Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.6 Mark zu geben. --So haben Herzog Otto Borchard van Lüttere, Borchard Wenn man erwägt, daß solcher Fehde eigentlich nie ein Ende wurde Nur gab es leider kein Gefühl für's Ganze: über die Mauern des Weich¬ Grenzboten. IV. 18K3. 57
6 Mark zu geben. —So haben Herzog Otto Borchard van Lüttere, Borchard Wenn man erwägt, daß solcher Fehde eigentlich nie ein Ende wurde Nur gab es leider kein Gefühl für's Ganze: über die Mauern des Weich¬ Grenzboten. IV. 18K3. 57
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6 Mark zu geben. —So haben Herzog Otto Borchard van Lüttere, Borchard
van Goddenstidde, Jan von Escherde, Hinrik Welchem, Vrederik van Alvens-
leven u. A. ihre stehende Rubrik.
Wenn man erwägt, daß solcher Fehde eigentlich nie ein Ende wurde
und daß sie sich in den endlosen Streitigkeiten der Landesherren, in den
Privathändeln der Ritter, den Feindschaften der Städte fort und fort aus
sich selbst neu gebar, so wird man begreifen, welche unermeßliche Menge von
Werthen in diesem unablässigen Schinder, Schätzen, Brennen und Auspochen
zwecklos zu Grunde ging, und in der That begegnet man in den Aufzäh¬
lungen aus jener Zeit, den Werthunterschied des Geldes von damals und
heute in Anschlag gebracht, durchweg nur geringen Vermögensziffern. Und
irgend ein politischer Gewinn kam für jene Verluste nicht herein; die Macht¬
fragen standen nach der Fehde so wie vorher; es waren lediglich so und so
viel hundert Mark zu Grunde gegangen, und die Sache konnte allernächst an
irgend einer niederträchtigen Clausel. die in eine Richtigung, in eine Urfehde
oder einen Geleitsbrief eingeschmuggelt war, an den frechen Uebergriffen eines
Vogtes oder an der Laune eines müssigen Ritters wieder losgehen. Denn
der „frischen und freien Rittersleute" von der Art des Eppele von Geilingen,
die ein Handwerk aus der Fehde machten, gab es zu viele; ihr Vergnügen
und ihr Erwerb war es, den die fleißigen Leute zu bezahlen hatten. Dieser
tägliche Krieg bestand vor Allem im Nehmen und Verderben, und die Feind¬
schaft der Stadt hatte auch der Einzelne mit seiner Habe zu büßen, wie
wiederum diese für ihren Bürger aufkam, wenn er sonst eine einigermaßen
angesehene Stellung hatte. Geringeres Volk zwar schlug man sich gegenseitig
todt, aber Leute, für die man Hoffnung hatte Auslösung zu erlangen, fing
man behutsam ein: so gab es für die Stadt stets eine Anzahl ihrer Bürger
und Diener mit schwerem Gelde freizulaufen. Daß Letztere sich dadurch nicht
abhalten ließen, bei der nächsten Fehde in den Reihen der Feinde zu erscheinen,
hatte sie öfters zu erfahren. Sie selbst konnte schließlich, um sich schadlos zu
halten, kein anderes Mittel anwenden, als mit denen ihr selbst begegnet
wurde, und so verdoppelte sich nur der Verlust für's Ganze.
Nur gab es leider kein Gefühl für's Ganze: über die Mauern des Weich¬
bildes, über den Wall der Burg ging der Blick nicht hinaus. Daß Nachbarn
einander schädigten, wo sie konnten, daß z. B. Herzog Ludwig von Bayern
das Korn nicht durch sein Land ließ, mit dem Augsburg einer dringenden
Hungersnoth abhelfen wollte, und daß er es ihr dadurch um ein Viertel
des Preises vertheuerte, dergleichen war ganz selbstverständlich; aber auch im
eigensten Bereiche wurde der brutalste Egoismus überall vorausgesetzt und
geübt. Denn der Staat war noch nicht in den Idealismus hineingezogen,
auf den die Kirche jener Zeit gegründet war, und er erschien lediglich als
Grenzboten. IV. 18K3. 57
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