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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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ducken der wichtigen Manufacturen des Landes zählen und nicht selten eine
Schätzung doppelt, ja dreifach machen.

So schätzen sie den Werth der erzeugten Wolle und bringen dieselbe
bei Veranschlagung des Werthes der im Lande verfertigten Kleidungsstücke
wieder in Rechnung. An dergleichen Selbsttäuschungen sind die officiellen
Berichte über die inländischen Manufacturwaaren reich.

Gerade die Artikel, welche die Amerikaner mit größtem Eifer zu erzeugen
suchen und auch erzeugen, werden in enormer Menge importirt.

Uebergehen wir die Bemühungen, Seidenwaaren zu produciren, die gar
keinen Erfolg hatten, um uns zu andern zu wenden, die glücklicher ausfielen,
dennoch aber den europäischen Import nicht verringern konnten.

Der Werth der im Jahr 1860 im Lande erzeugten Wollenwaaren wird
officiell zu 68,865,963 Doll. angegeben, und doch betrug der Import dieser
Artikel in demselben Jahre 27,736,914. Doll.

Obgleich die Amerikaner die Baumwolle zur Hand haben, so können
doch ihre Baumwollfabrikanten inländischen Bedarf nicht decken und der Im¬
port von Baumwollenmanufacten betrug:

von 1840--1856 im Durchschnitt jährlich 16.705,418, Doll.
von 1856--1860 im " " 28,811,966. "

Die importirten Artikel sind eben von einer bessern Qualität und nicht
selten bedeutend billiger, trotz des hohen Zolles, der auf ihnen lastet und
der sonstigen Kosten des Imports.

Doch der amerikanische Producent versteht es, seine Waare in die ver¬
schiedenen Kanäle des Groß- und Kleinhandels zu bringen, sie gehörig in
anziehender Form zu Präsentiren und ihre Qualitäten anzupreisen. Der Krä¬
mer gibt sie als ausländische aus und so brechen sie sich Bahn..

Indessen hindert diese erkünstelte Industrie keineswegs die fortwährende
Zunahme der Einfuhr fremder Manufacte und diese wird auch in Zukunft
mit der steten Vergrößerung der Bevölkerung, mit der Vervielfältigung ihrer
Verbindungswege und Hilfsquellen immer höher anschwellen." --

Hier haben wir in wenigen mit authentischen Daten belegten Sätzen
den ganzen Irrthum und die Nachtheile des Prohibitivsystems klar vor Augen
gelegt. Dies System hindert jede gesunde Production, hemmt die natür¬
liche wirthschaftliche Entwickelung und was bei alledem das Wunderbarste ist:
den Import der durch den enormen Zolltarif betroffenen ausländischen
Artikel kann es doch nicht hindern.

Die Reaction gegen diesen Schutzzolldruck macht sich in immer weiterer
Ausdehnung geltend. Nachdem bisher nur einzelne Stimmen Seitens der
Landwirthe, der Rheder und mehrerer durch den hohen Tarif vorzugsweise
benachtheiligter Industrieller bemerkbar geworden, beginnt jetzt eine Spöte-


ducken der wichtigen Manufacturen des Landes zählen und nicht selten eine
Schätzung doppelt, ja dreifach machen.

So schätzen sie den Werth der erzeugten Wolle und bringen dieselbe
bei Veranschlagung des Werthes der im Lande verfertigten Kleidungsstücke
wieder in Rechnung. An dergleichen Selbsttäuschungen sind die officiellen
Berichte über die inländischen Manufacturwaaren reich.

Gerade die Artikel, welche die Amerikaner mit größtem Eifer zu erzeugen
suchen und auch erzeugen, werden in enormer Menge importirt.

Uebergehen wir die Bemühungen, Seidenwaaren zu produciren, die gar
keinen Erfolg hatten, um uns zu andern zu wenden, die glücklicher ausfielen,
dennoch aber den europäischen Import nicht verringern konnten.

Der Werth der im Jahr 1860 im Lande erzeugten Wollenwaaren wird
officiell zu 68,865,963 Doll. angegeben, und doch betrug der Import dieser
Artikel in demselben Jahre 27,736,914. Doll.

Obgleich die Amerikaner die Baumwolle zur Hand haben, so können
doch ihre Baumwollfabrikanten inländischen Bedarf nicht decken und der Im¬
port von Baumwollenmanufacten betrug:

von 1840—1856 im Durchschnitt jährlich 16.705,418, Doll.
von 1856—1860 im „ „ 28,811,966. „

Die importirten Artikel sind eben von einer bessern Qualität und nicht
selten bedeutend billiger, trotz des hohen Zolles, der auf ihnen lastet und
der sonstigen Kosten des Imports.

Doch der amerikanische Producent versteht es, seine Waare in die ver¬
schiedenen Kanäle des Groß- und Kleinhandels zu bringen, sie gehörig in
anziehender Form zu Präsentiren und ihre Qualitäten anzupreisen. Der Krä¬
mer gibt sie als ausländische aus und so brechen sie sich Bahn..

Indessen hindert diese erkünstelte Industrie keineswegs die fortwährende
Zunahme der Einfuhr fremder Manufacte und diese wird auch in Zukunft
mit der steten Vergrößerung der Bevölkerung, mit der Vervielfältigung ihrer
Verbindungswege und Hilfsquellen immer höher anschwellen." —

Hier haben wir in wenigen mit authentischen Daten belegten Sätzen
den ganzen Irrthum und die Nachtheile des Prohibitivsystems klar vor Augen
gelegt. Dies System hindert jede gesunde Production, hemmt die natür¬
liche wirthschaftliche Entwickelung und was bei alledem das Wunderbarste ist:
den Import der durch den enormen Zolltarif betroffenen ausländischen
Artikel kann es doch nicht hindern.

Die Reaction gegen diesen Schutzzolldruck macht sich in immer weiterer
Ausdehnung geltend. Nachdem bisher nur einzelne Stimmen Seitens der
Landwirthe, der Rheder und mehrerer durch den hohen Tarif vorzugsweise
benachtheiligter Industrieller bemerkbar geworden, beginnt jetzt eine Spöte-


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[0074] ducken der wichtigen Manufacturen des Landes zählen und nicht selten eine Schätzung doppelt, ja dreifach machen. So schätzen sie den Werth der erzeugten Wolle und bringen dieselbe bei Veranschlagung des Werthes der im Lande verfertigten Kleidungsstücke wieder in Rechnung. An dergleichen Selbsttäuschungen sind die officiellen Berichte über die inländischen Manufacturwaaren reich. Gerade die Artikel, welche die Amerikaner mit größtem Eifer zu erzeugen suchen und auch erzeugen, werden in enormer Menge importirt. Uebergehen wir die Bemühungen, Seidenwaaren zu produciren, die gar keinen Erfolg hatten, um uns zu andern zu wenden, die glücklicher ausfielen, dennoch aber den europäischen Import nicht verringern konnten. Der Werth der im Jahr 1860 im Lande erzeugten Wollenwaaren wird officiell zu 68,865,963 Doll. angegeben, und doch betrug der Import dieser Artikel in demselben Jahre 27,736,914. Doll. Obgleich die Amerikaner die Baumwolle zur Hand haben, so können doch ihre Baumwollfabrikanten inländischen Bedarf nicht decken und der Im¬ port von Baumwollenmanufacten betrug: von 1840—1856 im Durchschnitt jährlich 16.705,418, Doll. von 1856—1860 im „ „ 28,811,966. „ Die importirten Artikel sind eben von einer bessern Qualität und nicht selten bedeutend billiger, trotz des hohen Zolles, der auf ihnen lastet und der sonstigen Kosten des Imports. Doch der amerikanische Producent versteht es, seine Waare in die ver¬ schiedenen Kanäle des Groß- und Kleinhandels zu bringen, sie gehörig in anziehender Form zu Präsentiren und ihre Qualitäten anzupreisen. Der Krä¬ mer gibt sie als ausländische aus und so brechen sie sich Bahn.. Indessen hindert diese erkünstelte Industrie keineswegs die fortwährende Zunahme der Einfuhr fremder Manufacte und diese wird auch in Zukunft mit der steten Vergrößerung der Bevölkerung, mit der Vervielfältigung ihrer Verbindungswege und Hilfsquellen immer höher anschwellen." — Hier haben wir in wenigen mit authentischen Daten belegten Sätzen den ganzen Irrthum und die Nachtheile des Prohibitivsystems klar vor Augen gelegt. Dies System hindert jede gesunde Production, hemmt die natür¬ liche wirthschaftliche Entwickelung und was bei alledem das Wunderbarste ist: den Import der durch den enormen Zolltarif betroffenen ausländischen Artikel kann es doch nicht hindern. Die Reaction gegen diesen Schutzzolldruck macht sich in immer weiterer Ausdehnung geltend. Nachdem bisher nur einzelne Stimmen Seitens der Landwirthe, der Rheder und mehrerer durch den hohen Tarif vorzugsweise benachtheiligter Industrieller bemerkbar geworden, beginnt jetzt eine Spöte-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/74>, abgerufen am 26.08.2024.