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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.

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lichen Candelaber ist der schwere dreigliedrige Fuß, von einer großen Wanne
nur noch ein Fragment erhalten. Zu zwei verschiedenen massiven, ungewöhn¬
lich großen Eimerhenkeln fehlen die Gefäße. Mehrere große Teller, einige
Tiegel mit verzierten Handgriffen und eine Anzahl oblonger und ovaler flacher
Schüsseln mit wenig erhabenem Rand und niedrigen Füßen werden zum
Serviren verschiedener Speisen gedient haben. Ein kleiner Becher sieht einem
Salzgesäß nicht unähnlich. Schließlich sind eine ganze Reihe sehr verschiedent¬
lich geformten Trinkgeschirrs und mehrere große Eimer zu nennen, in denen
nach antiker Sitte der Wein gemischt wurde. Diese letztern Stücke haben
aus praktischen Gründen inwendig einen besonders aufgelötheten Einsatz
aus dünnem Silberblech, während die genannten Schalen mit ihren im
Innern aufgesetzten stark erhabenen Reliefs, welche beinahe die Höhe des
Gefäßrandes erreichen, wenigstens nicht zur Aufnahme von Flüssigkeiten
tauglich erscheinen und wohl überhaupt zu bloßer Schaustellung verwendet
worden sind.

Die Arbeit der Verzierungen rührt von verschiedenen Händen her und
zeigt stilistische Unterschiede, die sicher auch auf die Verschiedenheit der be<
nutzten Vorlagen zurückzuführen sind. Die geringsten Stücke der Sammlung
sind ein hohes humpenähnliches Trinkgefäß mit mehreren Reihen von Thier¬
figuren und zwei Schalen, offenbare Pendants, welche je ein Brustbild in Hoch¬
relief inmitten der Innenseite haben: eine Khbele mit Mauerkrone und Tym-
panon und eine Darstellung des phrygischen Mondgottes mit der Mondsichel
und einer schweren Halskette. Gelungener ist eine dritte Schale, aus welcher
eine Büste des jungen Hercules vorsieht, welcher lächelnd die beiden Schlan¬
gen würgt. Eine vierte Schale, das mythologisch interessanteste Stück, ist
mit der ganzen Figur einer Minerva geschmückt. Die Göttin sitzt in voller
Rüstung, mit Schild, Aigis und Helm auf einem Felsen und legt die rechte
Hand aus ein Attribut, welches noch am wahrscheinlichsten für eine Pflug¬
sterze angesehen worden ist, für welches aber der rechte Name vielleicht noch
gesunden werden muß; vor ihr hockt neben einem Oelkranze eine Eule auf
dem wieder ansteigenden Boden. Das Gewand der Figur ist mit großer
Meisterschaft behandelt, die Composition des Ganzen im runden Raum aber
ist wenig glücklich zu nennen und fällt namentlich in der Photographie un¬
angenehm auf. Hingegen können zu den vollendetsten Kunstwerken dieser
Gattung, die wir überhaupt aus dem Alterthume kennen, einige Trinkbecher
gezählt werden, welche mit einer ganzen kleinen Welt der reizendsten Gegen¬
stände des bakchischen Cultus, mit Masken, Thyrsusstäben, Tamburinen,
Pfeifen, Schellen und dergleichen umkleidet erscheinen. Und das größte und
in jedem Betracht ansehnlichste Stück, ein glockenförmiger Krater, welcher mit
den anmuthigsten Ornamenten umzogen ist und, wie eine Inschrift aussagt,


lichen Candelaber ist der schwere dreigliedrige Fuß, von einer großen Wanne
nur noch ein Fragment erhalten. Zu zwei verschiedenen massiven, ungewöhn¬
lich großen Eimerhenkeln fehlen die Gefäße. Mehrere große Teller, einige
Tiegel mit verzierten Handgriffen und eine Anzahl oblonger und ovaler flacher
Schüsseln mit wenig erhabenem Rand und niedrigen Füßen werden zum
Serviren verschiedener Speisen gedient haben. Ein kleiner Becher sieht einem
Salzgesäß nicht unähnlich. Schließlich sind eine ganze Reihe sehr verschiedent¬
lich geformten Trinkgeschirrs und mehrere große Eimer zu nennen, in denen
nach antiker Sitte der Wein gemischt wurde. Diese letztern Stücke haben
aus praktischen Gründen inwendig einen besonders aufgelötheten Einsatz
aus dünnem Silberblech, während die genannten Schalen mit ihren im
Innern aufgesetzten stark erhabenen Reliefs, welche beinahe die Höhe des
Gefäßrandes erreichen, wenigstens nicht zur Aufnahme von Flüssigkeiten
tauglich erscheinen und wohl überhaupt zu bloßer Schaustellung verwendet
worden sind.

Die Arbeit der Verzierungen rührt von verschiedenen Händen her und
zeigt stilistische Unterschiede, die sicher auch auf die Verschiedenheit der be<
nutzten Vorlagen zurückzuführen sind. Die geringsten Stücke der Sammlung
sind ein hohes humpenähnliches Trinkgefäß mit mehreren Reihen von Thier¬
figuren und zwei Schalen, offenbare Pendants, welche je ein Brustbild in Hoch¬
relief inmitten der Innenseite haben: eine Khbele mit Mauerkrone und Tym-
panon und eine Darstellung des phrygischen Mondgottes mit der Mondsichel
und einer schweren Halskette. Gelungener ist eine dritte Schale, aus welcher
eine Büste des jungen Hercules vorsieht, welcher lächelnd die beiden Schlan¬
gen würgt. Eine vierte Schale, das mythologisch interessanteste Stück, ist
mit der ganzen Figur einer Minerva geschmückt. Die Göttin sitzt in voller
Rüstung, mit Schild, Aigis und Helm auf einem Felsen und legt die rechte
Hand aus ein Attribut, welches noch am wahrscheinlichsten für eine Pflug¬
sterze angesehen worden ist, für welches aber der rechte Name vielleicht noch
gesunden werden muß; vor ihr hockt neben einem Oelkranze eine Eule auf
dem wieder ansteigenden Boden. Das Gewand der Figur ist mit großer
Meisterschaft behandelt, die Composition des Ganzen im runden Raum aber
ist wenig glücklich zu nennen und fällt namentlich in der Photographie un¬
angenehm auf. Hingegen können zu den vollendetsten Kunstwerken dieser
Gattung, die wir überhaupt aus dem Alterthume kennen, einige Trinkbecher
gezählt werden, welche mit einer ganzen kleinen Welt der reizendsten Gegen¬
stände des bakchischen Cultus, mit Masken, Thyrsusstäben, Tamburinen,
Pfeifen, Schellen und dergleichen umkleidet erscheinen. Und das größte und
in jedem Betracht ansehnlichste Stück, ein glockenförmiger Krater, welcher mit
den anmuthigsten Ornamenten umzogen ist und, wie eine Inschrift aussagt,


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[0519] lichen Candelaber ist der schwere dreigliedrige Fuß, von einer großen Wanne nur noch ein Fragment erhalten. Zu zwei verschiedenen massiven, ungewöhn¬ lich großen Eimerhenkeln fehlen die Gefäße. Mehrere große Teller, einige Tiegel mit verzierten Handgriffen und eine Anzahl oblonger und ovaler flacher Schüsseln mit wenig erhabenem Rand und niedrigen Füßen werden zum Serviren verschiedener Speisen gedient haben. Ein kleiner Becher sieht einem Salzgesäß nicht unähnlich. Schließlich sind eine ganze Reihe sehr verschiedent¬ lich geformten Trinkgeschirrs und mehrere große Eimer zu nennen, in denen nach antiker Sitte der Wein gemischt wurde. Diese letztern Stücke haben aus praktischen Gründen inwendig einen besonders aufgelötheten Einsatz aus dünnem Silberblech, während die genannten Schalen mit ihren im Innern aufgesetzten stark erhabenen Reliefs, welche beinahe die Höhe des Gefäßrandes erreichen, wenigstens nicht zur Aufnahme von Flüssigkeiten tauglich erscheinen und wohl überhaupt zu bloßer Schaustellung verwendet worden sind. Die Arbeit der Verzierungen rührt von verschiedenen Händen her und zeigt stilistische Unterschiede, die sicher auch auf die Verschiedenheit der be< nutzten Vorlagen zurückzuführen sind. Die geringsten Stücke der Sammlung sind ein hohes humpenähnliches Trinkgefäß mit mehreren Reihen von Thier¬ figuren und zwei Schalen, offenbare Pendants, welche je ein Brustbild in Hoch¬ relief inmitten der Innenseite haben: eine Khbele mit Mauerkrone und Tym- panon und eine Darstellung des phrygischen Mondgottes mit der Mondsichel und einer schweren Halskette. Gelungener ist eine dritte Schale, aus welcher eine Büste des jungen Hercules vorsieht, welcher lächelnd die beiden Schlan¬ gen würgt. Eine vierte Schale, das mythologisch interessanteste Stück, ist mit der ganzen Figur einer Minerva geschmückt. Die Göttin sitzt in voller Rüstung, mit Schild, Aigis und Helm auf einem Felsen und legt die rechte Hand aus ein Attribut, welches noch am wahrscheinlichsten für eine Pflug¬ sterze angesehen worden ist, für welches aber der rechte Name vielleicht noch gesunden werden muß; vor ihr hockt neben einem Oelkranze eine Eule auf dem wieder ansteigenden Boden. Das Gewand der Figur ist mit großer Meisterschaft behandelt, die Composition des Ganzen im runden Raum aber ist wenig glücklich zu nennen und fällt namentlich in der Photographie un¬ angenehm auf. Hingegen können zu den vollendetsten Kunstwerken dieser Gattung, die wir überhaupt aus dem Alterthume kennen, einige Trinkbecher gezählt werden, welche mit einer ganzen kleinen Welt der reizendsten Gegen¬ stände des bakchischen Cultus, mit Masken, Thyrsusstäben, Tamburinen, Pfeifen, Schellen und dergleichen umkleidet erscheinen. Und das größte und in jedem Betracht ansehnlichste Stück, ein glockenförmiger Krater, welcher mit den anmuthigsten Ornamenten umzogen ist und, wie eine Inschrift aussagt,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_287271/519>, abgerufen am 05.02.2025.