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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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während man ein Gleiches vom Emblem" nicht sagen kann. Das Schlu߬
sätzchen ist vielmehr sehr persönlich und auch ein bischen einfältig.

Wenn nun der Abgeordnete überhaupt gar keinen Beruf hätte, als "durch
seine Abstimmung der Regierung Verlegenheit zu bereiten", so könnte man
auch den dümmsten und schlechtesten Menschen dazu brauchen; und man
dürfte namentlich nichl einen Patrioten wählen, wie Herrn Löwe-Calbe, der
die Regierung in Verfolgung ihrer nationalen Ausgabe so oft auf das Kräf¬
tigste unterstützt hat.

Wenn es für den Abgeordneten eine Sünde wäre, schöne und kräftige
Reden zu halten, oder überhaupt Reden zu halten, so fiele dieser Vorwurf
doch weit schwerer auf das Haupt des (den Volksfreund mit herausgebenden)
Herrn Dr. Löwe, als auf das meinige.

Und wenn endlich spaßhafte Reden unstatthaft wären, wie wollte Herr
Parifius-Gardelegen die wirklich recht witzigenAusfälle vertheidigen, die er während
der letzten Sitzung einmal gegen den Professor Glaser richtete? Ich mache
ihm keinen Vorwurf daraus. Ich habe öfters Lord Palmerston sprechen
hören; er that es nie, ohne ein geflügeltes Wort, einen Scherz oder gar eine
kleine liebenswürdige Malice einzuflechten. Was einem Palmerston an der
Spitze der mächtigsten Regierung der Welt erlaubt war, sollte doch Herrn
Parifius, der sich doch nicht in ganz so illüstrer Position befindet, auch erlaubt
sein; und deßhalb nehme ich ihn hiermit ausdrücklich gegen seinen eigenen
Volksfreund in Schutz.

Ich sage nur: sachlich ist jenes Sätzchen, wie so eben gezeigt, sinnlos.
Bleibt also nur die persönliche Spitze; und da das Blatt einen liberalen
Landtagsabgeordneten als Herausgeber und zwei liberale-Reichstagsabge¬
ordnete als ständige Mitarbeiter nennt, so dürfte es einiges Interesse haben,
den Sachverhalt öffentlich zu constatiren und sine irs. et stuäiv dieses Symp¬
tom persönlichen Wohlwollens zu erörtern, welches mir erwiesen wird von dem
Organ einiger Herren College", mit denen ich, wenn ich mit ihnen zusammen
im Land- und Reichstage sitze, in politischen Dingen sehr oft und in volks-
wirthschaftlicheri beinahe immer übereinstimme, von dem Blatte eines Ge¬
nossen, dem ich in der Volksvertretung sowohl als in der Presse in seinem
Kampfe gegen die Mißstände von Mecklenburg so manches Mal getreulich
beigestanden. Warum läßt er, während ich ihm in seinem Zweikampf mit den
Grafen von Bassewitz oder dem Geheimen Staatsrath von Müller (dem
einzigen Manne im Bundesrath, der gegen die Gewerbefreiheit gestimmt hat)
seeundire, just um die selbige Zeit mich von seinem kleinen "Volksfreunde"
meuchlings in die Waden beißen, was zwar nicht den Tod zur Folge hat,
aber doch auch gerade keine angenehme Empfindung hervorruft? Warum,
frage ich, wollen diese Herrn Reichs- und Landtagsabgeordneten, diese aufrieb-


während man ein Gleiches vom Emblem« nicht sagen kann. Das Schlu߬
sätzchen ist vielmehr sehr persönlich und auch ein bischen einfältig.

Wenn nun der Abgeordnete überhaupt gar keinen Beruf hätte, als „durch
seine Abstimmung der Regierung Verlegenheit zu bereiten", so könnte man
auch den dümmsten und schlechtesten Menschen dazu brauchen; und man
dürfte namentlich nichl einen Patrioten wählen, wie Herrn Löwe-Calbe, der
die Regierung in Verfolgung ihrer nationalen Ausgabe so oft auf das Kräf¬
tigste unterstützt hat.

Wenn es für den Abgeordneten eine Sünde wäre, schöne und kräftige
Reden zu halten, oder überhaupt Reden zu halten, so fiele dieser Vorwurf
doch weit schwerer auf das Haupt des (den Volksfreund mit herausgebenden)
Herrn Dr. Löwe, als auf das meinige.

Und wenn endlich spaßhafte Reden unstatthaft wären, wie wollte Herr
Parifius-Gardelegen die wirklich recht witzigenAusfälle vertheidigen, die er während
der letzten Sitzung einmal gegen den Professor Glaser richtete? Ich mache
ihm keinen Vorwurf daraus. Ich habe öfters Lord Palmerston sprechen
hören; er that es nie, ohne ein geflügeltes Wort, einen Scherz oder gar eine
kleine liebenswürdige Malice einzuflechten. Was einem Palmerston an der
Spitze der mächtigsten Regierung der Welt erlaubt war, sollte doch Herrn
Parifius, der sich doch nicht in ganz so illüstrer Position befindet, auch erlaubt
sein; und deßhalb nehme ich ihn hiermit ausdrücklich gegen seinen eigenen
Volksfreund in Schutz.

Ich sage nur: sachlich ist jenes Sätzchen, wie so eben gezeigt, sinnlos.
Bleibt also nur die persönliche Spitze; und da das Blatt einen liberalen
Landtagsabgeordneten als Herausgeber und zwei liberale-Reichstagsabge¬
ordnete als ständige Mitarbeiter nennt, so dürfte es einiges Interesse haben,
den Sachverhalt öffentlich zu constatiren und sine irs. et stuäiv dieses Symp¬
tom persönlichen Wohlwollens zu erörtern, welches mir erwiesen wird von dem
Organ einiger Herren College», mit denen ich, wenn ich mit ihnen zusammen
im Land- und Reichstage sitze, in politischen Dingen sehr oft und in volks-
wirthschaftlicheri beinahe immer übereinstimme, von dem Blatte eines Ge¬
nossen, dem ich in der Volksvertretung sowohl als in der Presse in seinem
Kampfe gegen die Mißstände von Mecklenburg so manches Mal getreulich
beigestanden. Warum läßt er, während ich ihm in seinem Zweikampf mit den
Grafen von Bassewitz oder dem Geheimen Staatsrath von Müller (dem
einzigen Manne im Bundesrath, der gegen die Gewerbefreiheit gestimmt hat)
seeundire, just um die selbige Zeit mich von seinem kleinen „Volksfreunde"
meuchlings in die Waden beißen, was zwar nicht den Tod zur Folge hat,
aber doch auch gerade keine angenehme Empfindung hervorruft? Warum,
frage ich, wollen diese Herrn Reichs- und Landtagsabgeordneten, diese aufrieb-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/64>, abgerufen am 02.10.2024.