Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.lisirt, bis die Waare fertig, verkauft und bezahlt ist, worüber meist ein Aber es ist klar, daß, wenn diese Forderung nach einem höheren lisirt, bis die Waare fertig, verkauft und bezahlt ist, worüber meist ein Aber es ist klar, daß, wenn diese Forderung nach einem höheren <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0064" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/287336"/> <p xml:id="ID_130" prev="#ID_129"> lisirt, bis die Waare fertig, verkauft und bezahlt ist, worüber meist ein<lb/> Jahr vergeht. Darauf kann aber der capitallose Arbeiter nicht warten, er<lb/> muß für sein Tagewerk gleich bezahlt werden, ehe der Unternehmer noch<lb/> irgend welchen Gewinn eingestrichen, ja ehe es überhaupt noch feststeht, ob<lb/> sich ein Gewinn ergeben wird und nicht vielmehr ein Verlust. Er kann sich<lb/> auch nicht auf einen fluctuirenden Gewinn einlassen, sondern muß auf eine<lb/> feste Wocheneinnahme rechnen können, um sich und seine Familie zu erhalten.<lb/> Der Capitalist, indem er dem Arbeiter Lohn zahlt, schießt also demselben<lb/> den Antheil am Fabricationsgewinn vor, den er sich durch seine Hand er¬<lb/> worben. Er thut dies nach einer Wahrscheinlichkeitsberechnung seines Ge¬<lb/> winnes, aber gibt den Arbeitern natürlich etwas weniger, als wenn sie — wie er<lb/> — warteten, bis die Waare bezahlt ist; dies ist auch ganz billig, denn einmal<lb/> verliert er die Zinsen des gezählten-Lohns und andererseits läuft er die Ge¬<lb/> fahr, daß die Operation nicht den gehofften Gewinn, ja vielleicht Verlust<lb/> bringt: für beides muß er einen Abzug machen. Der Arbeiter ist also Theil¬<lb/> haber am Geschäft, er bezieht seinen Antheil am Gewinn nur in anderer<lb/> Form, indem er selbst verlangt, statt des vielleicht größeren aber unsicheren,<lb/> jedenfalls wechselnden und spät eingehenden Gewinnes des Capitalisten ein<lb/> geringeres aber festes Einkommen zu haben. Wenn also jetzt die Arbeiter<lb/> Theilnahme am Geschäft begehren, so kann das nur heißen, daß sie andere<lb/> Formen dieser Theilnahme fordern, als die, welche schon bestehen. Sie verlangen<lb/> in Wirklichkeit fluctuirenden Gewinn statt festen Lohnes, denn, wie sie ganz<lb/> richtig sagen, nur wenn sie die wechselnden Chancen des Geschäftes theilen,<lb/> werden sie sicher sein, jenen verhältnißmäßigen Antheil am Gewinn zu er¬<lb/> halten und eben deshalb erst dann das lebhafte Interesse an der Arbeit neh¬<lb/> men, welches allein den größtmöglichen Vortheil für beide Theile verspricht.</p><lb/> <p xml:id="ID_131" next="#ID_132"> Aber es ist klar, daß, wenn diese Forderung nach einem höheren<lb/> aber unsicheren und wechselnden Gewinn erfüllt werden soll, der Arbeiter<lb/> nicht zugleich den Vortheil des vorerwähnten festen Lohneinkommens fordern<lb/> kann, oder doch nicht in demselben Maße, wie bisher; denn wenn der<lb/> Unternehmer jenen endlichen Ueberschuß mit den Arbeitern theilen sollte,<lb/> womit sollte er die Zinsen des vorgeschossenen Lohnes und die Verluste schlechter<lb/> Conjuneturen decken? Will der Arbeiter diesen Antheil an dem wechselnden<lb/> Endgewinn des Geschäfts haben, so muß er. da er den festen Lohn nicht<lb/> entbehren kann, sich dazu verstehen, einmal einen geringern Lohn zu nehmen,<lb/> andererseits sich mit einem solchen Antheil an dem Nettogewinn zu begnügen,<lb/> welcher dem Unternehmer erlaubt, die Verzinsung des Lohnes und die un¬<lb/> günstigen Geschäftschancen zu übertragen, und nur in dieser Combination<lb/> scheint die wahre Lösung zu liegen. — Suchen wir dies an einem concreten Fall<lb/> deutlich zu machen. Ein Arbeiter hat bisher in guten Jahren 1 Pfd. Sterl.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0064]
lisirt, bis die Waare fertig, verkauft und bezahlt ist, worüber meist ein
Jahr vergeht. Darauf kann aber der capitallose Arbeiter nicht warten, er
muß für sein Tagewerk gleich bezahlt werden, ehe der Unternehmer noch
irgend welchen Gewinn eingestrichen, ja ehe es überhaupt noch feststeht, ob
sich ein Gewinn ergeben wird und nicht vielmehr ein Verlust. Er kann sich
auch nicht auf einen fluctuirenden Gewinn einlassen, sondern muß auf eine
feste Wocheneinnahme rechnen können, um sich und seine Familie zu erhalten.
Der Capitalist, indem er dem Arbeiter Lohn zahlt, schießt also demselben
den Antheil am Fabricationsgewinn vor, den er sich durch seine Hand er¬
worben. Er thut dies nach einer Wahrscheinlichkeitsberechnung seines Ge¬
winnes, aber gibt den Arbeitern natürlich etwas weniger, als wenn sie — wie er
— warteten, bis die Waare bezahlt ist; dies ist auch ganz billig, denn einmal
verliert er die Zinsen des gezählten-Lohns und andererseits läuft er die Ge¬
fahr, daß die Operation nicht den gehofften Gewinn, ja vielleicht Verlust
bringt: für beides muß er einen Abzug machen. Der Arbeiter ist also Theil¬
haber am Geschäft, er bezieht seinen Antheil am Gewinn nur in anderer
Form, indem er selbst verlangt, statt des vielleicht größeren aber unsicheren,
jedenfalls wechselnden und spät eingehenden Gewinnes des Capitalisten ein
geringeres aber festes Einkommen zu haben. Wenn also jetzt die Arbeiter
Theilnahme am Geschäft begehren, so kann das nur heißen, daß sie andere
Formen dieser Theilnahme fordern, als die, welche schon bestehen. Sie verlangen
in Wirklichkeit fluctuirenden Gewinn statt festen Lohnes, denn, wie sie ganz
richtig sagen, nur wenn sie die wechselnden Chancen des Geschäftes theilen,
werden sie sicher sein, jenen verhältnißmäßigen Antheil am Gewinn zu er¬
halten und eben deshalb erst dann das lebhafte Interesse an der Arbeit neh¬
men, welches allein den größtmöglichen Vortheil für beide Theile verspricht.
Aber es ist klar, daß, wenn diese Forderung nach einem höheren
aber unsicheren und wechselnden Gewinn erfüllt werden soll, der Arbeiter
nicht zugleich den Vortheil des vorerwähnten festen Lohneinkommens fordern
kann, oder doch nicht in demselben Maße, wie bisher; denn wenn der
Unternehmer jenen endlichen Ueberschuß mit den Arbeitern theilen sollte,
womit sollte er die Zinsen des vorgeschossenen Lohnes und die Verluste schlechter
Conjuneturen decken? Will der Arbeiter diesen Antheil an dem wechselnden
Endgewinn des Geschäfts haben, so muß er. da er den festen Lohn nicht
entbehren kann, sich dazu verstehen, einmal einen geringern Lohn zu nehmen,
andererseits sich mit einem solchen Antheil an dem Nettogewinn zu begnügen,
welcher dem Unternehmer erlaubt, die Verzinsung des Lohnes und die un¬
günstigen Geschäftschancen zu übertragen, und nur in dieser Combination
scheint die wahre Lösung zu liegen. — Suchen wir dies an einem concreten Fall
deutlich zu machen. Ein Arbeiter hat bisher in guten Jahren 1 Pfd. Sterl.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |