Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.Dem sei, wie ihm wolle, das hessische Volk hat durch die Zollvereins¬ Aus Meran. II. "I woaß nit." Diese Auskunft wurde mir von mehrern Personen mit Dem sei, wie ihm wolle, das hessische Volk hat durch die Zollvereins¬ Aus Meran. II. „I woaß nit." Diese Auskunft wurde mir von mehrern Personen mit <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0314" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117846"/> <p xml:id="ID_1025"> Dem sei, wie ihm wolle, das hessische Volk hat durch die Zollvereins¬<lb/> wahlen bewiesen, daß es seine werthvollsten Rechte und ernsthaftesten Inter¬<lb/> essen nicht preisgeben, geschweige denn die Wiedergewinnung seiner Einheit<lb/> und Verfassung von-Ereignissen abhängig zu machen Lust hat, welche ohne<lb/> furchtbare, für Deutschland verhängnißvolle innere und äußere Katastrophen<lb/> nicht eintreten können.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Aus Meran.<lb/> II.</head><lb/> <p xml:id="ID_1026" next="#ID_1027"> „I woaß nit." Diese Auskunft wurde mir von mehrern Personen mit<lb/> großer Bestimmtheit gegeben. So wollen wir, dachte ich, den Kurzbüchl<lb/> oder Steinbüchl oder wie er sonst heißen mag auf sich beruhen lassen und<lb/> uns vor der Hand zum zehnten Mal an der herrlichen Aussicht weiden. —<lb/> Jetzt fürchten Sie gewiß eine Beschreibung von gefährlicher Länge zu er»<lb/> halten, aber sie wird so kurz und einfach werden wie möglich, da ich weiß,<lb/> daß schon viel bessere Federn den Charakter dieser Gegend geschildert haben.<lb/> Also Meran liegt auf dem rechten Ufer des oder der Passer, — das Ge¬<lb/> schlecht ist unentschieden — die von Nordosten aus dem Passeirerthal kommt;<lb/> sie ist im Herbst und Frühjahr laut genug, und im Sommer kann sie<lb/> Dämme zerreißen, aber zartgrün rieselt sie im Winter durch das Geröll, so<lb/> klein, rein und still, als könnte sie in ihrem Leben keinen Kinderschuh netzen.<lb/> Hinter dem Städtchen und seiner Rückenlehne, dem grünen Küchelberg —<lb/> einem kleinen, an der höchsten Stelle kaum 800 F. messenden Auswuchs, der<lb/> in den Urzeiten aus dem Leibe des Riesen Mute hervorkam — sehen wir<lb/> eine dunkelblaue Gebirgswand mit über 7000 und über 9000 F. hohen<lb/> Häuptern in den Himmel wachsen. Weitgestreckte, in Obstgärten und Wein¬<lb/> lauben gehüllte Dörfer lagern am Fuß und laufen eine Strecke den Abhang<lb/> hinan; in der Mitte einige Burgen, darunter das alte Schloß Tirol; noch<lb/> höher nisten einsame Bauernhöfe. Dann steigen die Felszinnen nackt in den<lb/> blauen Aether. Pyramidisch ragt im Westen die mächtige Adlerspitze, die<lb/> schon in's Vintschgau hineinschattet; scharf starren die Zacken der Ziel-,<lb/> Röthel- und Muttspitze, stumpf die des Tschigat, während der schiefrige<lb/> Spronser Grat im Osten sieben kleine Pyramidenspitzen emporstreckt. Ge¬<lb/> wöhnlich hängt diesen Bergen der weiße Wintermantel noch bis zum Gürtel<lb/> herab, wenn unten die Rebe thränt und die Pfirsichblüthe schon ihren rothen<lb/> Schimmer über die Gärten von Meran und Algund wirft; die Allersfurchen<lb/> und Falten im dunklen Antlitz des Gesteins pflegt der Schnee noch mit</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0314]
Dem sei, wie ihm wolle, das hessische Volk hat durch die Zollvereins¬
wahlen bewiesen, daß es seine werthvollsten Rechte und ernsthaftesten Inter¬
essen nicht preisgeben, geschweige denn die Wiedergewinnung seiner Einheit
und Verfassung von-Ereignissen abhängig zu machen Lust hat, welche ohne
furchtbare, für Deutschland verhängnißvolle innere und äußere Katastrophen
nicht eintreten können.
Aus Meran.
II.
„I woaß nit." Diese Auskunft wurde mir von mehrern Personen mit
großer Bestimmtheit gegeben. So wollen wir, dachte ich, den Kurzbüchl
oder Steinbüchl oder wie er sonst heißen mag auf sich beruhen lassen und
uns vor der Hand zum zehnten Mal an der herrlichen Aussicht weiden. —
Jetzt fürchten Sie gewiß eine Beschreibung von gefährlicher Länge zu er»
halten, aber sie wird so kurz und einfach werden wie möglich, da ich weiß,
daß schon viel bessere Federn den Charakter dieser Gegend geschildert haben.
Also Meran liegt auf dem rechten Ufer des oder der Passer, — das Ge¬
schlecht ist unentschieden — die von Nordosten aus dem Passeirerthal kommt;
sie ist im Herbst und Frühjahr laut genug, und im Sommer kann sie
Dämme zerreißen, aber zartgrün rieselt sie im Winter durch das Geröll, so
klein, rein und still, als könnte sie in ihrem Leben keinen Kinderschuh netzen.
Hinter dem Städtchen und seiner Rückenlehne, dem grünen Küchelberg —
einem kleinen, an der höchsten Stelle kaum 800 F. messenden Auswuchs, der
in den Urzeiten aus dem Leibe des Riesen Mute hervorkam — sehen wir
eine dunkelblaue Gebirgswand mit über 7000 und über 9000 F. hohen
Häuptern in den Himmel wachsen. Weitgestreckte, in Obstgärten und Wein¬
lauben gehüllte Dörfer lagern am Fuß und laufen eine Strecke den Abhang
hinan; in der Mitte einige Burgen, darunter das alte Schloß Tirol; noch
höher nisten einsame Bauernhöfe. Dann steigen die Felszinnen nackt in den
blauen Aether. Pyramidisch ragt im Westen die mächtige Adlerspitze, die
schon in's Vintschgau hineinschattet; scharf starren die Zacken der Ziel-,
Röthel- und Muttspitze, stumpf die des Tschigat, während der schiefrige
Spronser Grat im Osten sieben kleine Pyramidenspitzen emporstreckt. Ge¬
wöhnlich hängt diesen Bergen der weiße Wintermantel noch bis zum Gürtel
herab, wenn unten die Rebe thränt und die Pfirsichblüthe schon ihren rothen
Schimmer über die Gärten von Meran und Algund wirft; die Allersfurchen
und Falten im dunklen Antlitz des Gesteins pflegt der Schnee noch mit
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