¬ deutend, daß man es sogar vorgezogen hat, einen Theil der Geschütze ganz ungedeckt zu lassen, indem man die Kanonen über Bank (M ba-rdsttö) d. h. über die obere Kante des Walls feuern ließ; dann war der Wall durch Ein- 46*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/375>, abgerufen am 20.10.2024.