Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.Jene Mißstände wurzelten, wie gesagt, in der Finanzwirthschaft des 14. Jene Mißstände wurzelten, wie gesagt, in der Finanzwirthschaft des 14. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0480" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/287752"/> <p xml:id="ID_1218" next="#ID_1219"> Jene Mißstände wurzelten, wie gesagt, in der Finanzwirthschaft des 14.<lb/> Jahrhunderts, die allerdings ein höchst unbeholfenes verwirrtes Wesen und<lb/> von vorn herein zu einem permanenten Minus verurtheilt war. Um sie zu ver¬<lb/> stehen, muß man sich erinnern, daß gerade damals der Staat noch kaum irgend<lb/> einer seiner natürlichen Aufgaben gerecht wurde und daß er im Ganzen<lb/> nur dazu diente, dem Kampf Aller gegen Alle, in welchem das öffentliche<lb/> Leben damals bestand, eine gewisse Form zu geben. Es fehlte durchaus und<lb/> überall die Sicherheit des Verkehrs und des Besitzes, die uns Neueren als<lb/> die selbstverständliche Leistung des Staates gilt, und der Einzelne mochte zu¬<lb/> sehen, wie er einen dürftigen und höchst unzuverlässigen Schutz sich entweder<lb/> erkaufte oder mit den Nächstinteressirten vereinbarte. Der offene Schaden des<lb/> täglichen Krieges verzehrte unablässig die besten Säfte der Nation; es war<lb/> sehr schwer möglich, überschüssige Kraft zu produciren. Fast ergötzlich ist es zu<lb/> lesen, mit wie leidenschaftsloser Ruhe der Rath zu Braunschweig über die<lb/> Schäden Buch führt, die ihm aus der täglichen Fehde erwachsen, als wäre<lb/> sie eine unabwendbare Zugabe des öffentlichen Lebens. Die wichtigsten dieser<lb/> schloßgesessenen Räuber bekommen ein stehendes Conto, und ihre Schuld<lb/> wird dann gelegentlich behufs einer Richtigung summirt. So lesen wir von<lb/> denen von Ampleve, von Tzampleve, von Sowinge und ihren Helfern, was<lb/> sie z. B. im Jahre 1379 auf braunschweigischen Dependenzen geleistet haben:<lb/> „erstens in einem Bergfried in der Mühle zu Achen auf 100 Mark; item zu<lb/> Dencte an Brand, an Raub auf 150 Mark; zu Sotterum auf 40 Mark; zu<lb/> Symmenstidde auf 200 Mark, Einen todtgeschlagen; zu Neulinge auf 100<lb/> Mark; zu beiden Bywende auf 130 Mark; zu Tymberen auf 70 Mark ohne<lb/> Todte und ohne Gefangene, die sie viele fingen, besonders unseren Bürger<lb/> Corte Callem, dem sie 40 Mark abschätzten; item zu Callem auf 50 Mark<lb/> ohne Todte; item zu Hedevere auf 200 Mark; zu Zenstidde auf 40 Mark;<lb/> zu Rokele auf 100 Mark; zu beyden Winniughestidde aus 260 Mark."<lb/> Andere Räuber werden zum laufenden Datum registrirt. Verfolgen wir z. B.<lb/> den August des I. 1381: „Aug. 1. Kokerbeke und seine Helfer. 1. Aug. da<lb/> sagte er hier auf um ein Unrecht, als ob wir ihm jetzt Rechtes weigerten.<lb/> Während der Zeit er Vogt war, schlug er unserer Meier zu Wendecelle, zu<lb/> Lengede, zu Kyssenbrucge, zu Hedebere und anderswo Is todt. Er schätzte den<lb/> Unseren ab über Recht und Pflicht mehr denn 1200 kolbige Mark. —<lb/> Aug. 1..... Desselben Tages brannten sie (die Veltheims und Herzog<lb/> Friedrich) Swulbere und thaten den Unsern wohl auf 100 Mark Schaden.<lb/> — Aug. 2. Kokerbeke nahm vor Se. Michaelisthor Corte van Evense<lb/> 3 Pferde werth 10 Mark, und schlug Henning seinen Ohm todt und fing<lb/> Dornebuschen. — Aug. 3. da nahm er bei Se. Leonhard aus 2 Pflügen 10<lb/> Pferde und fing unseren Bürger Bekedöre in der Altenwik. Der schwur ihm</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0480]
Jene Mißstände wurzelten, wie gesagt, in der Finanzwirthschaft des 14.
Jahrhunderts, die allerdings ein höchst unbeholfenes verwirrtes Wesen und
von vorn herein zu einem permanenten Minus verurtheilt war. Um sie zu ver¬
stehen, muß man sich erinnern, daß gerade damals der Staat noch kaum irgend
einer seiner natürlichen Aufgaben gerecht wurde und daß er im Ganzen
nur dazu diente, dem Kampf Aller gegen Alle, in welchem das öffentliche
Leben damals bestand, eine gewisse Form zu geben. Es fehlte durchaus und
überall die Sicherheit des Verkehrs und des Besitzes, die uns Neueren als
die selbstverständliche Leistung des Staates gilt, und der Einzelne mochte zu¬
sehen, wie er einen dürftigen und höchst unzuverlässigen Schutz sich entweder
erkaufte oder mit den Nächstinteressirten vereinbarte. Der offene Schaden des
täglichen Krieges verzehrte unablässig die besten Säfte der Nation; es war
sehr schwer möglich, überschüssige Kraft zu produciren. Fast ergötzlich ist es zu
lesen, mit wie leidenschaftsloser Ruhe der Rath zu Braunschweig über die
Schäden Buch führt, die ihm aus der täglichen Fehde erwachsen, als wäre
sie eine unabwendbare Zugabe des öffentlichen Lebens. Die wichtigsten dieser
schloßgesessenen Räuber bekommen ein stehendes Conto, und ihre Schuld
wird dann gelegentlich behufs einer Richtigung summirt. So lesen wir von
denen von Ampleve, von Tzampleve, von Sowinge und ihren Helfern, was
sie z. B. im Jahre 1379 auf braunschweigischen Dependenzen geleistet haben:
„erstens in einem Bergfried in der Mühle zu Achen auf 100 Mark; item zu
Dencte an Brand, an Raub auf 150 Mark; zu Sotterum auf 40 Mark; zu
Symmenstidde auf 200 Mark, Einen todtgeschlagen; zu Neulinge auf 100
Mark; zu beiden Bywende auf 130 Mark; zu Tymberen auf 70 Mark ohne
Todte und ohne Gefangene, die sie viele fingen, besonders unseren Bürger
Corte Callem, dem sie 40 Mark abschätzten; item zu Callem auf 50 Mark
ohne Todte; item zu Hedevere auf 200 Mark; zu Zenstidde auf 40 Mark;
zu Rokele auf 100 Mark; zu beyden Winniughestidde aus 260 Mark."
Andere Räuber werden zum laufenden Datum registrirt. Verfolgen wir z. B.
den August des I. 1381: „Aug. 1. Kokerbeke und seine Helfer. 1. Aug. da
sagte er hier auf um ein Unrecht, als ob wir ihm jetzt Rechtes weigerten.
Während der Zeit er Vogt war, schlug er unserer Meier zu Wendecelle, zu
Lengede, zu Kyssenbrucge, zu Hedebere und anderswo Is todt. Er schätzte den
Unseren ab über Recht und Pflicht mehr denn 1200 kolbige Mark. —
Aug. 1..... Desselben Tages brannten sie (die Veltheims und Herzog
Friedrich) Swulbere und thaten den Unsern wohl auf 100 Mark Schaden.
— Aug. 2. Kokerbeke nahm vor Se. Michaelisthor Corte van Evense
3 Pferde werth 10 Mark, und schlug Henning seinen Ohm todt und fing
Dornebuschen. — Aug. 3. da nahm er bei Se. Leonhard aus 2 Pflügen 10
Pferde und fing unseren Bürger Bekedöre in der Altenwik. Der schwur ihm
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