Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.in Preußen, wegen der bekannten Vermischung von Gefangenen-Besserungs¬ Welchen Anlaß nun auch die Regierung haben mochte eine gesetzliche Von dem Ministerium wird vorausgesetzt -- und es steht dieser An¬ in Preußen, wegen der bekannten Vermischung von Gefangenen-Besserungs¬ Welchen Anlaß nun auch die Regierung haben mochte eine gesetzliche Von dem Ministerium wird vorausgesetzt — und es steht dieser An¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0317" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/287589"/> <p xml:id="ID_815" prev="#ID_814"> in Preußen, wegen der bekannten Vermischung von Gefangenen-Besserungs¬<lb/> zwecken mit den Bestrebungen der inneren Mission, Anlaß gewesen, die Zu¬<lb/> stimmung an bestimmte Bedingungen zu knüpfen; wer aber die Debatten<lb/> des Abgeordnetenhauses über diesen Gegenstand verfolgt hat, weiß daß dieser<lb/> Fall aller Wahrscheinlichkeit nach nicht eingetreten wäre.</p><lb/> <p xml:id="ID_816"> Welchen Anlaß nun auch die Regierung haben mochte eine gesetzliche<lb/> Regelung, trotzdem daß derselben gar keine Schwierigkeiten im Wege standen,<lb/> zu versagen: für die Volksvertretung konnte doch in diesem Verhältniß nur<lb/> eine verstärkte Aufforderung enthalten sein, ihrem einmal erhobenen Anspruch<lb/> nöthigenfalls durch Verweigerung der betreffenden Etatspositionen den zwin¬<lb/> genden Nachdruck zu verleihen. Es handelte sich hier um kein hochnothpein-<lb/> liches Dilemma zwischen Ministerium und Volksvertretung; wenn aber letztere<lb/> in so einfachen Dingen auf ihr Recht oder auf die energische Geltendmachung<lb/> desselben verzichtet, wie sollen in zweifelhafteren und schwierigeren Fällen<lb/> ihre Ansprüche jemals Anerkennung finden?</p><lb/> <p xml:id="ID_817" next="#ID_818"> Von dem Ministerium wird vorausgesetzt — und es steht dieser An¬<lb/> nahme wenigstens Nichts entgegen — daß ihm die Einzelhaft und die Be¬<lb/> günstigung der Richtung der inneren Mission im Gefängnißwesen, die nur bei<lb/> der Einzelhaft möglich ist, nach wie vor am Herzen liegt. Ob dasselbe unter<lb/> dieser Voraussetzung gerade weise daran gethan hat, der gesetzgeberischen<lb/> Regelung der Frage fortwährend aus dem Wege zu gehen, ist eine<lb/> Frage, deren Beantwortung der weiteren Entwickelung noch vorbehalten<lb/> bleibt. Denn mit jedem Jahr, welches über diesem Zaudern verstrichen ist,<lb/> hat sich — und hiermit rühren wir an den zweiten Hauptpunkt in dieser<lb/> Angelegenheit — vor dem Forum der Wissenschaft die Sache der reinen<lb/> Einzelhaft ungünstiger gestaltet, ihre Anhänger haben sich vermindert, ihre<lb/> Gegner sind an Zahl und Bedeutung gewachsen. Unter den letzteren ver¬<lb/> dient neuerdings ein dem Ausland angehöriger Fachmann besonders hervor¬<lb/> gehoben zu werden, weil sowohl seine gegenwärtige Stellung wie seine frühe¬<lb/> ren Erfahrungen dem von ihm gefällten Urtheil ein besonderes Gewicht ver¬<lb/> leihen. Es ist dies der gegenwärtig an die Spitze des dänischen Gefängniß-<lb/> tvesens berufene Director Brunn. Brunn stand früher als Gesängnißbeamter<lb/> an drei verschiedenen Strafanstalten: Viborg, Hörsens und zuletzt an dem<lb/> Einzelhastgefängniß Wridlöselille. Er war als Vollzugsbeamter an drei ver¬<lb/> schiedenen Vollstreckungsweisen betheiligt und kennt aus eigener Anschauung<lb/> und unmittelbarer Mitwirkung sowohl die alte, gemeinsame Haft als das<lb/> Schweigsystem und die Einzelhaft. Auf den genauen Inhalt seiner im vorigen<lb/> -^ahre erschienenen Schrift (0in ^uläbMelse StmtardMe, über die Voll¬<lb/> streckung der Strafarbeit; eine kritische Analyse derselben ist in dem neuesten<lb/> Jahrgang der „Allg. Deutsch. Strafrechtszeitung" enthalten) kann an dieser</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0317]
in Preußen, wegen der bekannten Vermischung von Gefangenen-Besserungs¬
zwecken mit den Bestrebungen der inneren Mission, Anlaß gewesen, die Zu¬
stimmung an bestimmte Bedingungen zu knüpfen; wer aber die Debatten
des Abgeordnetenhauses über diesen Gegenstand verfolgt hat, weiß daß dieser
Fall aller Wahrscheinlichkeit nach nicht eingetreten wäre.
Welchen Anlaß nun auch die Regierung haben mochte eine gesetzliche
Regelung, trotzdem daß derselben gar keine Schwierigkeiten im Wege standen,
zu versagen: für die Volksvertretung konnte doch in diesem Verhältniß nur
eine verstärkte Aufforderung enthalten sein, ihrem einmal erhobenen Anspruch
nöthigenfalls durch Verweigerung der betreffenden Etatspositionen den zwin¬
genden Nachdruck zu verleihen. Es handelte sich hier um kein hochnothpein-
liches Dilemma zwischen Ministerium und Volksvertretung; wenn aber letztere
in so einfachen Dingen auf ihr Recht oder auf die energische Geltendmachung
desselben verzichtet, wie sollen in zweifelhafteren und schwierigeren Fällen
ihre Ansprüche jemals Anerkennung finden?
Von dem Ministerium wird vorausgesetzt — und es steht dieser An¬
nahme wenigstens Nichts entgegen — daß ihm die Einzelhaft und die Be¬
günstigung der Richtung der inneren Mission im Gefängnißwesen, die nur bei
der Einzelhaft möglich ist, nach wie vor am Herzen liegt. Ob dasselbe unter
dieser Voraussetzung gerade weise daran gethan hat, der gesetzgeberischen
Regelung der Frage fortwährend aus dem Wege zu gehen, ist eine
Frage, deren Beantwortung der weiteren Entwickelung noch vorbehalten
bleibt. Denn mit jedem Jahr, welches über diesem Zaudern verstrichen ist,
hat sich — und hiermit rühren wir an den zweiten Hauptpunkt in dieser
Angelegenheit — vor dem Forum der Wissenschaft die Sache der reinen
Einzelhaft ungünstiger gestaltet, ihre Anhänger haben sich vermindert, ihre
Gegner sind an Zahl und Bedeutung gewachsen. Unter den letzteren ver¬
dient neuerdings ein dem Ausland angehöriger Fachmann besonders hervor¬
gehoben zu werden, weil sowohl seine gegenwärtige Stellung wie seine frühe¬
ren Erfahrungen dem von ihm gefällten Urtheil ein besonderes Gewicht ver¬
leihen. Es ist dies der gegenwärtig an die Spitze des dänischen Gefängniß-
tvesens berufene Director Brunn. Brunn stand früher als Gesängnißbeamter
an drei verschiedenen Strafanstalten: Viborg, Hörsens und zuletzt an dem
Einzelhastgefängniß Wridlöselille. Er war als Vollzugsbeamter an drei ver¬
schiedenen Vollstreckungsweisen betheiligt und kennt aus eigener Anschauung
und unmittelbarer Mitwirkung sowohl die alte, gemeinsame Haft als das
Schweigsystem und die Einzelhaft. Auf den genauen Inhalt seiner im vorigen
-^ahre erschienenen Schrift (0in ^uläbMelse StmtardMe, über die Voll¬
streckung der Strafarbeit; eine kritische Analyse derselben ist in dem neuesten
Jahrgang der „Allg. Deutsch. Strafrechtszeitung" enthalten) kann an dieser
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