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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.

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Wirkens in Vorlesungen, welche sie für der Anstalt Nichtangehörige halten,
so z. B. in der Chemie Prof. Wiebel, in der Geschichte der kürzlich nach
Bonn berufene Prof. Aegidi. Ein derartiges Institut ist zur Aufhebung
reif, aber es ließe sich ohne große Kosten zu einem höchst nützlichen machen.
Deutschland hat schon zu viele Universitäten und wir wünschten, sowie Altorf,
Frankfurt und Wittenberg verschwunden sind, möchten Greifswald und Rostock,
Halle und Jena, Marburg und Gießen, Münster und Bonn, Freiburg und
Heidelberg zusammengelegt werden. Aber was Deutschland noch nicht in
genügendem Maße hat, das sind Fortbildungsanstalten für Nichtstudirende;
speciell gibt es deren fast gar nicht sür Kaufleute. Zu einer solchen sollte
man das Hamburger Gymnasium machen, anknüpfend an die Traditionen der
einst so berühmten Büsch'schen Handelsakademie, welche Alexander von Hum¬
boldt und Niebuhr zu ihren Zöglingen zählte.

Wir denken uns ein Institut, an dem die bestehenden Professuren der
Geschichte und Naturwissenschaften erhalten und weiter ausgebildet würden,
während die der classischen und biblischen Philologie auf den Aussterbeetat
zu setzen wären. Hiezu kommen würden dann noch Lehrstühle für Staats-
wissenschaften, speciell Nationalökonomie, Technologie, Mathematik und
Astronomie, Geographie, Handelswissenschaften und Literaturgeschichte. Für
eine derartige Akademie wären die Räumlichkeiten so ziemlich da oder könn¬
ten doch leicht hergestellt werden, die Mehrkosten würden kaum 23,000 Thlr.
betragen und diese Summe würde auch unsere demokratische Bürgerschaft,
deren Mehrheit Ausgaben für Kunst, Wissenschaft und Cultur als Luxus
betrachtet, gewiß bewilligen, weil damit einem wirklichen Bedürfniß abgeholfen
würde. Ebendeshalb hätte eine solche Anstalt auch Aussicht aus Gedeihen
und einen weit über die Grenzen unseres Gebiets reichenden Erfolg. Eine
große Anzahl wohlhabender junger Kaufleute sucht nach Gelegenheit um
eine über die Schule gehende Bildung zu erlangen, aber will doch nicht sich
einem förmlichen Universitätsstudium hingeben; sehr Viele kommen aus Jn-
und Ausland nach Hamburg als Volontärs, die nicht verdienen, sondern
lernen wollen und denen eine solche Akademie höchst"roillkommen sein müßte.
Durch sie würden alle jene Institute, welche der Verfasser mit Recht rühmt,
wie Commerzbibliothek, zoologischer und botanischer Garten, naturhistorisches
Museum, Sternwarte u. s. w. doppelt nutzbar gemacht, die Zöglinge wür¬
den die Vortheile für ihre Studien haben, welche eine Handelsmetropole wirk¬
lich bietet und wir würden doch eine Anstalt gründen, welche auf gesundem
eigenen Boden gedeihen müßte, während eine Universität nur zu leicht zur
Treibhauspflanze werden dürfte*).





") Aehnliches hat auch Classen befürwortet in seiner lesenswerthen Schrift: "Die ehemalige
Handelsakademie von Vüsch und die Zukunft des akademischen Gymnasiums." Hamburg 18ein.

Wirkens in Vorlesungen, welche sie für der Anstalt Nichtangehörige halten,
so z. B. in der Chemie Prof. Wiebel, in der Geschichte der kürzlich nach
Bonn berufene Prof. Aegidi. Ein derartiges Institut ist zur Aufhebung
reif, aber es ließe sich ohne große Kosten zu einem höchst nützlichen machen.
Deutschland hat schon zu viele Universitäten und wir wünschten, sowie Altorf,
Frankfurt und Wittenberg verschwunden sind, möchten Greifswald und Rostock,
Halle und Jena, Marburg und Gießen, Münster und Bonn, Freiburg und
Heidelberg zusammengelegt werden. Aber was Deutschland noch nicht in
genügendem Maße hat, das sind Fortbildungsanstalten für Nichtstudirende;
speciell gibt es deren fast gar nicht sür Kaufleute. Zu einer solchen sollte
man das Hamburger Gymnasium machen, anknüpfend an die Traditionen der
einst so berühmten Büsch'schen Handelsakademie, welche Alexander von Hum¬
boldt und Niebuhr zu ihren Zöglingen zählte.

Wir denken uns ein Institut, an dem die bestehenden Professuren der
Geschichte und Naturwissenschaften erhalten und weiter ausgebildet würden,
während die der classischen und biblischen Philologie auf den Aussterbeetat
zu setzen wären. Hiezu kommen würden dann noch Lehrstühle für Staats-
wissenschaften, speciell Nationalökonomie, Technologie, Mathematik und
Astronomie, Geographie, Handelswissenschaften und Literaturgeschichte. Für
eine derartige Akademie wären die Räumlichkeiten so ziemlich da oder könn¬
ten doch leicht hergestellt werden, die Mehrkosten würden kaum 23,000 Thlr.
betragen und diese Summe würde auch unsere demokratische Bürgerschaft,
deren Mehrheit Ausgaben für Kunst, Wissenschaft und Cultur als Luxus
betrachtet, gewiß bewilligen, weil damit einem wirklichen Bedürfniß abgeholfen
würde. Ebendeshalb hätte eine solche Anstalt auch Aussicht aus Gedeihen
und einen weit über die Grenzen unseres Gebiets reichenden Erfolg. Eine
große Anzahl wohlhabender junger Kaufleute sucht nach Gelegenheit um
eine über die Schule gehende Bildung zu erlangen, aber will doch nicht sich
einem förmlichen Universitätsstudium hingeben; sehr Viele kommen aus Jn-
und Ausland nach Hamburg als Volontärs, die nicht verdienen, sondern
lernen wollen und denen eine solche Akademie höchst"roillkommen sein müßte.
Durch sie würden alle jene Institute, welche der Verfasser mit Recht rühmt,
wie Commerzbibliothek, zoologischer und botanischer Garten, naturhistorisches
Museum, Sternwarte u. s. w. doppelt nutzbar gemacht, die Zöglinge wür¬
den die Vortheile für ihre Studien haben, welche eine Handelsmetropole wirk¬
lich bietet und wir würden doch eine Anstalt gründen, welche auf gesundem
eigenen Boden gedeihen müßte, während eine Universität nur zu leicht zur
Treibhauspflanze werden dürfte*).





") Aehnliches hat auch Classen befürwortet in seiner lesenswerthen Schrift: „Die ehemalige
Handelsakademie von Vüsch und die Zukunft des akademischen Gymnasiums." Hamburg 18ein.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_287271/248>, abgerufen am 10.02.2025.