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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.

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auf einem besondern Fußgestelle stand, zeigt einen Geschmack in der Behand¬
lung der Decoration und eine Feinheit der Ausführung, welche durch jede
Vergleichung gewinnt und als ein Höchstes in seiner Art betrachtet wer¬
den darf.

Dinge von solcher Bedeutung gehören nur zur Hälfte dem, der sie be¬
sitzt; ihre Wirkung reicht über die engen Grenzen hinaus und dem Besitzer
fällt fast möchte ich sagen die Pflicht zu, diese Wirkung zu erleichtern und
zu vervielfachen. Den großen artistischen Publicationen der Engländer und
Franzosen haben wir nur wenig ähnliche Werke an die Seite zu stellen. Hier
wäre eine günstige Gelegenheit, zu zeigen, daß auch bei uns weder der Sinn
noch die Mittel für solche Unternehmungen fehlen, die für Bildung des Ge¬
schmacks folgewichtiger sind als Hunderte von unsern halb belletristischen Hand¬
büchern der Kunstgeschichte und Aesthetik. Wichtiger als eine endgiltige
wissenschaftliche Feststellung des Thatbestandes wäre die Anfertigung treuer
Abbildungen in Originalgröße durch die Hand eines geübten Künstlers.
Möchte diese Einsicht bald an der entsprechenden Stelle Platz greifen und
dann die rechte Ausführung durch die rechten Männer nachfolgen. Die Archäo¬
logie mag unberührt und unbeschadet ihre Wege weitergehen; sie wird bald
auch über diesen Gegenstand eine eigene zweifelhafte Literatur zu verzeichnen
haben. Und die gewohnten Duodezbilder werden ihr nicht fehlen. Wie ich
höre, wird man schon in nächster Zeit von Berlin aus derlei Waare zu
Markte tragen, von der schwerlich etwas Treffenderes gesagt werden kann,
als das Ihnen wohl bekannte: pieeoli, xieeoli, sono xulei.

Zum Schluß möchten wir bei mehreren gelehrten Zweifeln, welche dieser
Fund aufgeregt hat, eine Intervention der Militärbehörde erbitten. Es ist
nicht unwahrscheinlich, daß in den ersten Tagen des Tumultes Einiges von
dem Schatze verkommen, verloren, verschleppt worden ist; es ist durchaus
nicht unmöglich, daß Fragmente desselben oder noch Anderes an dem Fund¬
orte wieder verschüttet und vergraben liegen. Ein flüchtiges Durchwühlen des
Schuttes, welches dem Vernehmen nach stattgefunden hat, gibt nach keiner
Richtung die Sicherheit, daß alles Vorhandene der Erde entnommen sei.
Eine nochmalige gründliche Untersuchung der Fundstätte durch die Militär¬
behörde unter geneigter Zuziehung eines sachverständigen Archäologen würde
nur wenige Arbeitstage in Anspruch nehmen und die sehr nöthige Beruhigung
schaffen, daß wenigstens die Grundlagen für die gelehrte Arbeit unserer
Philologen feststehen.




auf einem besondern Fußgestelle stand, zeigt einen Geschmack in der Behand¬
lung der Decoration und eine Feinheit der Ausführung, welche durch jede
Vergleichung gewinnt und als ein Höchstes in seiner Art betrachtet wer¬
den darf.

Dinge von solcher Bedeutung gehören nur zur Hälfte dem, der sie be¬
sitzt; ihre Wirkung reicht über die engen Grenzen hinaus und dem Besitzer
fällt fast möchte ich sagen die Pflicht zu, diese Wirkung zu erleichtern und
zu vervielfachen. Den großen artistischen Publicationen der Engländer und
Franzosen haben wir nur wenig ähnliche Werke an die Seite zu stellen. Hier
wäre eine günstige Gelegenheit, zu zeigen, daß auch bei uns weder der Sinn
noch die Mittel für solche Unternehmungen fehlen, die für Bildung des Ge¬
schmacks folgewichtiger sind als Hunderte von unsern halb belletristischen Hand¬
büchern der Kunstgeschichte und Aesthetik. Wichtiger als eine endgiltige
wissenschaftliche Feststellung des Thatbestandes wäre die Anfertigung treuer
Abbildungen in Originalgröße durch die Hand eines geübten Künstlers.
Möchte diese Einsicht bald an der entsprechenden Stelle Platz greifen und
dann die rechte Ausführung durch die rechten Männer nachfolgen. Die Archäo¬
logie mag unberührt und unbeschadet ihre Wege weitergehen; sie wird bald
auch über diesen Gegenstand eine eigene zweifelhafte Literatur zu verzeichnen
haben. Und die gewohnten Duodezbilder werden ihr nicht fehlen. Wie ich
höre, wird man schon in nächster Zeit von Berlin aus derlei Waare zu
Markte tragen, von der schwerlich etwas Treffenderes gesagt werden kann,
als das Ihnen wohl bekannte: pieeoli, xieeoli, sono xulei.

Zum Schluß möchten wir bei mehreren gelehrten Zweifeln, welche dieser
Fund aufgeregt hat, eine Intervention der Militärbehörde erbitten. Es ist
nicht unwahrscheinlich, daß in den ersten Tagen des Tumultes Einiges von
dem Schatze verkommen, verloren, verschleppt worden ist; es ist durchaus
nicht unmöglich, daß Fragmente desselben oder noch Anderes an dem Fund¬
orte wieder verschüttet und vergraben liegen. Ein flüchtiges Durchwühlen des
Schuttes, welches dem Vernehmen nach stattgefunden hat, gibt nach keiner
Richtung die Sicherheit, daß alles Vorhandene der Erde entnommen sei.
Eine nochmalige gründliche Untersuchung der Fundstätte durch die Militär¬
behörde unter geneigter Zuziehung eines sachverständigen Archäologen würde
nur wenige Arbeitstage in Anspruch nehmen und die sehr nöthige Beruhigung
schaffen, daß wenigstens die Grundlagen für die gelehrte Arbeit unserer
Philologen feststehen.




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[0520] auf einem besondern Fußgestelle stand, zeigt einen Geschmack in der Behand¬ lung der Decoration und eine Feinheit der Ausführung, welche durch jede Vergleichung gewinnt und als ein Höchstes in seiner Art betrachtet wer¬ den darf. Dinge von solcher Bedeutung gehören nur zur Hälfte dem, der sie be¬ sitzt; ihre Wirkung reicht über die engen Grenzen hinaus und dem Besitzer fällt fast möchte ich sagen die Pflicht zu, diese Wirkung zu erleichtern und zu vervielfachen. Den großen artistischen Publicationen der Engländer und Franzosen haben wir nur wenig ähnliche Werke an die Seite zu stellen. Hier wäre eine günstige Gelegenheit, zu zeigen, daß auch bei uns weder der Sinn noch die Mittel für solche Unternehmungen fehlen, die für Bildung des Ge¬ schmacks folgewichtiger sind als Hunderte von unsern halb belletristischen Hand¬ büchern der Kunstgeschichte und Aesthetik. Wichtiger als eine endgiltige wissenschaftliche Feststellung des Thatbestandes wäre die Anfertigung treuer Abbildungen in Originalgröße durch die Hand eines geübten Künstlers. Möchte diese Einsicht bald an der entsprechenden Stelle Platz greifen und dann die rechte Ausführung durch die rechten Männer nachfolgen. Die Archäo¬ logie mag unberührt und unbeschadet ihre Wege weitergehen; sie wird bald auch über diesen Gegenstand eine eigene zweifelhafte Literatur zu verzeichnen haben. Und die gewohnten Duodezbilder werden ihr nicht fehlen. Wie ich höre, wird man schon in nächster Zeit von Berlin aus derlei Waare zu Markte tragen, von der schwerlich etwas Treffenderes gesagt werden kann, als das Ihnen wohl bekannte: pieeoli, xieeoli, sono xulei. Zum Schluß möchten wir bei mehreren gelehrten Zweifeln, welche dieser Fund aufgeregt hat, eine Intervention der Militärbehörde erbitten. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß in den ersten Tagen des Tumultes Einiges von dem Schatze verkommen, verloren, verschleppt worden ist; es ist durchaus nicht unmöglich, daß Fragmente desselben oder noch Anderes an dem Fund¬ orte wieder verschüttet und vergraben liegen. Ein flüchtiges Durchwühlen des Schuttes, welches dem Vernehmen nach stattgefunden hat, gibt nach keiner Richtung die Sicherheit, daß alles Vorhandene der Erde entnommen sei. Eine nochmalige gründliche Untersuchung der Fundstätte durch die Militär¬ behörde unter geneigter Zuziehung eines sachverständigen Archäologen würde nur wenige Arbeitstage in Anspruch nehmen und die sehr nöthige Beruhigung schaffen, daß wenigstens die Grundlagen für die gelehrte Arbeit unserer Philologen feststehen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_287271/520>, abgerufen am 05.02.2025.