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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.

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Geschwader zu dampfen vermag, an jeden Punkt geworfen werden können,
wo der Feind landen will.

Einen ernstlichen Landungsversuch wird der Feind nur an solchen
Punkten machen, wo auch seine schweren Schiffe nahe genug an das Land
herankommen können, um den Landungsbooten keinen weiten Weg nach der
Küste zu geben und dieselben noch mit ihren Geschützen decken zu können.

Erste Forderung für die Vertheidigungswerke an diesen Punkten ist dem¬
nach eine Armirung mit Geschützen, welche bis nach dem tiefen Fahrwasser
genügende Durchschlagskraft gegen Panzerschiffe besitzen. In den Schießver¬
suchen des vergangenen Sommers hat sich die Ansicht festgestellt, daß unsere
schweren Gußstahlgeschütze den Ansprüchen genügen, die an ein Küstenver¬
theidigungsgeschütz zu machen sind. Vorläufig mag dieses richtig sein: die Ver-
suche haben gezeigt, daß auf kurze Entfernungen selbst 8zottige massive Eisen¬
platten, und die 4^2 Migen Platten der gewöhnlichen Panzerschiffe auf mitt¬
lere Entfernungen durchschossen wurden. -- Aber es handelt sich nicht blos
um die Platten, die man zu beschießen haben wird, sondern auch um die
Geschütze, denen man gegenübertreten muß, und deren Tragweite die Distan-
zen regelt, und da wird das Verhältniß schwieriger. Allerdings den franzö¬
sischen Guß eisen Hinterladern der Marine (19 und 24 Centimeter Kaliber,
150 Kilo -- 300 Zollpfund Geschoßgewicht) und den englischen Woolwich-
300Pfündern, (IIV2 Tons Rohrgewicht), welche neuerdings auch in der
Mitte großer Breitseitenschiffe geführt werden, mag unser 96 Pfänder über¬
legen sein, aber schon setzt die englische Flotte Woolwich400Pfünder (18
Tons Rohrgewicht) auf ihre Breitseitenschiffe wie "Hercules", "Audacious"
und selbst "Minotaur", und die Thurmschiffe werden bald 600Pfünder (22'/z--
23 Tons -- 400 Centimeter Rohrgewicht) tragen, von denen bereits Probe¬
exemplare hergestellt sind. Diesen Geschützen gegenüber wird es nothwendig,
noch schwerere Geschütze zu construiren, und wenn auch wegen der schwierigen
Handhabung diese Monstregeschütze nicht als allgemeine Bewaffnung ein¬
zuführen sind, so wird man sie doch sür wichtige Hafeneingänge u. f. w-
nicht außer Augen lassen dürfen.

Bei Aufstellung der vertheidigenden Geschütze ist es nöthig, die Batte¬
rien so tief und so nahe dem Wasserspiegel anzulegen, daß die niedrigsten
Kanonenboote und Monitors in der Wasserlinie beschossen werden können, und
daß denselben die Möglichkeit genommen wird, durch Herandampfen in den
todten Winkel zu gelangen, wo die hochgelegene Batterie, welche ihren Kano¬
nen keine genügende Depression geben kann, über die Boote hinwegschießt,
wie z. B. die preußischen Batterien über den "Rolf Krake" im Wenning-
bund. Andererseits aber ist wieder nöthig, der Batterie eine so hohe Lage
zu geben, daß sie, namentlich bei dem starken Einfallswinkel des preußischen


Geschwader zu dampfen vermag, an jeden Punkt geworfen werden können,
wo der Feind landen will.

Einen ernstlichen Landungsversuch wird der Feind nur an solchen
Punkten machen, wo auch seine schweren Schiffe nahe genug an das Land
herankommen können, um den Landungsbooten keinen weiten Weg nach der
Küste zu geben und dieselben noch mit ihren Geschützen decken zu können.

Erste Forderung für die Vertheidigungswerke an diesen Punkten ist dem¬
nach eine Armirung mit Geschützen, welche bis nach dem tiefen Fahrwasser
genügende Durchschlagskraft gegen Panzerschiffe besitzen. In den Schießver¬
suchen des vergangenen Sommers hat sich die Ansicht festgestellt, daß unsere
schweren Gußstahlgeschütze den Ansprüchen genügen, die an ein Küstenver¬
theidigungsgeschütz zu machen sind. Vorläufig mag dieses richtig sein: die Ver-
suche haben gezeigt, daß auf kurze Entfernungen selbst 8zottige massive Eisen¬
platten, und die 4^2 Migen Platten der gewöhnlichen Panzerschiffe auf mitt¬
lere Entfernungen durchschossen wurden. — Aber es handelt sich nicht blos
um die Platten, die man zu beschießen haben wird, sondern auch um die
Geschütze, denen man gegenübertreten muß, und deren Tragweite die Distan-
zen regelt, und da wird das Verhältniß schwieriger. Allerdings den franzö¬
sischen Guß eisen Hinterladern der Marine (19 und 24 Centimeter Kaliber,
150 Kilo — 300 Zollpfund Geschoßgewicht) und den englischen Woolwich-
300Pfündern, (IIV2 Tons Rohrgewicht), welche neuerdings auch in der
Mitte großer Breitseitenschiffe geführt werden, mag unser 96 Pfänder über¬
legen sein, aber schon setzt die englische Flotte Woolwich400Pfünder (18
Tons Rohrgewicht) auf ihre Breitseitenschiffe wie „Hercules", „Audacious"
und selbst „Minotaur", und die Thurmschiffe werden bald 600Pfünder (22'/z—
23 Tons — 400 Centimeter Rohrgewicht) tragen, von denen bereits Probe¬
exemplare hergestellt sind. Diesen Geschützen gegenüber wird es nothwendig,
noch schwerere Geschütze zu construiren, und wenn auch wegen der schwierigen
Handhabung diese Monstregeschütze nicht als allgemeine Bewaffnung ein¬
zuführen sind, so wird man sie doch sür wichtige Hafeneingänge u. f. w-
nicht außer Augen lassen dürfen.

Bei Aufstellung der vertheidigenden Geschütze ist es nöthig, die Batte¬
rien so tief und so nahe dem Wasserspiegel anzulegen, daß die niedrigsten
Kanonenboote und Monitors in der Wasserlinie beschossen werden können, und
daß denselben die Möglichkeit genommen wird, durch Herandampfen in den
todten Winkel zu gelangen, wo die hochgelegene Batterie, welche ihren Kano¬
nen keine genügende Depression geben kann, über die Boote hinwegschießt,
wie z. B. die preußischen Batterien über den „Rolf Krake" im Wenning-
bund. Andererseits aber ist wieder nöthig, der Batterie eine so hohe Lage
zu geben, daß sie, namentlich bei dem starken Einfallswinkel des preußischen


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[0374] Geschwader zu dampfen vermag, an jeden Punkt geworfen werden können, wo der Feind landen will. Einen ernstlichen Landungsversuch wird der Feind nur an solchen Punkten machen, wo auch seine schweren Schiffe nahe genug an das Land herankommen können, um den Landungsbooten keinen weiten Weg nach der Küste zu geben und dieselben noch mit ihren Geschützen decken zu können. Erste Forderung für die Vertheidigungswerke an diesen Punkten ist dem¬ nach eine Armirung mit Geschützen, welche bis nach dem tiefen Fahrwasser genügende Durchschlagskraft gegen Panzerschiffe besitzen. In den Schießver¬ suchen des vergangenen Sommers hat sich die Ansicht festgestellt, daß unsere schweren Gußstahlgeschütze den Ansprüchen genügen, die an ein Küstenver¬ theidigungsgeschütz zu machen sind. Vorläufig mag dieses richtig sein: die Ver- suche haben gezeigt, daß auf kurze Entfernungen selbst 8zottige massive Eisen¬ platten, und die 4^2 Migen Platten der gewöhnlichen Panzerschiffe auf mitt¬ lere Entfernungen durchschossen wurden. — Aber es handelt sich nicht blos um die Platten, die man zu beschießen haben wird, sondern auch um die Geschütze, denen man gegenübertreten muß, und deren Tragweite die Distan- zen regelt, und da wird das Verhältniß schwieriger. Allerdings den franzö¬ sischen Guß eisen Hinterladern der Marine (19 und 24 Centimeter Kaliber, 150 Kilo — 300 Zollpfund Geschoßgewicht) und den englischen Woolwich- 300Pfündern, (IIV2 Tons Rohrgewicht), welche neuerdings auch in der Mitte großer Breitseitenschiffe geführt werden, mag unser 96 Pfänder über¬ legen sein, aber schon setzt die englische Flotte Woolwich400Pfünder (18 Tons Rohrgewicht) auf ihre Breitseitenschiffe wie „Hercules", „Audacious" und selbst „Minotaur", und die Thurmschiffe werden bald 600Pfünder (22'/z— 23 Tons — 400 Centimeter Rohrgewicht) tragen, von denen bereits Probe¬ exemplare hergestellt sind. Diesen Geschützen gegenüber wird es nothwendig, noch schwerere Geschütze zu construiren, und wenn auch wegen der schwierigen Handhabung diese Monstregeschütze nicht als allgemeine Bewaffnung ein¬ zuführen sind, so wird man sie doch sür wichtige Hafeneingänge u. f. w- nicht außer Augen lassen dürfen. Bei Aufstellung der vertheidigenden Geschütze ist es nöthig, die Batte¬ rien so tief und so nahe dem Wasserspiegel anzulegen, daß die niedrigsten Kanonenboote und Monitors in der Wasserlinie beschossen werden können, und daß denselben die Möglichkeit genommen wird, durch Herandampfen in den todten Winkel zu gelangen, wo die hochgelegene Batterie, welche ihren Kano¬ nen keine genügende Depression geben kann, über die Boote hinwegschießt, wie z. B. die preußischen Batterien über den „Rolf Krake" im Wenning- bund. Andererseits aber ist wieder nöthig, der Batterie eine so hohe Lage zu geben, daß sie, namentlich bei dem starken Einfallswinkel des preußischen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/374>, abgerufen am 20.10.2024.