Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.den. daß er stets gegen eine bedeutende Herabsetzung des Wahlrechts gekämpft Der Hergang bei der Reformbill läßt es als das Wahrscheinlichste erscheinen, Grcnjl'oder IV. 18V8. 42
den. daß er stets gegen eine bedeutende Herabsetzung des Wahlrechts gekämpft Der Hergang bei der Reformbill läßt es als das Wahrscheinlichste erscheinen, Grcnjl'oder IV. 18V8. 42
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0355" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/287627"/> <p xml:id="ID_902" prev="#ID_901"> den. daß er stets gegen eine bedeutende Herabsetzung des Wahlrechts gekämpft<lb/> hat. Es mag sein, daß er, indem er nach Schluß der Session über die Mittel<lb/> nachsann, wie er sich am Ruder erhalten könne, zu der Idee gekommen ist,<lb/> welche sein früherer College Mr. Henley schon bei der letzten Neuwahl offen<lb/> aussprach, daß wenn einmal doch eine Herabsetzung stattfinden solle, man nur<lb/> recht weit gehen möge, weil die unteren Volksclassen den Conservativen gün¬<lb/> stiger seien als die mittleren. Hätte die konservative Partei, deren Held ja<lb/> damals gerade Löwe war, der den unteren Klassen die Fähigkeit für das<lb/> Wahlrecht rundweg absprach, eine Ahnung davon gehabt, daß ihr General<lb/> ins Lager des Feindes übergehen würde, so hätte sie sich einfach empört<lb/> und seine Art von Sieg zur Niederlage gemacht: deshalb mußte sie mit<lb/> den einschränkenden Bedingungen gekirrt werden, bis die Radicalen merkten,<lb/> daß ihr Waizen blühe und Disraeli jene Beschränkungen leicht über Bord<lb/> werfen werde. Wahrscheinlich ist dies nicht. Jedenfalls hat er dann sein Ge-<lb/> heimniß gut gewahrt. Aber auch von allen seinen Collegen kann höchstens Lord<lb/> Derby etwas von solcher Absicht erfahren haben, sonst würden die drei Be¬<lb/> deutendsten nicht plötzlich ausgetreten sein und die Verbleibenden sich nicht<lb/> durch so lebhafte Ausfälle gegen das Haushalterwahlrecht compromittirt ha¬<lb/> ben. Gathorne Hardy ereiferte sich für die Doppelstimmen. Walpole erklärte,<lb/> das Wesen der Bill liege in ihren Beschränkungen, und vor Allen wies Lord<lb/> Stanley noch am S. März weit die Unterstellung ab, als ob die Absicht der<lb/> Minister sei im demokratischen Sinne weiter zu gehen als die Opposition.<lb/> »Ich sage einfach und offen, daß ich keine Umstände denken kann, welche es<lb/> für uns in unserer Stellung und bei unseren Antecedentien nützlich und<lb/> ehrenhaft machen könnten, einen solchen Weg einzuschlagen und wir werden es<lb/> sicherlich nicht thun. Wenn man glaubt, daß die Regierung eine Bill die<lb/> mit den Ansichten übereinstimmt, welche hier so ausdauernd und so fähig durch<lb/> das ehrenwerthe Mitglied für Birmingham (Bright) vertreten werden, ein¬<lb/> bringen will, so irrt man sich sehr." Drei Monate später war alles dies<lb/> geschehen und Lord Stanley hatte mit für das Haushalterwahlrecht ge¬<lb/> stimmt.</p><lb/> <p xml:id="ID_903" next="#ID_904"> Der Hergang bei der Reformbill läßt es als das Wahrscheinlichste erscheinen,<lb/> daß das Ministerium bei Anfang der Session ohne festen Plan war; Lord<lb/> Derby sagte selbst noch am 4. März von den Resolutionen sprechend: „Wir<lb/> hatten gehofft, dadurch vom Unterhause die Ansicht heraus zu locken<lb/> (elioit) über die Hauptfragen, welche nothwendig bei einer Reformbill vor-<lb/> kommen müssen." Disraeli wollte ja keine Bill vorbringen, weil er sich durch<lb/> den Jnstinct des Hauses leiten zu lassen wünschte, und als er dann gezwun-<lb/> gen ward mit einer Bill zu kommen, was war ihr Schicksal? daß kaum ein</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grcnjl'oder IV. 18V8. 42</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0355]
den. daß er stets gegen eine bedeutende Herabsetzung des Wahlrechts gekämpft
hat. Es mag sein, daß er, indem er nach Schluß der Session über die Mittel
nachsann, wie er sich am Ruder erhalten könne, zu der Idee gekommen ist,
welche sein früherer College Mr. Henley schon bei der letzten Neuwahl offen
aussprach, daß wenn einmal doch eine Herabsetzung stattfinden solle, man nur
recht weit gehen möge, weil die unteren Volksclassen den Conservativen gün¬
stiger seien als die mittleren. Hätte die konservative Partei, deren Held ja
damals gerade Löwe war, der den unteren Klassen die Fähigkeit für das
Wahlrecht rundweg absprach, eine Ahnung davon gehabt, daß ihr General
ins Lager des Feindes übergehen würde, so hätte sie sich einfach empört
und seine Art von Sieg zur Niederlage gemacht: deshalb mußte sie mit
den einschränkenden Bedingungen gekirrt werden, bis die Radicalen merkten,
daß ihr Waizen blühe und Disraeli jene Beschränkungen leicht über Bord
werfen werde. Wahrscheinlich ist dies nicht. Jedenfalls hat er dann sein Ge-
heimniß gut gewahrt. Aber auch von allen seinen Collegen kann höchstens Lord
Derby etwas von solcher Absicht erfahren haben, sonst würden die drei Be¬
deutendsten nicht plötzlich ausgetreten sein und die Verbleibenden sich nicht
durch so lebhafte Ausfälle gegen das Haushalterwahlrecht compromittirt ha¬
ben. Gathorne Hardy ereiferte sich für die Doppelstimmen. Walpole erklärte,
das Wesen der Bill liege in ihren Beschränkungen, und vor Allen wies Lord
Stanley noch am S. März weit die Unterstellung ab, als ob die Absicht der
Minister sei im demokratischen Sinne weiter zu gehen als die Opposition.
»Ich sage einfach und offen, daß ich keine Umstände denken kann, welche es
für uns in unserer Stellung und bei unseren Antecedentien nützlich und
ehrenhaft machen könnten, einen solchen Weg einzuschlagen und wir werden es
sicherlich nicht thun. Wenn man glaubt, daß die Regierung eine Bill die
mit den Ansichten übereinstimmt, welche hier so ausdauernd und so fähig durch
das ehrenwerthe Mitglied für Birmingham (Bright) vertreten werden, ein¬
bringen will, so irrt man sich sehr." Drei Monate später war alles dies
geschehen und Lord Stanley hatte mit für das Haushalterwahlrecht ge¬
stimmt.
Der Hergang bei der Reformbill läßt es als das Wahrscheinlichste erscheinen,
daß das Ministerium bei Anfang der Session ohne festen Plan war; Lord
Derby sagte selbst noch am 4. März von den Resolutionen sprechend: „Wir
hatten gehofft, dadurch vom Unterhause die Ansicht heraus zu locken
(elioit) über die Hauptfragen, welche nothwendig bei einer Reformbill vor-
kommen müssen." Disraeli wollte ja keine Bill vorbringen, weil er sich durch
den Jnstinct des Hauses leiten zu lassen wünschte, und als er dann gezwun-
gen ward mit einer Bill zu kommen, was war ihr Schicksal? daß kaum ein
Grcnjl'oder IV. 18V8. 42
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |