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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.

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den vielen, welche sich die Opposition während der Ferien zurechtgelegt hat,
um mit ihnen den Sturm auf das Ministerium zu unternehmen. Schon über
die außerconstitutionelle Zusammensetzung desselben will die Linke wieder
Klage erheben. Auch durch die seit der letzten Session vorgenommenen Ver¬
änderungen hat nämlich das Ministerium von Mendana Nichts gethan, den
"Fehler seines Ursprungs" zu verbessern. Cantelli für das Innere. Ludovico
Pasini (der Bruder von Valentino, dem Diplomaten Mamin's) für die öffent¬
lichen Arbeiten sind aus dem Senat, nicht aus der Wahlkammer genommen.
Indessen haben sie sich wenigstens nachträglich um Sitze in dieser beworben
und dieselben erlangt. Auch sind Viele der Meinung, daß es eher ein Ge¬
winn als ein Schaden für die Regierung sei, wenn sie Mitglieder gewinnt
von jungfräulicher Reinheit, unberührt durch die unerquicklichen und ver¬
bitterten Parteikämpfe der Kammer.

Eine andere Beschwerde bilden die Bedingungen der Emission der 180
Millionen Obligationen aus dem Verkauf des Tabaksmonopols. Lanza,
welcher der Hauptgegner dieses Gesetzes war, ist auch dazu bestimmtes aufs
Neue zur Sprache zu bringen. Es ist wahr, jene Bedingungen sind ungünstig
genug; die Frage ist nur auch hier, ob ein Ministerium der Linken günstigere
Bedingungen erzielt hätte und überhaupt der Geschäftswelt größeres Ver¬
trauen einflößen würde.

Ferner schwebt noch immer der Streit über die Reform der Verwaltung,
nachdem seit sieben Jahren über diese Frage eine Reihe von Vorschlägen ge¬
macht, Commissionen niedergesetzt und Berichte erstattet worden sind, die bis
jetzt alle schätzbares Material geblieben. Jetzt soll die Sache zur Erledigung
kommen, nachdem die Mittelpartei nur unter der Bedingung dieser Reform
den Finanzplänen des Ministeriums ihre Zustimmung ertheilt hat. Auf einen
von Bargoni (welcher der genannten Partei angehört) vorgelegten Entwurf
wird sich ohne Zweifel die Mehrheit der Kammer vereinigen, während die
Linke an dem Project des früheren Ministers Cadorna festhält, welches nur
unwesentliche Modifikationen in der bisherigen aus Piemont herübergenom¬
menen Gesetzgebung einführen will. Bargoni's Entwurf ist radikaler und
beseitigt namentlich die Unterpräfecturen, an deren Stelle Regierungs¬
delegationen für kleinere Bezirke von 40 -- 50,000 Seelen treten und
mit welchen zugleich die bisherigen kostspieligen Finanzämter verschmolzen
werden sollen.

Endlich hat man noch eine besondere Beschwerde gegen den früheren
Minister für die öffentlichen Arbeiten wegen einiger Verträge mit der Süd-
vahngesellschast. Sie betreffen die Abänderung projectirter Eisenbahnlinien
in Unteritalien und haben in einigen Gegenden, die durch diese Abänderung
venachtheiltgt sind, namentlich in den Städten Campobasso und Riedl sehr


den vielen, welche sich die Opposition während der Ferien zurechtgelegt hat,
um mit ihnen den Sturm auf das Ministerium zu unternehmen. Schon über
die außerconstitutionelle Zusammensetzung desselben will die Linke wieder
Klage erheben. Auch durch die seit der letzten Session vorgenommenen Ver¬
änderungen hat nämlich das Ministerium von Mendana Nichts gethan, den
„Fehler seines Ursprungs" zu verbessern. Cantelli für das Innere. Ludovico
Pasini (der Bruder von Valentino, dem Diplomaten Mamin's) für die öffent¬
lichen Arbeiten sind aus dem Senat, nicht aus der Wahlkammer genommen.
Indessen haben sie sich wenigstens nachträglich um Sitze in dieser beworben
und dieselben erlangt. Auch sind Viele der Meinung, daß es eher ein Ge¬
winn als ein Schaden für die Regierung sei, wenn sie Mitglieder gewinnt
von jungfräulicher Reinheit, unberührt durch die unerquicklichen und ver¬
bitterten Parteikämpfe der Kammer.

Eine andere Beschwerde bilden die Bedingungen der Emission der 180
Millionen Obligationen aus dem Verkauf des Tabaksmonopols. Lanza,
welcher der Hauptgegner dieses Gesetzes war, ist auch dazu bestimmtes aufs
Neue zur Sprache zu bringen. Es ist wahr, jene Bedingungen sind ungünstig
genug; die Frage ist nur auch hier, ob ein Ministerium der Linken günstigere
Bedingungen erzielt hätte und überhaupt der Geschäftswelt größeres Ver¬
trauen einflößen würde.

Ferner schwebt noch immer der Streit über die Reform der Verwaltung,
nachdem seit sieben Jahren über diese Frage eine Reihe von Vorschlägen ge¬
macht, Commissionen niedergesetzt und Berichte erstattet worden sind, die bis
jetzt alle schätzbares Material geblieben. Jetzt soll die Sache zur Erledigung
kommen, nachdem die Mittelpartei nur unter der Bedingung dieser Reform
den Finanzplänen des Ministeriums ihre Zustimmung ertheilt hat. Auf einen
von Bargoni (welcher der genannten Partei angehört) vorgelegten Entwurf
wird sich ohne Zweifel die Mehrheit der Kammer vereinigen, während die
Linke an dem Project des früheren Ministers Cadorna festhält, welches nur
unwesentliche Modifikationen in der bisherigen aus Piemont herübergenom¬
menen Gesetzgebung einführen will. Bargoni's Entwurf ist radikaler und
beseitigt namentlich die Unterpräfecturen, an deren Stelle Regierungs¬
delegationen für kleinere Bezirke von 40 — 50,000 Seelen treten und
mit welchen zugleich die bisherigen kostspieligen Finanzämter verschmolzen
werden sollen.

Endlich hat man noch eine besondere Beschwerde gegen den früheren
Minister für die öffentlichen Arbeiten wegen einiger Verträge mit der Süd-
vahngesellschast. Sie betreffen die Abänderung projectirter Eisenbahnlinien
in Unteritalien und haben in einigen Gegenden, die durch diese Abänderung
venachtheiltgt sind, namentlich in den Städten Campobasso und Riedl sehr


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[0436] den vielen, welche sich die Opposition während der Ferien zurechtgelegt hat, um mit ihnen den Sturm auf das Ministerium zu unternehmen. Schon über die außerconstitutionelle Zusammensetzung desselben will die Linke wieder Klage erheben. Auch durch die seit der letzten Session vorgenommenen Ver¬ änderungen hat nämlich das Ministerium von Mendana Nichts gethan, den „Fehler seines Ursprungs" zu verbessern. Cantelli für das Innere. Ludovico Pasini (der Bruder von Valentino, dem Diplomaten Mamin's) für die öffent¬ lichen Arbeiten sind aus dem Senat, nicht aus der Wahlkammer genommen. Indessen haben sie sich wenigstens nachträglich um Sitze in dieser beworben und dieselben erlangt. Auch sind Viele der Meinung, daß es eher ein Ge¬ winn als ein Schaden für die Regierung sei, wenn sie Mitglieder gewinnt von jungfräulicher Reinheit, unberührt durch die unerquicklichen und ver¬ bitterten Parteikämpfe der Kammer. Eine andere Beschwerde bilden die Bedingungen der Emission der 180 Millionen Obligationen aus dem Verkauf des Tabaksmonopols. Lanza, welcher der Hauptgegner dieses Gesetzes war, ist auch dazu bestimmtes aufs Neue zur Sprache zu bringen. Es ist wahr, jene Bedingungen sind ungünstig genug; die Frage ist nur auch hier, ob ein Ministerium der Linken günstigere Bedingungen erzielt hätte und überhaupt der Geschäftswelt größeres Ver¬ trauen einflößen würde. Ferner schwebt noch immer der Streit über die Reform der Verwaltung, nachdem seit sieben Jahren über diese Frage eine Reihe von Vorschlägen ge¬ macht, Commissionen niedergesetzt und Berichte erstattet worden sind, die bis jetzt alle schätzbares Material geblieben. Jetzt soll die Sache zur Erledigung kommen, nachdem die Mittelpartei nur unter der Bedingung dieser Reform den Finanzplänen des Ministeriums ihre Zustimmung ertheilt hat. Auf einen von Bargoni (welcher der genannten Partei angehört) vorgelegten Entwurf wird sich ohne Zweifel die Mehrheit der Kammer vereinigen, während die Linke an dem Project des früheren Ministers Cadorna festhält, welches nur unwesentliche Modifikationen in der bisherigen aus Piemont herübergenom¬ menen Gesetzgebung einführen will. Bargoni's Entwurf ist radikaler und beseitigt namentlich die Unterpräfecturen, an deren Stelle Regierungs¬ delegationen für kleinere Bezirke von 40 — 50,000 Seelen treten und mit welchen zugleich die bisherigen kostspieligen Finanzämter verschmolzen werden sollen. Endlich hat man noch eine besondere Beschwerde gegen den früheren Minister für die öffentlichen Arbeiten wegen einiger Verträge mit der Süd- vahngesellschast. Sie betreffen die Abänderung projectirter Eisenbahnlinien in Unteritalien und haben in einigen Gegenden, die durch diese Abänderung venachtheiltgt sind, namentlich in den Städten Campobasso und Riedl sehr

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_287271/436>, abgerufen am 06.02.2025.