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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.

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brechung durch den jasmunder Bodden hat es eine solche Höhe erreicht, daß
sein steiler Abfall nach Osten mit seinen Felshängen nach der See hin die
Prachtvollsten Naturschönheiten zu Tage treten läßt. Durch zwei tiefe und
breite Einschnitte der See, sowie durch die Gliederung der Bodenerhebung
wird dieser östlich vor dem Haupttheil Rügens wie ein Wall daliegende und
nur durch den Bodden davon getrennte breite Landstreifen in drei große
Halbinsel-Plateaux zerschnitten, die Halbinseln Wittow, Jasmund und Mönch¬
gut. Alle drei sind durch niedrige schmale Landzungen mit einander verbun¬
den. Am südlichsten liegt Mönchgut, eine wunderbar gezackte und gespaltene
Landspitze, deren bunt wechselnde Ackerstreifen durch die scharfen Kanten und
Flächen der Wellen des baumlosen Geländes und durch die unzähligen
Buchten der See etwas überaus Anziehendes erhalten. Hier ragt als steil
abfallendes Vorgebirge das Nordpeerd heraus, an dem früher unsre Kriegs¬
schiffe ihre Schießübungen abhielten, und nach Süden streckt sich ebenso das
Südpeerd hervor, nach dem nahen Thiessow auch thiessower Höfe genannt.
Nahe diesem Cap" im Landtief, zum Ausfall bereit und doch durch seine Lage
vor den schweren Kriegsschiffen des Feindes geschützt, stationirten vor dem
Seegefecht des 17. März 1864 die Kanonenboot-Divisionen unter dem da¬
maligen Kapitän Kühn: nach diesem Punkte, 6 Meilen von Swinemünde,
4 Meilen von Arkona, zogen sie sich nach dem Gefecht wieder zurück, und von
hier aus ging am 14. April die kleine Grille mit dem Prinz-Admiral den
übermächtigen Feinden, dem Linienschiff "Skiöld" (64 K.) und der Fregatte
"SMand" (Seeland) (42) entgegen und schoß sich bei Jasmund kühn und
flink mit ihnen herum. Den nördlichen Abschluß Mönchguts, dieser südlich¬
sten der drei Halbinseln, bilden der prächtige Buchenwald, der Granitz mit
seiner runden vollen Erhebung und dem Jagdschloß darauf, von dessen Zin¬
nen sich eine entzückende Rundsicht über das Meer bis nach der Thurmspitze
von Wolgast hin darbietet. Nördlich der Granitz, durch eine schmale Land¬
enge, die schmale Haide, mit ihr verbunden, breitet sich diejenige der drei Halb¬
inseln aus, welche die seltensten Naturschönheiten hat, Jasmund mit seinem
Prachtvollen Buchenurwald, der Stubbnitz, an deren senkrechtem Abhang nach
der See die weißen Kreidefelsen blendend zu Tage treten und namentlich
bei Stubbenkammer ein Bild geben, das in Europa nicht seines Gleichen hat:
wo fände man Kreidefelswände von solcher Höhe, deren Fuß sich in der
rauschenden See badet, während über der Stirn die üppigen grünen Locken
rügenschen Buchenwaldes hoch in den Lüften spielen?

Hier, angesichts dieser steilen Felshänge, auf der Höhe von Jasmund
war es, wo das bekannte Seegefecht vom 17. März 1864 geliefert wurde,
das wir in einem früheren Artikel beschrieben haben. Der Theil von Rü¬
gen, dem dieser denkwürdige Punkt angehört, die Halbinsel Jasmund, wird


Grenzboten II. 1868. 54

brechung durch den jasmunder Bodden hat es eine solche Höhe erreicht, daß
sein steiler Abfall nach Osten mit seinen Felshängen nach der See hin die
Prachtvollsten Naturschönheiten zu Tage treten läßt. Durch zwei tiefe und
breite Einschnitte der See, sowie durch die Gliederung der Bodenerhebung
wird dieser östlich vor dem Haupttheil Rügens wie ein Wall daliegende und
nur durch den Bodden davon getrennte breite Landstreifen in drei große
Halbinsel-Plateaux zerschnitten, die Halbinseln Wittow, Jasmund und Mönch¬
gut. Alle drei sind durch niedrige schmale Landzungen mit einander verbun¬
den. Am südlichsten liegt Mönchgut, eine wunderbar gezackte und gespaltene
Landspitze, deren bunt wechselnde Ackerstreifen durch die scharfen Kanten und
Flächen der Wellen des baumlosen Geländes und durch die unzähligen
Buchten der See etwas überaus Anziehendes erhalten. Hier ragt als steil
abfallendes Vorgebirge das Nordpeerd heraus, an dem früher unsre Kriegs¬
schiffe ihre Schießübungen abhielten, und nach Süden streckt sich ebenso das
Südpeerd hervor, nach dem nahen Thiessow auch thiessower Höfe genannt.
Nahe diesem Cap„ im Landtief, zum Ausfall bereit und doch durch seine Lage
vor den schweren Kriegsschiffen des Feindes geschützt, stationirten vor dem
Seegefecht des 17. März 1864 die Kanonenboot-Divisionen unter dem da¬
maligen Kapitän Kühn: nach diesem Punkte, 6 Meilen von Swinemünde,
4 Meilen von Arkona, zogen sie sich nach dem Gefecht wieder zurück, und von
hier aus ging am 14. April die kleine Grille mit dem Prinz-Admiral den
übermächtigen Feinden, dem Linienschiff „Skiöld" (64 K.) und der Fregatte
„SMand" (Seeland) (42) entgegen und schoß sich bei Jasmund kühn und
flink mit ihnen herum. Den nördlichen Abschluß Mönchguts, dieser südlich¬
sten der drei Halbinseln, bilden der prächtige Buchenwald, der Granitz mit
seiner runden vollen Erhebung und dem Jagdschloß darauf, von dessen Zin¬
nen sich eine entzückende Rundsicht über das Meer bis nach der Thurmspitze
von Wolgast hin darbietet. Nördlich der Granitz, durch eine schmale Land¬
enge, die schmale Haide, mit ihr verbunden, breitet sich diejenige der drei Halb¬
inseln aus, welche die seltensten Naturschönheiten hat, Jasmund mit seinem
Prachtvollen Buchenurwald, der Stubbnitz, an deren senkrechtem Abhang nach
der See die weißen Kreidefelsen blendend zu Tage treten und namentlich
bei Stubbenkammer ein Bild geben, das in Europa nicht seines Gleichen hat:
wo fände man Kreidefelswände von solcher Höhe, deren Fuß sich in der
rauschenden See badet, während über der Stirn die üppigen grünen Locken
rügenschen Buchenwaldes hoch in den Lüften spielen?

Hier, angesichts dieser steilen Felshänge, auf der Höhe von Jasmund
war es, wo das bekannte Seegefecht vom 17. März 1864 geliefert wurde,
das wir in einem früheren Artikel beschrieben haben. Der Theil von Rü¬
gen, dem dieser denkwürdige Punkt angehört, die Halbinsel Jasmund, wird


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[0429] brechung durch den jasmunder Bodden hat es eine solche Höhe erreicht, daß sein steiler Abfall nach Osten mit seinen Felshängen nach der See hin die Prachtvollsten Naturschönheiten zu Tage treten läßt. Durch zwei tiefe und breite Einschnitte der See, sowie durch die Gliederung der Bodenerhebung wird dieser östlich vor dem Haupttheil Rügens wie ein Wall daliegende und nur durch den Bodden davon getrennte breite Landstreifen in drei große Halbinsel-Plateaux zerschnitten, die Halbinseln Wittow, Jasmund und Mönch¬ gut. Alle drei sind durch niedrige schmale Landzungen mit einander verbun¬ den. Am südlichsten liegt Mönchgut, eine wunderbar gezackte und gespaltene Landspitze, deren bunt wechselnde Ackerstreifen durch die scharfen Kanten und Flächen der Wellen des baumlosen Geländes und durch die unzähligen Buchten der See etwas überaus Anziehendes erhalten. Hier ragt als steil abfallendes Vorgebirge das Nordpeerd heraus, an dem früher unsre Kriegs¬ schiffe ihre Schießübungen abhielten, und nach Süden streckt sich ebenso das Südpeerd hervor, nach dem nahen Thiessow auch thiessower Höfe genannt. Nahe diesem Cap„ im Landtief, zum Ausfall bereit und doch durch seine Lage vor den schweren Kriegsschiffen des Feindes geschützt, stationirten vor dem Seegefecht des 17. März 1864 die Kanonenboot-Divisionen unter dem da¬ maligen Kapitän Kühn: nach diesem Punkte, 6 Meilen von Swinemünde, 4 Meilen von Arkona, zogen sie sich nach dem Gefecht wieder zurück, und von hier aus ging am 14. April die kleine Grille mit dem Prinz-Admiral den übermächtigen Feinden, dem Linienschiff „Skiöld" (64 K.) und der Fregatte „SMand" (Seeland) (42) entgegen und schoß sich bei Jasmund kühn und flink mit ihnen herum. Den nördlichen Abschluß Mönchguts, dieser südlich¬ sten der drei Halbinseln, bilden der prächtige Buchenwald, der Granitz mit seiner runden vollen Erhebung und dem Jagdschloß darauf, von dessen Zin¬ nen sich eine entzückende Rundsicht über das Meer bis nach der Thurmspitze von Wolgast hin darbietet. Nördlich der Granitz, durch eine schmale Land¬ enge, die schmale Haide, mit ihr verbunden, breitet sich diejenige der drei Halb¬ inseln aus, welche die seltensten Naturschönheiten hat, Jasmund mit seinem Prachtvollen Buchenurwald, der Stubbnitz, an deren senkrechtem Abhang nach der See die weißen Kreidefelsen blendend zu Tage treten und namentlich bei Stubbenkammer ein Bild geben, das in Europa nicht seines Gleichen hat: wo fände man Kreidefelswände von solcher Höhe, deren Fuß sich in der rauschenden See badet, während über der Stirn die üppigen grünen Locken rügenschen Buchenwaldes hoch in den Lüften spielen? Hier, angesichts dieser steilen Felshänge, auf der Höhe von Jasmund war es, wo das bekannte Seegefecht vom 17. März 1864 geliefert wurde, das wir in einem früheren Artikel beschrieben haben. Der Theil von Rü¬ gen, dem dieser denkwürdige Punkt angehört, die Halbinsel Jasmund, wird Grenzboten II. 1868. 54

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_362043/429>, abgerufen am 15.01.2025.