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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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bemerken wir eine Abnahme. Die Ausfuhr von Mehl, welche 1863 mit 28
Millionen Dollars ihren Höhepunkt erreicht hatte, ist seitdem stetig zurück¬
gegangen und betrug 1866 nur 18 Millionen Dollars. Der auswärtige
Handel der Union ist in einer mißlichen Lage und die Rhederei, welche die
Folgen des Krieges noch nicht überwunden hat, kann unter solchen Umständen
zu einer gedeihlichen Entwickelung nicht gelangen.

Die allgemeine Preissteigerung ist auf drei Ursachen zurückzuführen:
Mangel an Arbeitskraft, uneinlösliches Papiergeld, dessen Circulation natur¬
gemäß auf das eigene Land beschränkt ist, und hohe Steuern. Die Einwan¬
derung hat dem Mangel an Arbeitskraft in der Industrie bis jetzt nur un¬
vollkommen abgeholfen, denn der größere Theil der europäischen Einwande¬
rer wendet sich der landwirtschaftlichen Thätigkeit zu; es wäre sonst schwer
zu begreifen, wie trotz der colossalen Aushebungen für den Krieg, von denen
die ackerbautreibenden Staaten schwer genug betroffen wurden, die agricole
Production stetig zugenommen hat. In manchen Zweigen der Industrie
macht sich freilich der Einfluß vermehrter Einwanderung geltend; während
die Arbeiter in den Fabriken früher fast ausschließlich Amerikaner waren, be¬
gegnen wir jetzt mehr und mehr Fremden, denen ihre Arbeitgeber in Betreff
ihrer Geschicklichkeit und ihres sittlichen Verhaltens ein günstiges Zeugniß
ausstellen. Ueber die zweite Ursache ist kein Wort mehr zu verlieren. Die
Uneinlösbarkeit und die übergroße Masse des Papiergeldes sind die Ur¬
sachen seiner Entwerthung. -- Die Ernte von Weizen kommt dem Durchschnitt
früherer Jahre gleich, das Erträgniß von Mais, auf über 800 Millionen
Bushels geschätzt, ist größer als je zuvor. Der Gesammtertrag von Ge¬
treide wird um 60°/<> höher geschätzt als 1860; obwohl aber die Bevölkerungs¬
zunahme nur etwa 13°/" betragen hat, sind Preise von Brodstoffen heute er¬
heblich höher als damals, ein Beweis statt vieler, bis zu welchem Grade
die Papierwirthschaft der Spekulation Vorschub geleistet hat.

Was die Besteuerung betrifft, so erhellt aus folgender Aufstellung, daß
von den modernen Ländern Nordamerika die schwersten Lasten zu tragen hat.
Auf den Kopf der Bevölkerung vertheilt, betrug in:

die Steuer die Staatsschuld
Nordamerika.....Doll. 11.40 Gold Doll. 74.22 Gold
Großbrittanien..... " 10,92 " " 125,--- "
Frankreich...... " 7.97 " " 53,-- "
Preußen....... " 5,43 " " 12,-- "
Oestreich....... " 5,27 " ., 45,-- "

Während aber in England die Besteuerung nur wenige Artikel trifft und
die Industrie in ihrer gesunden Entwickelung nicht aufgehalten wird, gehört
in der Union die Steuerfreiheit sowohl in Betreff von Capitalien als Waaren


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bemerken wir eine Abnahme. Die Ausfuhr von Mehl, welche 1863 mit 28
Millionen Dollars ihren Höhepunkt erreicht hatte, ist seitdem stetig zurück¬
gegangen und betrug 1866 nur 18 Millionen Dollars. Der auswärtige
Handel der Union ist in einer mißlichen Lage und die Rhederei, welche die
Folgen des Krieges noch nicht überwunden hat, kann unter solchen Umständen
zu einer gedeihlichen Entwickelung nicht gelangen.

Die allgemeine Preissteigerung ist auf drei Ursachen zurückzuführen:
Mangel an Arbeitskraft, uneinlösliches Papiergeld, dessen Circulation natur¬
gemäß auf das eigene Land beschränkt ist, und hohe Steuern. Die Einwan¬
derung hat dem Mangel an Arbeitskraft in der Industrie bis jetzt nur un¬
vollkommen abgeholfen, denn der größere Theil der europäischen Einwande¬
rer wendet sich der landwirtschaftlichen Thätigkeit zu; es wäre sonst schwer
zu begreifen, wie trotz der colossalen Aushebungen für den Krieg, von denen
die ackerbautreibenden Staaten schwer genug betroffen wurden, die agricole
Production stetig zugenommen hat. In manchen Zweigen der Industrie
macht sich freilich der Einfluß vermehrter Einwanderung geltend; während
die Arbeiter in den Fabriken früher fast ausschließlich Amerikaner waren, be¬
gegnen wir jetzt mehr und mehr Fremden, denen ihre Arbeitgeber in Betreff
ihrer Geschicklichkeit und ihres sittlichen Verhaltens ein günstiges Zeugniß
ausstellen. Ueber die zweite Ursache ist kein Wort mehr zu verlieren. Die
Uneinlösbarkeit und die übergroße Masse des Papiergeldes sind die Ur¬
sachen seiner Entwerthung. — Die Ernte von Weizen kommt dem Durchschnitt
früherer Jahre gleich, das Erträgniß von Mais, auf über 800 Millionen
Bushels geschätzt, ist größer als je zuvor. Der Gesammtertrag von Ge¬
treide wird um 60°/<> höher geschätzt als 1860; obwohl aber die Bevölkerungs¬
zunahme nur etwa 13°/» betragen hat, sind Preise von Brodstoffen heute er¬
heblich höher als damals, ein Beweis statt vieler, bis zu welchem Grade
die Papierwirthschaft der Spekulation Vorschub geleistet hat.

Was die Besteuerung betrifft, so erhellt aus folgender Aufstellung, daß
von den modernen Ländern Nordamerika die schwersten Lasten zu tragen hat.
Auf den Kopf der Bevölkerung vertheilt, betrug in:

die Steuer die Staatsschuld
Nordamerika.....Doll. 11.40 Gold Doll. 74.22 Gold
Großbrittanien..... „ 10,92 „ „ 125,—- „
Frankreich...... „ 7.97 „ „ 53,— „
Preußen....... „ 5,43 „ „ 12,— „
Oestreich....... „ 5,27 „ ., 45,— „

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die Industrie in ihrer gesunden Entwickelung nicht aufgehalten wird, gehört
in der Union die Steuerfreiheit sowohl in Betreff von Capitalien als Waaren


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/71>, abgerufen am 28.09.2024.