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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.

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dings verhältnißmäßig leichte Schiffe waren und trotzdem in dem weichen
Schlamm öfters festgesessen haben sollen.

Von hier ab beginnt aber die Weser breiter und voller zu fluthen. während
andererseits öfters grüne flache Inseln und Sandbänke erscheinen. Nach einiger
Zeit steigt über dem Spiegel der Weser eine Stadt mit hellen, nicht gerade
hohen Häusern auf: es ist die Doppelstadt Bremerhaven-Geestemünde,
auf dem rechten Ufer der Weser an einer Stelle gelegen, wo der Strom
eine Krümmung macht, sodaß sie sich uns jetzt in der Front präsentirt,
und zwar links Bremerhaven, rechts Geestemünde. Auf dem linken Ufer,
also dem eine halbe. Meile entfernten Bremerhaven direct gegenüber, erhebt
sich der spitze Thurm des Dorfes Blexen und unfern desselben die Gebäude
der norddeutschen Lloydstation Nordenhamm, von der aus die nach
England fahrenden Dampfer abgehen und später alle auf Amerika fahren¬
den Dampfer abgehen werden, da hier, nahe dem Ankerplatz der ehemaligen
deutschen Flotte sür die Sommermonate, ein prachtvoll tiefes Fahrwasser
und eine vorzügliche Rhede ist, die großen Schiffen, also den Lloyd-
dampfern, eine so sichere Lage bietet, wie fast kein Platz der deutschen Küste
außer der kieler Föhrde, und die durch einen Hafendamm, gleich dem auf
der New - Uorker Station, noch bedeutend verbessert werden könnte. Unser
Dampfer führt uns nahe an diesem Weserhafen Oldenburgs (Nordenhamm)
vorbei; dann aber entfernen wir uns, obwohl in gleicher Richtung weiter¬
fahrend, vom linken Ufer, da wir den Strom an seinem Knie kreuzen,
und nähern uns der ausgebreiteten Doppelstadt Bremerhaven - Geeste¬
münde mit ihren hellen Häusern und dem Mastenwalde in ihren Hafen¬
bassins. Die Stadt wird durch den kleinen, aber an der Mündung auf¬
fallend tiefen Fluß Geeste in zwei Hälften geschieden: nördlich Bremerhaven,
südlich Geestemünde. Bremerhaven ist bekanntlich eine moderne Schöpfung
bremischer Kaufleute, welche im Jahre 1827 hier von Hannover ein kleines
Territorium erwarben. Hannover ahnte damals die Bedeutung der Sache
nicht, sonst würde es schwerlich aus die Wünsche der Bremer eingegangen
sein: wenigstens hat es nachher alle Anstrengungen gemacht, die aufblühende
Hafenstadt durch einen hannöverschen Concurrenzhafen niederzudrücken. Es
chicanirte den bremer Handel auf jede Weise und legte sogar eine Küsten¬
befestigung, Fort William, nicht unterhalb, sondern oberhalb Bremerhaven,
zwischen dieses und Geestemünde, sodaß im Fall eines feindlichen Angriffes
Bremerhaven schutzlos bleiben oder gar durch die feindlichen Kugeln ver¬
nichtet werden mußte. Uebrigens ist das Fort William, welches jetzt die
Inschrift "Fort Wilhelm" trägt, fortificatorisch von geringer Bedeutung, ein
einziges rothes zinnengekröntes halbrundes Fort mit' einigen Schießscharten
sür schweres Geschütz und mit wehender norddeutscher Knegsflagge auf dem


dings verhältnißmäßig leichte Schiffe waren und trotzdem in dem weichen
Schlamm öfters festgesessen haben sollen.

Von hier ab beginnt aber die Weser breiter und voller zu fluthen. während
andererseits öfters grüne flache Inseln und Sandbänke erscheinen. Nach einiger
Zeit steigt über dem Spiegel der Weser eine Stadt mit hellen, nicht gerade
hohen Häusern auf: es ist die Doppelstadt Bremerhaven-Geestemünde,
auf dem rechten Ufer der Weser an einer Stelle gelegen, wo der Strom
eine Krümmung macht, sodaß sie sich uns jetzt in der Front präsentirt,
und zwar links Bremerhaven, rechts Geestemünde. Auf dem linken Ufer,
also dem eine halbe. Meile entfernten Bremerhaven direct gegenüber, erhebt
sich der spitze Thurm des Dorfes Blexen und unfern desselben die Gebäude
der norddeutschen Lloydstation Nordenhamm, von der aus die nach
England fahrenden Dampfer abgehen und später alle auf Amerika fahren¬
den Dampfer abgehen werden, da hier, nahe dem Ankerplatz der ehemaligen
deutschen Flotte sür die Sommermonate, ein prachtvoll tiefes Fahrwasser
und eine vorzügliche Rhede ist, die großen Schiffen, also den Lloyd-
dampfern, eine so sichere Lage bietet, wie fast kein Platz der deutschen Küste
außer der kieler Föhrde, und die durch einen Hafendamm, gleich dem auf
der New - Uorker Station, noch bedeutend verbessert werden könnte. Unser
Dampfer führt uns nahe an diesem Weserhafen Oldenburgs (Nordenhamm)
vorbei; dann aber entfernen wir uns, obwohl in gleicher Richtung weiter¬
fahrend, vom linken Ufer, da wir den Strom an seinem Knie kreuzen,
und nähern uns der ausgebreiteten Doppelstadt Bremerhaven - Geeste¬
münde mit ihren hellen Häusern und dem Mastenwalde in ihren Hafen¬
bassins. Die Stadt wird durch den kleinen, aber an der Mündung auf¬
fallend tiefen Fluß Geeste in zwei Hälften geschieden: nördlich Bremerhaven,
südlich Geestemünde. Bremerhaven ist bekanntlich eine moderne Schöpfung
bremischer Kaufleute, welche im Jahre 1827 hier von Hannover ein kleines
Territorium erwarben. Hannover ahnte damals die Bedeutung der Sache
nicht, sonst würde es schwerlich aus die Wünsche der Bremer eingegangen
sein: wenigstens hat es nachher alle Anstrengungen gemacht, die aufblühende
Hafenstadt durch einen hannöverschen Concurrenzhafen niederzudrücken. Es
chicanirte den bremer Handel auf jede Weise und legte sogar eine Küsten¬
befestigung, Fort William, nicht unterhalb, sondern oberhalb Bremerhaven,
zwischen dieses und Geestemünde, sodaß im Fall eines feindlichen Angriffes
Bremerhaven schutzlos bleiben oder gar durch die feindlichen Kugeln ver¬
nichtet werden mußte. Uebrigens ist das Fort William, welches jetzt die
Inschrift „Fort Wilhelm" trägt, fortificatorisch von geringer Bedeutung, ein
einziges rothes zinnengekröntes halbrundes Fort mit' einigen Schießscharten
sür schweres Geschütz und mit wehender norddeutscher Knegsflagge auf dem


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[0236] dings verhältnißmäßig leichte Schiffe waren und trotzdem in dem weichen Schlamm öfters festgesessen haben sollen. Von hier ab beginnt aber die Weser breiter und voller zu fluthen. während andererseits öfters grüne flache Inseln und Sandbänke erscheinen. Nach einiger Zeit steigt über dem Spiegel der Weser eine Stadt mit hellen, nicht gerade hohen Häusern auf: es ist die Doppelstadt Bremerhaven-Geestemünde, auf dem rechten Ufer der Weser an einer Stelle gelegen, wo der Strom eine Krümmung macht, sodaß sie sich uns jetzt in der Front präsentirt, und zwar links Bremerhaven, rechts Geestemünde. Auf dem linken Ufer, also dem eine halbe. Meile entfernten Bremerhaven direct gegenüber, erhebt sich der spitze Thurm des Dorfes Blexen und unfern desselben die Gebäude der norddeutschen Lloydstation Nordenhamm, von der aus die nach England fahrenden Dampfer abgehen und später alle auf Amerika fahren¬ den Dampfer abgehen werden, da hier, nahe dem Ankerplatz der ehemaligen deutschen Flotte sür die Sommermonate, ein prachtvoll tiefes Fahrwasser und eine vorzügliche Rhede ist, die großen Schiffen, also den Lloyd- dampfern, eine so sichere Lage bietet, wie fast kein Platz der deutschen Küste außer der kieler Föhrde, und die durch einen Hafendamm, gleich dem auf der New - Uorker Station, noch bedeutend verbessert werden könnte. Unser Dampfer führt uns nahe an diesem Weserhafen Oldenburgs (Nordenhamm) vorbei; dann aber entfernen wir uns, obwohl in gleicher Richtung weiter¬ fahrend, vom linken Ufer, da wir den Strom an seinem Knie kreuzen, und nähern uns der ausgebreiteten Doppelstadt Bremerhaven - Geeste¬ münde mit ihren hellen Häusern und dem Mastenwalde in ihren Hafen¬ bassins. Die Stadt wird durch den kleinen, aber an der Mündung auf¬ fallend tiefen Fluß Geeste in zwei Hälften geschieden: nördlich Bremerhaven, südlich Geestemünde. Bremerhaven ist bekanntlich eine moderne Schöpfung bremischer Kaufleute, welche im Jahre 1827 hier von Hannover ein kleines Territorium erwarben. Hannover ahnte damals die Bedeutung der Sache nicht, sonst würde es schwerlich aus die Wünsche der Bremer eingegangen sein: wenigstens hat es nachher alle Anstrengungen gemacht, die aufblühende Hafenstadt durch einen hannöverschen Concurrenzhafen niederzudrücken. Es chicanirte den bremer Handel auf jede Weise und legte sogar eine Küsten¬ befestigung, Fort William, nicht unterhalb, sondern oberhalb Bremerhaven, zwischen dieses und Geestemünde, sodaß im Fall eines feindlichen Angriffes Bremerhaven schutzlos bleiben oder gar durch die feindlichen Kugeln ver¬ nichtet werden mußte. Uebrigens ist das Fort William, welches jetzt die Inschrift „Fort Wilhelm" trägt, fortificatorisch von geringer Bedeutung, ein einziges rothes zinnengekröntes halbrundes Fort mit' einigen Schießscharten sür schweres Geschütz und mit wehender norddeutscher Knegsflagge auf dem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_287271/236>, abgerufen am 05.02.2025.