Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.

Bild:
<< vorherige Seite

rechten Ufer des Ausflusses der Geeste, im Winkel zwischen dieser und der
Weser und von beiden Städten durch Wassergräben und den Fluß abge¬
sperrt, endlich, da es nur aus Mauerwerk besteht, von geringer Widerstands¬
fähigkeit gegen modernes Schiffsgeschütz. Jene unwürdige Rivalität gegen
Bremen hat aufgehört; das zeigt sich recht augenfällig darin, daß nunmehr
Fortificationen zum Schutze der ganzen Doppelstadt angelegt worden find.

Wie man nun in Havre und in Antwerpen, um der Versandung durch
den Fluß zu entgehen, nicht die Seine und die Scheide selbst als Hafen ge¬
braucht, sondern besondere Bassins in das Land hineingegraben hat, so ist
auch hier nicht die Weser als Hafen benutzt, fondern es sind besondere
Binnenbassins gegraben und durch Schleusenthore mit der Weser verbunden,
sodaß die letztere nur als Rhede dient. Die Weser fließt hier ziemlich ge¬
rade nach Norden und die Geeste mündet von Osten nach Westen fließend in
die Weser. Wenige Schritte oberhalb der Mündung der Geeste führt aus
derselben eine Schleuse in ein langes, südwärts gestrecktes Bassin, den Hafen
von Geestemünde. und ebenso führt durch das andere Ufer der Geeste, der
erwähnten Schleuse gegenüber, eine zweite Schleuse mit mächtigen Fluth-
thoren in ein langes nordwärts gestrecktes Bassin, den alten Hafen von
Bremerhaven, der noch weiter nordwärts in einem zweiten Bassin, dem
neuen Hafen, längs der Weser seine Fortsetzung findet -- wir haben also
auf dem rechten Ufer der Weser ganz nahe demselben und ihm parallel lau¬
fend, eine Kette von drei an einander schließenden Bassins, von denen die
beiden nördlicheren durch die Geeste von dem südlichen, zu Geestemünde ge¬
hörigen, getrennt werden.

Wenden wir uns zunächst durch die südliche Schleuse von der Geeste
nach Süden hinab. Lang, aber wenig von Schiffen belebt, streckt sich das
ausgedehnte Bassin des ge estemünd er Hafens mit einem prachtvoll in
rothem Rohbau ausgeführten hohen Packhofgebäude auf der östlichen Flanke, an
das die Schiffe direct anlegen können, und mit dem Bahnhof (Endstation der
von Bremen kommenden Bahn) am südlichsten Ende, sodaß dieser Hafen directe
Bahnverbindung mit Bremen und dem ganzen Hinterkante hat. Kurz vor dem
Packhof entsendet das Bassin gegen Osten einen schmaleren rechtwinklig ab¬
gezweigten Nebenarm, dessen Ende sich abermals in weiten Bassinanlagen
erweitert und an dessen südlichem Quai ein freier durch Eisengitter abge¬
schlossener Platz das preußische Marinedepot bildet. Einige Schuppen, mäch¬
tige Kohlenhaufen zur Ergänzung der Vorräthe auf den Kriegsschiffen,
Pyramiden von Kanonenkugeln und Ankern und ein Posten in der Uniform
der Kriegsschiffsmatrosen mit dem Zündnadelgewehr im Arm kennzeichnen
die Bestimmung dieses Platzes. Hart am Quai liegt, die hohe schwarze


Grenzboten IV. 18(>8. 28

rechten Ufer des Ausflusses der Geeste, im Winkel zwischen dieser und der
Weser und von beiden Städten durch Wassergräben und den Fluß abge¬
sperrt, endlich, da es nur aus Mauerwerk besteht, von geringer Widerstands¬
fähigkeit gegen modernes Schiffsgeschütz. Jene unwürdige Rivalität gegen
Bremen hat aufgehört; das zeigt sich recht augenfällig darin, daß nunmehr
Fortificationen zum Schutze der ganzen Doppelstadt angelegt worden find.

Wie man nun in Havre und in Antwerpen, um der Versandung durch
den Fluß zu entgehen, nicht die Seine und die Scheide selbst als Hafen ge¬
braucht, sondern besondere Bassins in das Land hineingegraben hat, so ist
auch hier nicht die Weser als Hafen benutzt, fondern es sind besondere
Binnenbassins gegraben und durch Schleusenthore mit der Weser verbunden,
sodaß die letztere nur als Rhede dient. Die Weser fließt hier ziemlich ge¬
rade nach Norden und die Geeste mündet von Osten nach Westen fließend in
die Weser. Wenige Schritte oberhalb der Mündung der Geeste führt aus
derselben eine Schleuse in ein langes, südwärts gestrecktes Bassin, den Hafen
von Geestemünde. und ebenso führt durch das andere Ufer der Geeste, der
erwähnten Schleuse gegenüber, eine zweite Schleuse mit mächtigen Fluth-
thoren in ein langes nordwärts gestrecktes Bassin, den alten Hafen von
Bremerhaven, der noch weiter nordwärts in einem zweiten Bassin, dem
neuen Hafen, längs der Weser seine Fortsetzung findet — wir haben also
auf dem rechten Ufer der Weser ganz nahe demselben und ihm parallel lau¬
fend, eine Kette von drei an einander schließenden Bassins, von denen die
beiden nördlicheren durch die Geeste von dem südlichen, zu Geestemünde ge¬
hörigen, getrennt werden.

Wenden wir uns zunächst durch die südliche Schleuse von der Geeste
nach Süden hinab. Lang, aber wenig von Schiffen belebt, streckt sich das
ausgedehnte Bassin des ge estemünd er Hafens mit einem prachtvoll in
rothem Rohbau ausgeführten hohen Packhofgebäude auf der östlichen Flanke, an
das die Schiffe direct anlegen können, und mit dem Bahnhof (Endstation der
von Bremen kommenden Bahn) am südlichsten Ende, sodaß dieser Hafen directe
Bahnverbindung mit Bremen und dem ganzen Hinterkante hat. Kurz vor dem
Packhof entsendet das Bassin gegen Osten einen schmaleren rechtwinklig ab¬
gezweigten Nebenarm, dessen Ende sich abermals in weiten Bassinanlagen
erweitert und an dessen südlichem Quai ein freier durch Eisengitter abge¬
schlossener Platz das preußische Marinedepot bildet. Einige Schuppen, mäch¬
tige Kohlenhaufen zur Ergänzung der Vorräthe auf den Kriegsschiffen,
Pyramiden von Kanonenkugeln und Ankern und ein Posten in der Uniform
der Kriegsschiffsmatrosen mit dem Zündnadelgewehr im Arm kennzeichnen
die Bestimmung dieses Platzes. Hart am Quai liegt, die hohe schwarze


Grenzboten IV. 18(>8. 28
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0237" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/287509"/>
            <p xml:id="ID_609" prev="#ID_608"> rechten Ufer des Ausflusses der Geeste, im Winkel zwischen dieser und der<lb/>
Weser und von beiden Städten durch Wassergräben und den Fluß abge¬<lb/>
sperrt, endlich, da es nur aus Mauerwerk besteht, von geringer Widerstands¬<lb/>
fähigkeit gegen modernes Schiffsgeschütz. Jene unwürdige Rivalität gegen<lb/>
Bremen hat aufgehört; das zeigt sich recht augenfällig darin, daß nunmehr<lb/>
Fortificationen zum Schutze der ganzen Doppelstadt angelegt worden find.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_610"> Wie man nun in Havre und in Antwerpen, um der Versandung durch<lb/>
den Fluß zu entgehen, nicht die Seine und die Scheide selbst als Hafen ge¬<lb/>
braucht, sondern besondere Bassins in das Land hineingegraben hat, so ist<lb/>
auch hier nicht die Weser als Hafen benutzt, fondern es sind besondere<lb/>
Binnenbassins gegraben und durch Schleusenthore mit der Weser verbunden,<lb/>
sodaß die letztere nur als Rhede dient. Die Weser fließt hier ziemlich ge¬<lb/>
rade nach Norden und die Geeste mündet von Osten nach Westen fließend in<lb/>
die Weser. Wenige Schritte oberhalb der Mündung der Geeste führt aus<lb/>
derselben eine Schleuse in ein langes, südwärts gestrecktes Bassin, den Hafen<lb/>
von Geestemünde. und ebenso führt durch das andere Ufer der Geeste, der<lb/>
erwähnten Schleuse gegenüber, eine zweite Schleuse mit mächtigen Fluth-<lb/>
thoren in ein langes nordwärts gestrecktes Bassin, den alten Hafen von<lb/>
Bremerhaven, der noch weiter nordwärts in einem zweiten Bassin, dem<lb/>
neuen Hafen, längs der Weser seine Fortsetzung findet &#x2014; wir haben also<lb/>
auf dem rechten Ufer der Weser ganz nahe demselben und ihm parallel lau¬<lb/>
fend, eine Kette von drei an einander schließenden Bassins, von denen die<lb/>
beiden nördlicheren durch die Geeste von dem südlichen, zu Geestemünde ge¬<lb/>
hörigen, getrennt werden.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_611" next="#ID_612"> Wenden wir uns zunächst durch die südliche Schleuse von der Geeste<lb/>
nach Süden hinab. Lang, aber wenig von Schiffen belebt, streckt sich das<lb/>
ausgedehnte Bassin des ge estemünd er Hafens mit einem prachtvoll in<lb/>
rothem Rohbau ausgeführten hohen Packhofgebäude auf der östlichen Flanke, an<lb/>
das die Schiffe direct anlegen können, und mit dem Bahnhof (Endstation der<lb/>
von Bremen kommenden Bahn) am südlichsten Ende, sodaß dieser Hafen directe<lb/>
Bahnverbindung mit Bremen und dem ganzen Hinterkante hat. Kurz vor dem<lb/>
Packhof entsendet das Bassin gegen Osten einen schmaleren rechtwinklig ab¬<lb/>
gezweigten Nebenarm, dessen Ende sich abermals in weiten Bassinanlagen<lb/>
erweitert und an dessen südlichem Quai ein freier durch Eisengitter abge¬<lb/>
schlossener Platz das preußische Marinedepot bildet. Einige Schuppen, mäch¬<lb/>
tige Kohlenhaufen zur Ergänzung der Vorräthe auf den Kriegsschiffen,<lb/>
Pyramiden von Kanonenkugeln und Ankern und ein Posten in der Uniform<lb/>
der Kriegsschiffsmatrosen mit dem Zündnadelgewehr im Arm kennzeichnen<lb/>
die Bestimmung dieses Platzes. Hart am Quai liegt, die hohe schwarze</p><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten IV. 18(&gt;8. 28</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0237] rechten Ufer des Ausflusses der Geeste, im Winkel zwischen dieser und der Weser und von beiden Städten durch Wassergräben und den Fluß abge¬ sperrt, endlich, da es nur aus Mauerwerk besteht, von geringer Widerstands¬ fähigkeit gegen modernes Schiffsgeschütz. Jene unwürdige Rivalität gegen Bremen hat aufgehört; das zeigt sich recht augenfällig darin, daß nunmehr Fortificationen zum Schutze der ganzen Doppelstadt angelegt worden find. Wie man nun in Havre und in Antwerpen, um der Versandung durch den Fluß zu entgehen, nicht die Seine und die Scheide selbst als Hafen ge¬ braucht, sondern besondere Bassins in das Land hineingegraben hat, so ist auch hier nicht die Weser als Hafen benutzt, fondern es sind besondere Binnenbassins gegraben und durch Schleusenthore mit der Weser verbunden, sodaß die letztere nur als Rhede dient. Die Weser fließt hier ziemlich ge¬ rade nach Norden und die Geeste mündet von Osten nach Westen fließend in die Weser. Wenige Schritte oberhalb der Mündung der Geeste führt aus derselben eine Schleuse in ein langes, südwärts gestrecktes Bassin, den Hafen von Geestemünde. und ebenso führt durch das andere Ufer der Geeste, der erwähnten Schleuse gegenüber, eine zweite Schleuse mit mächtigen Fluth- thoren in ein langes nordwärts gestrecktes Bassin, den alten Hafen von Bremerhaven, der noch weiter nordwärts in einem zweiten Bassin, dem neuen Hafen, längs der Weser seine Fortsetzung findet — wir haben also auf dem rechten Ufer der Weser ganz nahe demselben und ihm parallel lau¬ fend, eine Kette von drei an einander schließenden Bassins, von denen die beiden nördlicheren durch die Geeste von dem südlichen, zu Geestemünde ge¬ hörigen, getrennt werden. Wenden wir uns zunächst durch die südliche Schleuse von der Geeste nach Süden hinab. Lang, aber wenig von Schiffen belebt, streckt sich das ausgedehnte Bassin des ge estemünd er Hafens mit einem prachtvoll in rothem Rohbau ausgeführten hohen Packhofgebäude auf der östlichen Flanke, an das die Schiffe direct anlegen können, und mit dem Bahnhof (Endstation der von Bremen kommenden Bahn) am südlichsten Ende, sodaß dieser Hafen directe Bahnverbindung mit Bremen und dem ganzen Hinterkante hat. Kurz vor dem Packhof entsendet das Bassin gegen Osten einen schmaleren rechtwinklig ab¬ gezweigten Nebenarm, dessen Ende sich abermals in weiten Bassinanlagen erweitert und an dessen südlichem Quai ein freier durch Eisengitter abge¬ schlossener Platz das preußische Marinedepot bildet. Einige Schuppen, mäch¬ tige Kohlenhaufen zur Ergänzung der Vorräthe auf den Kriegsschiffen, Pyramiden von Kanonenkugeln und Ankern und ein Posten in der Uniform der Kriegsschiffsmatrosen mit dem Zündnadelgewehr im Arm kennzeichnen die Bestimmung dieses Platzes. Hart am Quai liegt, die hohe schwarze Grenzboten IV. 18(>8. 28

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_287271
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_287271/237
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_287271/237>, abgerufen am 05.02.2025.