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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.

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Es ist dies aber der Marientag, der jährlich an dem auf Maria Geburt
(8. Sept.) zunächst folgenden Sonntag gefeiert wird. Als Namensfest der
Fürstin, einer geborenen Prinzessin Marie von Liechtenstein, wurde der Tag im
fürstlichen Haus immer auch durch eine größere kirchliche Musikaufführung
gefeiert. So hatte auch Haydn seine letzten großen Messen für diesen Tag
geschrieben und war eigens von Wien nach Eisenstabe gefahren, sie dort per¬
sönlich zu dirigiren. Schindler erzählt uns zuerst von dem Eindruck, den Beetho¬
ven's Messe auf den musikliebenden Fürsten, Nicolaus Esterhazy, gemacht;
wie verblüfft Beethoven über dessen wenig ermuthigende Aeußerung ge¬
wesen und wie er, das Lächeln des dabeistehenden Kapellmeisters Hummel
auf sich beziehend, in voller Aufregung das Haus verlassen habe. So un¬
auslöschlich auch der Haß war, der bei Beethoven von da an gegen Hummel
wurzelte (wozu auch noch andere Motive beigetragen haben sollen), trat
doch am Sterbelager des Tonsürsten vollständige Versöhnung ein. Für
den Fürsten aber blieb die Messe verloren, denn, wie bekannt, dedicirte sie
Beethoven beim Erscheinen im Jahre 1812 dem Fürsten Ferdinand Kinsky
-- ein fast unerhörter Fall. Und dennoch scheint der Bruch zwischen Beiden,
Beethoven und Fürst Nicolaus, nicht gar so grell gewesen zu sein. So ver¬
gißt z. B. der vielseitig in Anspruch genommene Fürst im Jahre 1809 nicht,
sich bei Beethoven's Benefice (am 22. December 1808) mit einer namhaften
Summe zu betheiligen, in demselben Benefice, in dem Theile der Messe in
Wien zum ersten Mal aufgeführt wurden. Ich gebe diese, die inneren musi¬
kalischen Angelegenheiten des Fürsten mehrfach bezeichnende Notiz in der
Anmerkung II.

Die nachfolgenden Briefe Beethoven's, seines Arztes und des Fürsten
Esterhazy sind -ebenfalls dem Hauptarchiv des fürstlichen Schlosses zu Eisen¬
stabe entnommen und werden hier zum ersten Mal veröffentlicht. Sie sind von
mehrfachem Interesse, namentlich auch in Bezug auf Haydn. Wer je an
Beethoven's hoher Anerkennung der Verdienste Haydn's gezweifelt: die eige¬
nen Worte des Meisters müssen ihn hier eines Besseren belehren.



Anmerkung II, An mein Hof und Haupt.Zahlomt. Es werden für die Theater Beneficen deren Hofschauspieler Brokmaun, Lange und
Kochfür meine Rechnung laut beiliegender Quittung Ur. 1 300 Gulden, der Josepha Auern-
hammer nachträglich für ihr Beresina zu Pnsburg 50 Gulden laut Beilage sub Ur, 2. nicht
minder dem Regisseur der Oper a" der Wien Fridrich Sebastian Mayer 10" Gulden laut
Beilage Ur. 3, dann für das Benefice der musikalischen Academie des Herrn Beethoven
laut Beilage sub Ur. 4 100 Gulden, endlich laut Beilage sub Ur. S für die Beneficen der
Wohlthätigkeit" Anstalt 100 und der ölusiPio Wittwen und Waisen eben auch 100 si, zu ver¬
abfolgen und da diese Gratialien durch Meinen Hofrath und Kanzlei Direcwr v, Krrmer gleich
aus der Hand auf meinen Befehl geleistet worden sind, demselben anwiederum zu ersetzen
und mir in Anrechnung zu bringen sein. Wien den 13. Jänner 1809.

Es ist dies aber der Marientag, der jährlich an dem auf Maria Geburt
(8. Sept.) zunächst folgenden Sonntag gefeiert wird. Als Namensfest der
Fürstin, einer geborenen Prinzessin Marie von Liechtenstein, wurde der Tag im
fürstlichen Haus immer auch durch eine größere kirchliche Musikaufführung
gefeiert. So hatte auch Haydn seine letzten großen Messen für diesen Tag
geschrieben und war eigens von Wien nach Eisenstabe gefahren, sie dort per¬
sönlich zu dirigiren. Schindler erzählt uns zuerst von dem Eindruck, den Beetho¬
ven's Messe auf den musikliebenden Fürsten, Nicolaus Esterhazy, gemacht;
wie verblüfft Beethoven über dessen wenig ermuthigende Aeußerung ge¬
wesen und wie er, das Lächeln des dabeistehenden Kapellmeisters Hummel
auf sich beziehend, in voller Aufregung das Haus verlassen habe. So un¬
auslöschlich auch der Haß war, der bei Beethoven von da an gegen Hummel
wurzelte (wozu auch noch andere Motive beigetragen haben sollen), trat
doch am Sterbelager des Tonsürsten vollständige Versöhnung ein. Für
den Fürsten aber blieb die Messe verloren, denn, wie bekannt, dedicirte sie
Beethoven beim Erscheinen im Jahre 1812 dem Fürsten Ferdinand Kinsky
— ein fast unerhörter Fall. Und dennoch scheint der Bruch zwischen Beiden,
Beethoven und Fürst Nicolaus, nicht gar so grell gewesen zu sein. So ver¬
gißt z. B. der vielseitig in Anspruch genommene Fürst im Jahre 1809 nicht,
sich bei Beethoven's Benefice (am 22. December 1808) mit einer namhaften
Summe zu betheiligen, in demselben Benefice, in dem Theile der Messe in
Wien zum ersten Mal aufgeführt wurden. Ich gebe diese, die inneren musi¬
kalischen Angelegenheiten des Fürsten mehrfach bezeichnende Notiz in der
Anmerkung II.

Die nachfolgenden Briefe Beethoven's, seines Arztes und des Fürsten
Esterhazy sind -ebenfalls dem Hauptarchiv des fürstlichen Schlosses zu Eisen¬
stabe entnommen und werden hier zum ersten Mal veröffentlicht. Sie sind von
mehrfachem Interesse, namentlich auch in Bezug auf Haydn. Wer je an
Beethoven's hoher Anerkennung der Verdienste Haydn's gezweifelt: die eige¬
nen Worte des Meisters müssen ihn hier eines Besseren belehren.



Anmerkung II, An mein Hof und Haupt.Zahlomt. Es werden für die Theater Beneficen deren Hofschauspieler Brokmaun, Lange und
Kochfür meine Rechnung laut beiliegender Quittung Ur. 1 300 Gulden, der Josepha Auern-
hammer nachträglich für ihr Beresina zu Pnsburg 50 Gulden laut Beilage sub Ur, 2. nicht
minder dem Regisseur der Oper a» der Wien Fridrich Sebastian Mayer 10» Gulden laut
Beilage Ur. 3, dann für das Benefice der musikalischen Academie des Herrn Beethoven
laut Beilage sub Ur. 4 100 Gulden, endlich laut Beilage sub Ur. S für die Beneficen der
Wohlthätigkeit« Anstalt 100 und der ölusiPio Wittwen und Waisen eben auch 100 si, zu ver¬
abfolgen und da diese Gratialien durch Meinen Hofrath und Kanzlei Direcwr v, Krrmer gleich
aus der Hand auf meinen Befehl geleistet worden sind, demselben anwiederum zu ersetzen
und mir in Anrechnung zu bringen sein. Wien den 13. Jänner 1809.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_287271/268>, abgerufen am 05.02.2025.