Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.war; wenn dies und wenn Vasari mit der Angabe von Gentile's Alter recht Wir haben bisher noch nicht von Crinelli gesprochen; er ist in der Während wir bei Crivelli die Oberflächlichkeit tadeln müssen, mit der er Grenzboten II. 1868. 37
war; wenn dies und wenn Vasari mit der Angabe von Gentile's Alter recht Wir haben bisher noch nicht von Crinelli gesprochen; er ist in der Während wir bei Crivelli die Oberflächlichkeit tadeln müssen, mit der er Grenzboten II. 1868. 37
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war; wenn dies und wenn Vasari mit der Angabe von Gentile's Alter recht
hat, dann ist Giovanni nach 1427 auf die Welt gekommen. Das stärkste
Beispiel von der Unzuverlässigkeit des Katalogs in der Benennung der Bilder
nach ihren vermeintlichen Meistern gibt das Bild Ur. 6 (der todte Christus
beklagt von Maria, Johannes, Magdalena, Joseph von Arimathia und Ni-
codemus) „bezeichnet: Johannes Bellinus", wie unser Buch sagt. Ver¬
gebens suchen wir nach dieser Inschrift, wir finden nichts als in einer Ecke
die Buchstaben: „ . g, . . us L . x. i . .» Das sind sechs Lettern, die zu
zwei Worten gehören, und wir lesen sie: Marcus Baraiti." Das Bild ist
also von Basaiti und nicht von Bellini, wie der Stil desselben überdies
lehrt; und das Werk ist dadurch von besonderem Werth, weil es uns zeigt,
wie Basaitis Manier sich allmählich aus dem Vivarinesken der Schönheit
Bellini's näherte. Aber wie kam der Katalog in aller Welt zu jener Les¬
art, oder vielmehr: wo war die Brille des Autors? — Nur ein Wort
noch über die „Darstellung Christi im Tempel" (Ur. 36); das Bild, wohl¬
weislich in beträchtlicher Höhe angebracht, scheint eine Replik jenes bekannten
sehr mißhandelten im Belvedere in Wien zu sein, das selber ein schwaches
Produkt aus Bellini's Schule ist. Höchst wahrscheinlich hat es mit dem
Meister nichts zu thun.
Wir haben bisher noch nicht von Crinelli gesprochen; er ist in der
Gallerie durch zwei Werke vertreten, von denen eins (Ur. 1173) seiner frühe¬
sten, das andere (Ur. 1156) seiner späteren Periode angehört. Ein Blick
auf diese zeigt uns, was wir an all' den zahlreichen Bildern seiner Hand
gewahr werden, die in den Museen zu finden sind, daß er mit einem Fond
von venetianischer Bildung doch seinem Stile nach Paduaner war. Außer
dem Namen hat er wenig oder gar nichts Venetianisches, und die Bemerkung,
die wir aus dem bezüglichen Vorwort des Katalogs citirt haben, trifft daher
in der Hauptsache nicht zu. Wie ungenau ist überdies die Angabe, daß
Crivelli „um 1476" geblüht habe, und wie unrichtig, daß er Schwer Jaco-
bellos del Fiore gewesen sei. Ist er überhaupt bei einem Venetianer in die
Lehre gegangen, dann war dieser Antonio Vivarini; und was die Zeit seines
Wirkens betrifft, so kennen wir ein Altarstück von ihm mit dem Datum 1463,
und ein andres in der Oggioni-Gallerie der Brera zu Mailand v. I. 1493.
Während wir bei Crivelli die Oberflächlichkeit tadeln müssen, mit der er
abgethan wird, nehmen wir bei der Behandlung des Carpaccio an dem
Gegentheil Anstoß. Er war Schüler des Gentile Bellini, und wir wissen, daß
sein Name 1470 in der Brüderschaft von San Girolamo in Venedig aufge-
führt ist, aber für die Bestimmung seines Geburtsjahres 1450, die wir hier
finden, haben wir keinen Nachweis. Seine spätesten Arbeiten sind von 1619
^Von Mansueti, einem Schüler Giovanni Bellini's, heißt es, daß er 1500
Grenzboten II. 1868. 37
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