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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.

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rischen Arbeiten zu vollenden, die aber zugleich berufen sind die Ausführungen
großer mit vereinten Kräften herzustellender wissenschaftlicher Unternehmungen
zu leiten und zu überwachen. Die Zahl solcher Unternehmungen müßte
selbstverständlich eine größere sein als sie bisher bei der berliner Akademie
zu sein pflegte; auch müßten die Mittel vorhanden sein um immer auf kürzere
Zeit und für bestimmte Zwecke jüngere Gelehrte zu ihr heranzuziehen. Für
eine Akademie solcher Art wüßten wir keinen geeigneteren Ort als Frank¬
furt". M., schon deshalb weil dort stets mit gleicher Leichtigkeit süddeutsche
wie norddeutsche Kräfte verbunden werden können, und durch sie könnte
Frankfurt zum Mittelpunkt eines regen wissenschaftlichen Verkehrs werden.
Die vorhandenen Universitäten aber bedürfen weder einer Vermehrung noch
einer Ortsveränderung, sondern nur einer wärmeren Pflege und reichlicheren
Dotirung.


S. v. M.


Die lmirische Armee seit dem Äahre 1868.

Sie wissen, daß unsere bisherige Wehrverfassung sich auf das Gesetz vom
Is. August 1828 gründete, welches das Heer auf dem Wege der Conscrip-
tion zu erzeugen befiehlt. Hiernach hatte diejenige wehrpflichtige Jugend
Baierns (per Jahrgang ca. 42,000 Mann) durch Loosung die Reihenfolge her¬
zustellen, nach der die Einreihung ins Heer geschehen sollte. Hierauf erfolgte
die Ausrangirung der Untauglichen, während die Uebrigen nach der Reihen¬
folge der gezogenen Nummern in die einzelnen Regimenter entweder wirklich
eingereiht oder denselben zugeschrieben wurden, ohne in Friedenszeiten irgend¬
wie Dienst thun zu müssen (sog. Unmontirt-Assentirte).

Die glücklichen Inhaber der hohen Nummern entgingen, da die Anzahl
der Tauglichen in den weitaus meisten Bezirken stets höher war, als der
Bedarf, regelmäßig sowohl dem einen wie dem andern Loose. Wenn die
Einberufung eines Militärpflichtiger innerhalb zweier Jahre, vom Tage des
Beginns der Militärpflicht an, nicht erfolgte, so war er überhaupt zum Eintritt
in das stehende Heer nicht mehr verpflichtet. Der Eingereihte dagegen hatte
6 Jahre in der Armee zu dienen.

Diesem Schicksal konnte man noch dadurch entgehen, daß man einen
bereits ausgedienter Ersatzmann stellte, der bei der Infanterie auf durchschnitt¬
lich 600--800, bei der Cavalerie auf 800--1000 si. je nach den Zeitconjunc-
turen zu stehen kam.

Man hat in diesem Institute der Ersatzmannstellung einen Hauptfehler


I

rischen Arbeiten zu vollenden, die aber zugleich berufen sind die Ausführungen
großer mit vereinten Kräften herzustellender wissenschaftlicher Unternehmungen
zu leiten und zu überwachen. Die Zahl solcher Unternehmungen müßte
selbstverständlich eine größere sein als sie bisher bei der berliner Akademie
zu sein pflegte; auch müßten die Mittel vorhanden sein um immer auf kürzere
Zeit und für bestimmte Zwecke jüngere Gelehrte zu ihr heranzuziehen. Für
eine Akademie solcher Art wüßten wir keinen geeigneteren Ort als Frank¬
furt«. M., schon deshalb weil dort stets mit gleicher Leichtigkeit süddeutsche
wie norddeutsche Kräfte verbunden werden können, und durch sie könnte
Frankfurt zum Mittelpunkt eines regen wissenschaftlichen Verkehrs werden.
Die vorhandenen Universitäten aber bedürfen weder einer Vermehrung noch
einer Ortsveränderung, sondern nur einer wärmeren Pflege und reichlicheren
Dotirung.


S. v. M.


Die lmirische Armee seit dem Äahre 1868.

Sie wissen, daß unsere bisherige Wehrverfassung sich auf das Gesetz vom
Is. August 1828 gründete, welches das Heer auf dem Wege der Conscrip-
tion zu erzeugen befiehlt. Hiernach hatte diejenige wehrpflichtige Jugend
Baierns (per Jahrgang ca. 42,000 Mann) durch Loosung die Reihenfolge her¬
zustellen, nach der die Einreihung ins Heer geschehen sollte. Hierauf erfolgte
die Ausrangirung der Untauglichen, während die Uebrigen nach der Reihen¬
folge der gezogenen Nummern in die einzelnen Regimenter entweder wirklich
eingereiht oder denselben zugeschrieben wurden, ohne in Friedenszeiten irgend¬
wie Dienst thun zu müssen (sog. Unmontirt-Assentirte).

Die glücklichen Inhaber der hohen Nummern entgingen, da die Anzahl
der Tauglichen in den weitaus meisten Bezirken stets höher war, als der
Bedarf, regelmäßig sowohl dem einen wie dem andern Loose. Wenn die
Einberufung eines Militärpflichtiger innerhalb zweier Jahre, vom Tage des
Beginns der Militärpflicht an, nicht erfolgte, so war er überhaupt zum Eintritt
in das stehende Heer nicht mehr verpflichtet. Der Eingereihte dagegen hatte
6 Jahre in der Armee zu dienen.

Diesem Schicksal konnte man noch dadurch entgehen, daß man einen
bereits ausgedienter Ersatzmann stellte, der bei der Infanterie auf durchschnitt¬
lich 600—800, bei der Cavalerie auf 800—1000 si. je nach den Zeitconjunc-
turen zu stehen kam.

Man hat in diesem Institute der Ersatzmannstellung einen Hauptfehler


I

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[0113] rischen Arbeiten zu vollenden, die aber zugleich berufen sind die Ausführungen großer mit vereinten Kräften herzustellender wissenschaftlicher Unternehmungen zu leiten und zu überwachen. Die Zahl solcher Unternehmungen müßte selbstverständlich eine größere sein als sie bisher bei der berliner Akademie zu sein pflegte; auch müßten die Mittel vorhanden sein um immer auf kürzere Zeit und für bestimmte Zwecke jüngere Gelehrte zu ihr heranzuziehen. Für eine Akademie solcher Art wüßten wir keinen geeigneteren Ort als Frank¬ furt«. M., schon deshalb weil dort stets mit gleicher Leichtigkeit süddeutsche wie norddeutsche Kräfte verbunden werden können, und durch sie könnte Frankfurt zum Mittelpunkt eines regen wissenschaftlichen Verkehrs werden. Die vorhandenen Universitäten aber bedürfen weder einer Vermehrung noch einer Ortsveränderung, sondern nur einer wärmeren Pflege und reichlicheren Dotirung. S. v. M. Die lmirische Armee seit dem Äahre 1868. Sie wissen, daß unsere bisherige Wehrverfassung sich auf das Gesetz vom Is. August 1828 gründete, welches das Heer auf dem Wege der Conscrip- tion zu erzeugen befiehlt. Hiernach hatte diejenige wehrpflichtige Jugend Baierns (per Jahrgang ca. 42,000 Mann) durch Loosung die Reihenfolge her¬ zustellen, nach der die Einreihung ins Heer geschehen sollte. Hierauf erfolgte die Ausrangirung der Untauglichen, während die Uebrigen nach der Reihen¬ folge der gezogenen Nummern in die einzelnen Regimenter entweder wirklich eingereiht oder denselben zugeschrieben wurden, ohne in Friedenszeiten irgend¬ wie Dienst thun zu müssen (sog. Unmontirt-Assentirte). Die glücklichen Inhaber der hohen Nummern entgingen, da die Anzahl der Tauglichen in den weitaus meisten Bezirken stets höher war, als der Bedarf, regelmäßig sowohl dem einen wie dem andern Loose. Wenn die Einberufung eines Militärpflichtiger innerhalb zweier Jahre, vom Tage des Beginns der Militärpflicht an, nicht erfolgte, so war er überhaupt zum Eintritt in das stehende Heer nicht mehr verpflichtet. Der Eingereihte dagegen hatte 6 Jahre in der Armee zu dienen. Diesem Schicksal konnte man noch dadurch entgehen, daß man einen bereits ausgedienter Ersatzmann stellte, der bei der Infanterie auf durchschnitt¬ lich 600—800, bei der Cavalerie auf 800—1000 si. je nach den Zeitconjunc- turen zu stehen kam. Man hat in diesem Institute der Ersatzmannstellung einen Hauptfehler I

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/113>, abgerufen am 28.09.2024.