Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.zu wollen; der Verfasser hat es zur Ausführung desselben an großartiger und Vor Allen Düh ring ist es, der es sich seit Jahren angelegen sein läßt, zu wollen; der Verfasser hat es zur Ausführung desselben an großartiger und Vor Allen Düh ring ist es, der es sich seit Jahren angelegen sein läßt, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0081" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/286793"/> <p xml:id="ID_208" prev="#ID_207"> zu wollen; der Verfasser hat es zur Ausführung desselben an großartiger und<lb/> geistvoller Conception nicht fehlen lassen. Wenn dieser Wurf auch mißlang,<lb/> für die Neue Welt mag das Carey'sche Werk doch von höchster Wichtigkeit<lb/> sein. Nur wie es für uns Europäer, zum mindesten für uns Deutsche eine<lb/> allerschütternde, umgestaltend^ Macht besitzen soll, vermögen wir nicht einzu¬<lb/> sehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_209" next="#ID_210"> Vor Allen Düh ring ist es, der es sich seit Jahren angelegen sein läßt,<lb/> uns über die unberechenbare Bedeutung Carey's zu belehren. Zwar hat<lb/> er auch von dem deutschen List eine sehr hohe Meinung; derselbe bedeutet<lb/> ihm den ersten wahren Fortschritt über Adam Smith hinaus. Aber auch<lb/> er tritt in Schatten vor der Alles verdunkelnder reformatorischer Größe<lb/> Carey's. Doch verhehlt sich Dühring nicht, daß in dem Systeme des letzteren<lb/> ein durch und durch sicherer Grund noch nicht gewonnen sei. So erkennt er<lb/> es als seine Aufgabe, die vollendende Hand an das Werk des Amerikaners zu<lb/> legen, das unwandelbare Fundament zu schaffen. An Selbstvertrauen leidet<lb/> er keinen Mangel: er ist „überzeugt", in seiner „kritischen Grundlegung der<lb/> Volkswirthschaftslehre" „etwas Maßgebendes zu liefern". So bereitwillig wir<lb/> die Sorgfalt anerkennen, mit welcher er einzelne Schwächen seines Meisters<lb/> theils zu heben, theils zu beschönigen sucht, so sehr bedauern wir, auch in<lb/> dieser Modifikation der Careyschen Theorie nicht den Ausgangspunkt einer<lb/> neuen Epoche der Nationalökonomie begrüßen zu können. Was tüchtig ist<lb/> an dieser Lehre — wir wiederholen es — ist durch die historisch-physiologische<lb/> Methode, wie sie besonders durch Röscher repräsentirt wird, bereits zur<lb/> Darstellung gekommen. Allein gerade diese Richtung ist es, die der Ver¬<lb/> fasser mit maßlosester Verachtung behandelt. Einer wirklichen Polemik hält<lb/> er sie gar nicht für würdig. Sie ist ihm nichts als elender Eklekticismus,<lb/> erbärmliche Impotenz; wenn sie es wett bringt, gelangt sie bis zum all¬<lb/> gemeinen Skepticismus. Es wäre Thorheit, die deutsche Wissenschaft gegen<lb/> Schmähungen solcher Art ernstlich vertheidigen zu wollen. Wenn eine<lb/> empirische Disciplin von gewissen Gesetzen unter verschiedenen Verhältnissen<lb/> verschiedene Wirkungen aufweist, oder wenn sie gewisse Erscheinungen nicht<lb/> als dauernde Wesenheiten, sondern als vorübergehende Formen betrachten<lb/> lehrt, ist sie darum Skepticismus? Nun, die gegenwärtig in Deutschland<lb/> herrschende nationalökonomische Methode ist eben rein empirisch. Sie fragt,<lb/> was ist, nicht, was sein sollte, oder was sein könnte. Alles Volksleben,<lb/> das vergangene wie das gegenwärtige vergleichend abstrcchirt auch sie<lb/> „ewige Gesetze", aber sie bleibt sich bewußt, daß dieselben in der Wirklichkeit<lb/> ebenso wenig in vollendeter Reinheit hervortreten, wie die abstracten Gesetze<lb/> der Naturwissenschaften. In dieser empiristischen Natur liegt der trennende<lb/> Unterschied zwischen ihr und der Careyschen Methode. Das Buch des Ameri-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0081]
zu wollen; der Verfasser hat es zur Ausführung desselben an großartiger und
geistvoller Conception nicht fehlen lassen. Wenn dieser Wurf auch mißlang,
für die Neue Welt mag das Carey'sche Werk doch von höchster Wichtigkeit
sein. Nur wie es für uns Europäer, zum mindesten für uns Deutsche eine
allerschütternde, umgestaltend^ Macht besitzen soll, vermögen wir nicht einzu¬
sehen.
Vor Allen Düh ring ist es, der es sich seit Jahren angelegen sein läßt,
uns über die unberechenbare Bedeutung Carey's zu belehren. Zwar hat
er auch von dem deutschen List eine sehr hohe Meinung; derselbe bedeutet
ihm den ersten wahren Fortschritt über Adam Smith hinaus. Aber auch
er tritt in Schatten vor der Alles verdunkelnder reformatorischer Größe
Carey's. Doch verhehlt sich Dühring nicht, daß in dem Systeme des letzteren
ein durch und durch sicherer Grund noch nicht gewonnen sei. So erkennt er
es als seine Aufgabe, die vollendende Hand an das Werk des Amerikaners zu
legen, das unwandelbare Fundament zu schaffen. An Selbstvertrauen leidet
er keinen Mangel: er ist „überzeugt", in seiner „kritischen Grundlegung der
Volkswirthschaftslehre" „etwas Maßgebendes zu liefern". So bereitwillig wir
die Sorgfalt anerkennen, mit welcher er einzelne Schwächen seines Meisters
theils zu heben, theils zu beschönigen sucht, so sehr bedauern wir, auch in
dieser Modifikation der Careyschen Theorie nicht den Ausgangspunkt einer
neuen Epoche der Nationalökonomie begrüßen zu können. Was tüchtig ist
an dieser Lehre — wir wiederholen es — ist durch die historisch-physiologische
Methode, wie sie besonders durch Röscher repräsentirt wird, bereits zur
Darstellung gekommen. Allein gerade diese Richtung ist es, die der Ver¬
fasser mit maßlosester Verachtung behandelt. Einer wirklichen Polemik hält
er sie gar nicht für würdig. Sie ist ihm nichts als elender Eklekticismus,
erbärmliche Impotenz; wenn sie es wett bringt, gelangt sie bis zum all¬
gemeinen Skepticismus. Es wäre Thorheit, die deutsche Wissenschaft gegen
Schmähungen solcher Art ernstlich vertheidigen zu wollen. Wenn eine
empirische Disciplin von gewissen Gesetzen unter verschiedenen Verhältnissen
verschiedene Wirkungen aufweist, oder wenn sie gewisse Erscheinungen nicht
als dauernde Wesenheiten, sondern als vorübergehende Formen betrachten
lehrt, ist sie darum Skepticismus? Nun, die gegenwärtig in Deutschland
herrschende nationalökonomische Methode ist eben rein empirisch. Sie fragt,
was ist, nicht, was sein sollte, oder was sein könnte. Alles Volksleben,
das vergangene wie das gegenwärtige vergleichend abstrcchirt auch sie
„ewige Gesetze", aber sie bleibt sich bewußt, daß dieselben in der Wirklichkeit
ebenso wenig in vollendeter Reinheit hervortreten, wie die abstracten Gesetze
der Naturwissenschaften. In dieser empiristischen Natur liegt der trennende
Unterschied zwischen ihr und der Careyschen Methode. Das Buch des Ameri-
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