Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.Erste an die Wechselfälle des spanischen Bürgerkrieges gebannt, die Regie¬ Für Italien wird die spanische Revolution mindestens ebenso wichtig Erste an die Wechselfälle des spanischen Bürgerkrieges gebannt, die Regie¬ Für Italien wird die spanische Revolution mindestens ebenso wichtig <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0046" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/287318"/> <p xml:id="ID_89" prev="#ID_88"> Erste an die Wechselfälle des spanischen Bürgerkrieges gebannt, die Regie¬<lb/> rung durch die Besorgniß vor einem Siege des Hauses Orleans oder der<lb/> Bildung eines iberischen Einheitsstaats genugsam genirt — davon nicht zu<lb/> reden, daß die in Aussicht genommene eventuelle Besetzung Roms durch<lb/> spanische Truppen auch für den Fall eines Sieges der Königin Isabella un¬<lb/> möglich geworden ist. Der Zusammenhang zwischen einzelnen der spanischen<lb/> und französischen Parteien macht die Sache sür den Kaiser besonders bedenk¬<lb/> lich. Die bekannten Sympathien der Kaiserin Eugenie für „ihre Souveränin"<lb/> bringen außerdem eine Spaltung zwischen den bisher verbündeten Regierungs-<lb/> sractionen zuwege. — Der spanische Aufstand selbst bietet im Augenblick noch<lb/> das Bild eines unentwirrbaren Knäuels, dessen einzelne Fäden auch von dem<lb/> Auge des Zunächststehenden nicht unterschieden werden können. Siege die<lb/> Revolution und sind die Tage der spanischen Bourbonen ebenso zu Ende<lb/> wie die ihrer neapolitanischen und französischen Vettern, so scheint ein lang¬<lb/> jähriger innerer Krieg zwischen den siegreichen Parteien am wahrscheinlich¬<lb/> sten; die Behauptung, daß der Herzog von Montpensier keine Neigung hege,<lb/> der Nachfolger seiner unglücklichen Schwägerin zu werden, klingt nicht un¬<lb/> wahrscheinlich und zu einem friedlichen Austrag durch das von den Aufstän¬<lb/> dischen vorgeschlagene LulkraZs univorsel dürften in Spanien alle Vorbedin¬<lb/> gungen fehlen. Vielleicht daß der Partei der iberischen Unitarier, welche<lb/> gegenwärtig wenig zahlreich ist und im eigentlichen Volk keinen Boden hat,<lb/> vorbehalten ist, im Augenblick der Ermattung der übrigen Fractionen sieg¬<lb/> reich hervorzutreten und die Früchte der Umwälzung im Interesse des Hauses<lb/> Braganza zu pflücken. Das Einverständniß der Regierung des jungen Königs<lb/> von Portugal mit den Führern der Jberier in Spanien war schon vor Jahr und<lb/> Tag Gegenstand von Klagen in der clericalen Presse Frankreichs und Deutsch,<lb/> lands. — Daß die Königin Jsabella II. zu Gunsten ihres unmündigen<lb/> Sohnes des Prinzen von Asturien resignirt, ist wohl selbst für den Fall wahr¬<lb/> scheinlich, daß die Regierung die Oberhand gewinnen sollte; die Ausbreitung<lb/> des Aufstandes über die verschiedensten Punkte der Monarchie, der feste An¬<lb/> halt, den derselbe an der Flotte hat, das Einverständniß beinahe aller her¬<lb/> vorragenden Politiker des Landes und aller unzufriedenen Parteien werden<lb/> den General Concha auch im günstigsten Fall zu einem Compromiß dieser<lb/> Art zwingen. Die Annahme desselben verliert freilich von Tag zu Tage<lb/> an Chancen. Der veränderte Ton, in welchem die pariser Officiösen neuer¬<lb/> dings von den Fortschritten des Aufstandes zu reden begonnen haben, be¬<lb/> weist, daß es mit der Anfangs gezeigten Zuversichtlichkeit der Partei der<lb/> Kaiserin zu Ende geht und daß die kaiserliche Regierung sich auf einen ihren<lb/> Interessen ungünstigen Ausgang gesaßt macht.</p><lb/> <p xml:id="ID_90" next="#ID_91"> Für Italien wird die spanische Revolution mindestens ebenso wichtig</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0046]
Erste an die Wechselfälle des spanischen Bürgerkrieges gebannt, die Regie¬
rung durch die Besorgniß vor einem Siege des Hauses Orleans oder der
Bildung eines iberischen Einheitsstaats genugsam genirt — davon nicht zu
reden, daß die in Aussicht genommene eventuelle Besetzung Roms durch
spanische Truppen auch für den Fall eines Sieges der Königin Isabella un¬
möglich geworden ist. Der Zusammenhang zwischen einzelnen der spanischen
und französischen Parteien macht die Sache sür den Kaiser besonders bedenk¬
lich. Die bekannten Sympathien der Kaiserin Eugenie für „ihre Souveränin"
bringen außerdem eine Spaltung zwischen den bisher verbündeten Regierungs-
sractionen zuwege. — Der spanische Aufstand selbst bietet im Augenblick noch
das Bild eines unentwirrbaren Knäuels, dessen einzelne Fäden auch von dem
Auge des Zunächststehenden nicht unterschieden werden können. Siege die
Revolution und sind die Tage der spanischen Bourbonen ebenso zu Ende
wie die ihrer neapolitanischen und französischen Vettern, so scheint ein lang¬
jähriger innerer Krieg zwischen den siegreichen Parteien am wahrscheinlich¬
sten; die Behauptung, daß der Herzog von Montpensier keine Neigung hege,
der Nachfolger seiner unglücklichen Schwägerin zu werden, klingt nicht un¬
wahrscheinlich und zu einem friedlichen Austrag durch das von den Aufstän¬
dischen vorgeschlagene LulkraZs univorsel dürften in Spanien alle Vorbedin¬
gungen fehlen. Vielleicht daß der Partei der iberischen Unitarier, welche
gegenwärtig wenig zahlreich ist und im eigentlichen Volk keinen Boden hat,
vorbehalten ist, im Augenblick der Ermattung der übrigen Fractionen sieg¬
reich hervorzutreten und die Früchte der Umwälzung im Interesse des Hauses
Braganza zu pflücken. Das Einverständniß der Regierung des jungen Königs
von Portugal mit den Führern der Jberier in Spanien war schon vor Jahr und
Tag Gegenstand von Klagen in der clericalen Presse Frankreichs und Deutsch,
lands. — Daß die Königin Jsabella II. zu Gunsten ihres unmündigen
Sohnes des Prinzen von Asturien resignirt, ist wohl selbst für den Fall wahr¬
scheinlich, daß die Regierung die Oberhand gewinnen sollte; die Ausbreitung
des Aufstandes über die verschiedensten Punkte der Monarchie, der feste An¬
halt, den derselbe an der Flotte hat, das Einverständniß beinahe aller her¬
vorragenden Politiker des Landes und aller unzufriedenen Parteien werden
den General Concha auch im günstigsten Fall zu einem Compromiß dieser
Art zwingen. Die Annahme desselben verliert freilich von Tag zu Tage
an Chancen. Der veränderte Ton, in welchem die pariser Officiösen neuer¬
dings von den Fortschritten des Aufstandes zu reden begonnen haben, be¬
weist, daß es mit der Anfangs gezeigten Zuversichtlichkeit der Partei der
Kaiserin zu Ende geht und daß die kaiserliche Regierung sich auf einen ihren
Interessen ungünstigen Ausgang gesaßt macht.
Für Italien wird die spanische Revolution mindestens ebenso wichtig
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