Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Rücksicht auf die Frage, ob sie unterstützungsbedürftig, mannigfache Einsprache
erhoben hatte. Auch das auf jener Seite ausgesprochene Wort "Academie"
rief in einer großen Anzahl Zweigstiftungen die Besorgniß wach, die Stiftung
nach und nach ihrem ursprünglich milden Zwecke entfremdet zu sehen. Als
die Statuten endlich revidirt werden sollten, handelte es sich eigentlich vor¬
nehmlich um die Frage: soll jenem Hinarbeiten auf eine deutsche Dichter-
academie Vorschub geleistet werden? Wurde diese Frage bejaht, so mußte
das Wechseln des Vororts beseitigt und Weimars dauernder Vorsitz möglich
gemacht werden.

In solchem Sinne hatte der damalige Verwaltungsrath seinen Nevisions-
entwurf ausgearbeitet. Hinzugefügt muß freilich werden, daß die letzten Con-
sequenzen dieser Aenderungen außer dem Vororte Weimar selbst wohl kaum
allen bei der Vorlegung des Entwurfs Betheiligten ganz deutlich ge¬
wesen sind.

Mit welchen Unregelmäßigkeiten und mit welch geringer Majorität die
Revision und die sofortige Wiederwahl Weimars dann zu Stande kamen,
soll hier nicht weiter ausgeführt werden. Es folgte der Einspruch des säch¬
sischen Cultusministeriums, die Ansetzvng einer sechsmonatlichen Frist "zur
Verständigung >im Schooße der Stiftung", endlich die Einberufung einer
neuen Generalversammlung, welche die Beschlüsse der vorausgegangenen um¬
stieß, Wien für die nächsten 3 Jahre zum Vorort wählte und den neuen
Vorort mit Ausarbeitung eines neuen Revisionsentwurfs beauftragte.

Dieser Arbeit hat der Vorort sich unterzogen. Dresdens Ansichten, als
diejenigen der bestfundirten Zweigstiftung, sind von ihm eingeholt und theil-
weise verwerthet worden, und nachdem der neue Entwurf eine ausreichende
Zeit in den Händen der einzelnen Stiftungen gelegen hatte, ist in der Woche
vor Ostern eine außerordentliche Generalversammlung zum Zwecke der Be¬
schlußnahme über den Entwurf zusammengetreten.

Ueber den Verlauf derselben haben die Zeitungen schon berichtet. Nach¬
dem § 12 der alten Satzungen und dessen Auslegung einen Augenblick die
Generalversammlung in ein neues Schisma zu stürzen gedroht hatte, ist die
Erkenntniß, daß des Haders übergenug sei, durchgedrungen und von da an
hat man sich ohne allzu große Mühe über die neue Fassung des Statuts
verständigt.

Mit Uebergehung der untergeordneten Aenderungen des alten Statuts
sei hier erwähnt, daß künftig alle Vergabungen, welche die Summe von
600 Thlrn. übersteigen, und ebenso alle Pensionen, welche auf länger als
8 Jahre bewilligt werden sollen, den Beschlüssen der Generalversammlung
unterliegen; daß ferner die Namen aller derjenigen, welche irgend etwas aus
den Mitteln der Stiftung empfangen, veröffentlicht werden.


Rücksicht auf die Frage, ob sie unterstützungsbedürftig, mannigfache Einsprache
erhoben hatte. Auch das auf jener Seite ausgesprochene Wort „Academie"
rief in einer großen Anzahl Zweigstiftungen die Besorgniß wach, die Stiftung
nach und nach ihrem ursprünglich milden Zwecke entfremdet zu sehen. Als
die Statuten endlich revidirt werden sollten, handelte es sich eigentlich vor¬
nehmlich um die Frage: soll jenem Hinarbeiten auf eine deutsche Dichter-
academie Vorschub geleistet werden? Wurde diese Frage bejaht, so mußte
das Wechseln des Vororts beseitigt und Weimars dauernder Vorsitz möglich
gemacht werden.

In solchem Sinne hatte der damalige Verwaltungsrath seinen Nevisions-
entwurf ausgearbeitet. Hinzugefügt muß freilich werden, daß die letzten Con-
sequenzen dieser Aenderungen außer dem Vororte Weimar selbst wohl kaum
allen bei der Vorlegung des Entwurfs Betheiligten ganz deutlich ge¬
wesen sind.

Mit welchen Unregelmäßigkeiten und mit welch geringer Majorität die
Revision und die sofortige Wiederwahl Weimars dann zu Stande kamen,
soll hier nicht weiter ausgeführt werden. Es folgte der Einspruch des säch¬
sischen Cultusministeriums, die Ansetzvng einer sechsmonatlichen Frist „zur
Verständigung >im Schooße der Stiftung", endlich die Einberufung einer
neuen Generalversammlung, welche die Beschlüsse der vorausgegangenen um¬
stieß, Wien für die nächsten 3 Jahre zum Vorort wählte und den neuen
Vorort mit Ausarbeitung eines neuen Revisionsentwurfs beauftragte.

Dieser Arbeit hat der Vorort sich unterzogen. Dresdens Ansichten, als
diejenigen der bestfundirten Zweigstiftung, sind von ihm eingeholt und theil-
weise verwerthet worden, und nachdem der neue Entwurf eine ausreichende
Zeit in den Händen der einzelnen Stiftungen gelegen hatte, ist in der Woche
vor Ostern eine außerordentliche Generalversammlung zum Zwecke der Be¬
schlußnahme über den Entwurf zusammengetreten.

Ueber den Verlauf derselben haben die Zeitungen schon berichtet. Nach¬
dem § 12 der alten Satzungen und dessen Auslegung einen Augenblick die
Generalversammlung in ein neues Schisma zu stürzen gedroht hatte, ist die
Erkenntniß, daß des Haders übergenug sei, durchgedrungen und von da an
hat man sich ohne allzu große Mühe über die neue Fassung des Statuts
verständigt.

Mit Uebergehung der untergeordneten Aenderungen des alten Statuts
sei hier erwähnt, daß künftig alle Vergabungen, welche die Summe von
600 Thlrn. übersteigen, und ebenso alle Pensionen, welche auf länger als
8 Jahre bewilligt werden sollen, den Beschlüssen der Generalversammlung
unterliegen; daß ferner die Namen aller derjenigen, welche irgend etwas aus
den Mitteln der Stiftung empfangen, veröffentlicht werden.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0225" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117757"/>
          <p xml:id="ID_706" prev="#ID_705"> Rücksicht auf die Frage, ob sie unterstützungsbedürftig, mannigfache Einsprache<lb/>
erhoben hatte. Auch das auf jener Seite ausgesprochene Wort &#x201E;Academie"<lb/>
rief in einer großen Anzahl Zweigstiftungen die Besorgniß wach, die Stiftung<lb/>
nach und nach ihrem ursprünglich milden Zwecke entfremdet zu sehen. Als<lb/>
die Statuten endlich revidirt werden sollten, handelte es sich eigentlich vor¬<lb/>
nehmlich um die Frage: soll jenem Hinarbeiten auf eine deutsche Dichter-<lb/>
academie Vorschub geleistet werden? Wurde diese Frage bejaht, so mußte<lb/>
das Wechseln des Vororts beseitigt und Weimars dauernder Vorsitz möglich<lb/>
gemacht werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_707"> In solchem Sinne hatte der damalige Verwaltungsrath seinen Nevisions-<lb/>
entwurf ausgearbeitet. Hinzugefügt muß freilich werden, daß die letzten Con-<lb/>
sequenzen dieser Aenderungen außer dem Vororte Weimar selbst wohl kaum<lb/>
allen bei der Vorlegung des Entwurfs Betheiligten ganz deutlich ge¬<lb/>
wesen sind.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_708"> Mit welchen Unregelmäßigkeiten und mit welch geringer Majorität die<lb/>
Revision und die sofortige Wiederwahl Weimars dann zu Stande kamen,<lb/>
soll hier nicht weiter ausgeführt werden. Es folgte der Einspruch des säch¬<lb/>
sischen Cultusministeriums, die Ansetzvng einer sechsmonatlichen Frist &#x201E;zur<lb/>
Verständigung &gt;im Schooße der Stiftung", endlich die Einberufung einer<lb/>
neuen Generalversammlung, welche die Beschlüsse der vorausgegangenen um¬<lb/>
stieß, Wien für die nächsten 3 Jahre zum Vorort wählte und den neuen<lb/>
Vorort mit Ausarbeitung eines neuen Revisionsentwurfs beauftragte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_709"> Dieser Arbeit hat der Vorort sich unterzogen. Dresdens Ansichten, als<lb/>
diejenigen der bestfundirten Zweigstiftung, sind von ihm eingeholt und theil-<lb/>
weise verwerthet worden, und nachdem der neue Entwurf eine ausreichende<lb/>
Zeit in den Händen der einzelnen Stiftungen gelegen hatte, ist in der Woche<lb/>
vor Ostern eine außerordentliche Generalversammlung zum Zwecke der Be¬<lb/>
schlußnahme über den Entwurf zusammengetreten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_710"> Ueber den Verlauf derselben haben die Zeitungen schon berichtet. Nach¬<lb/>
dem § 12 der alten Satzungen und dessen Auslegung einen Augenblick die<lb/>
Generalversammlung in ein neues Schisma zu stürzen gedroht hatte, ist die<lb/>
Erkenntniß, daß des Haders übergenug sei, durchgedrungen und von da an<lb/>
hat man sich ohne allzu große Mühe über die neue Fassung des Statuts<lb/>
verständigt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_711"> Mit Uebergehung der untergeordneten Aenderungen des alten Statuts<lb/>
sei hier erwähnt, daß künftig alle Vergabungen, welche die Summe von<lb/>
600 Thlrn. übersteigen, und ebenso alle Pensionen, welche auf länger als<lb/>
8 Jahre bewilligt werden sollen, den Beschlüssen der Generalversammlung<lb/>
unterliegen; daß ferner die Namen aller derjenigen, welche irgend etwas aus<lb/>
den Mitteln der Stiftung empfangen, veröffentlicht werden.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0225] Rücksicht auf die Frage, ob sie unterstützungsbedürftig, mannigfache Einsprache erhoben hatte. Auch das auf jener Seite ausgesprochene Wort „Academie" rief in einer großen Anzahl Zweigstiftungen die Besorgniß wach, die Stiftung nach und nach ihrem ursprünglich milden Zwecke entfremdet zu sehen. Als die Statuten endlich revidirt werden sollten, handelte es sich eigentlich vor¬ nehmlich um die Frage: soll jenem Hinarbeiten auf eine deutsche Dichter- academie Vorschub geleistet werden? Wurde diese Frage bejaht, so mußte das Wechseln des Vororts beseitigt und Weimars dauernder Vorsitz möglich gemacht werden. In solchem Sinne hatte der damalige Verwaltungsrath seinen Nevisions- entwurf ausgearbeitet. Hinzugefügt muß freilich werden, daß die letzten Con- sequenzen dieser Aenderungen außer dem Vororte Weimar selbst wohl kaum allen bei der Vorlegung des Entwurfs Betheiligten ganz deutlich ge¬ wesen sind. Mit welchen Unregelmäßigkeiten und mit welch geringer Majorität die Revision und die sofortige Wiederwahl Weimars dann zu Stande kamen, soll hier nicht weiter ausgeführt werden. Es folgte der Einspruch des säch¬ sischen Cultusministeriums, die Ansetzvng einer sechsmonatlichen Frist „zur Verständigung >im Schooße der Stiftung", endlich die Einberufung einer neuen Generalversammlung, welche die Beschlüsse der vorausgegangenen um¬ stieß, Wien für die nächsten 3 Jahre zum Vorort wählte und den neuen Vorort mit Ausarbeitung eines neuen Revisionsentwurfs beauftragte. Dieser Arbeit hat der Vorort sich unterzogen. Dresdens Ansichten, als diejenigen der bestfundirten Zweigstiftung, sind von ihm eingeholt und theil- weise verwerthet worden, und nachdem der neue Entwurf eine ausreichende Zeit in den Händen der einzelnen Stiftungen gelegen hatte, ist in der Woche vor Ostern eine außerordentliche Generalversammlung zum Zwecke der Be¬ schlußnahme über den Entwurf zusammengetreten. Ueber den Verlauf derselben haben die Zeitungen schon berichtet. Nach¬ dem § 12 der alten Satzungen und dessen Auslegung einen Augenblick die Generalversammlung in ein neues Schisma zu stürzen gedroht hatte, ist die Erkenntniß, daß des Haders übergenug sei, durchgedrungen und von da an hat man sich ohne allzu große Mühe über die neue Fassung des Statuts verständigt. Mit Uebergehung der untergeordneten Aenderungen des alten Statuts sei hier erwähnt, daß künftig alle Vergabungen, welche die Summe von 600 Thlrn. übersteigen, und ebenso alle Pensionen, welche auf länger als 8 Jahre bewilligt werden sollen, den Beschlüssen der Generalversammlung unterliegen; daß ferner die Namen aller derjenigen, welche irgend etwas aus den Mitteln der Stiftung empfangen, veröffentlicht werden.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_362043
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_362043/225
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_362043/225>, abgerufen am 15.01.2025.