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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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Partei auf dem besten Fuße steht, ohne Zweifel in der sehr löblichen Absicht,
deren Sympathien zu gewinnen. Freilich gewinnt sie dieselben nicht, sondern
verscherzt nur diejenigen der nationalen und trägt das ihrige dazu bei, die
öffentliche Meinung zu verwirren und zu verbittern."

Ich habe meinen Correspondenten über den eigenthümlichen Zustand,
der in einem Theil der liberalen Presse herrscht, aufzuklären gesucht und ihm
namentlich erzählt, daß während es nie vorkommt, daß eine conservative
Fraction in der Presse die andere conservative Fraction und deren Mitglieder
angreift, die liberale Presse oder wenigstens ein Theil derselben keinen höheren
Beruf zu kennen scheint, als im Namen einer weiter vorgeschrittenen libe¬
ralen Fraction die Mitglieder der anderen minder weit fortgeschrittenen
Fraction nach Kräften in den Augen des Publikums schlecht zumachen, daß
die "Zukunft" ihre Angriffe nicht etwa gegen Herrn von Blankenburg, son¬
dern gegen Herrn Dr. Waldeck, die "Volkszeitung" die ihrigen nicht gegen
Herrn Wagener-Neustettin, sondern gegen meinen Freund Laster und mich
richtet u. s. w. mit Grazie in inümwm.

Ich werde nicht versuchen, meine Person gegen jenen Angriff zu ver¬
theidigen. Darum handelt es sich nicht. Aber für die Gegenwart ist es nicht
gleichgiltig, wie die verschiedenen liberalen Fractionen und deren Mitglieder
sich überhaupt und namentlich in der Presse zu einander stellen.

Nun vermuthe ich, daß der Zusatz zu jenem Artikel nicht von dem Ver¬
fasser des Uebrigen herrührt , sondern daß er hier in Berlin hinzugefügt sei.
Ich habe zu dieser Vermuthung folgende Gründe: Erstens machte sich der
Volksfreund auch bisher schon öfters das Vergnügen, die Gelegenheit zu
solchen Attaken gegen mich vom Zaune zu reißen und unter Nennung meines
Namens dasselbe zu sagen, was er hier ohne Nennung meines Namens vor¬
trägt. Zweitens paßt der Satz gar nicht zu dem Inhalt der vorhergehenden
Auseinandersetzung. Drittens weiß im Rheingau Jedermann, daß ich gegen
den königlichen Regierungspräsidenten in Wiesbaden schon in wer ersten Zeit
seines Dortseins über die Art, wie er die Jagdsrage und andere dortige An¬
gelegenheit behandelte, in die schärfste Opposition gerieth. Der Verfasser des
Schlußsatzes weiß dies aber nicht und hat vorausgesetzt, daß wer in Berlin
wohnt, auch gar keine Ursache habe, sich darum zu kümmern. Drittens weiß
der Verfasser, daß ich seine Ansichten theile und daß ich sie schon seit ge¬
raumer Zeit in der Kammer, in der Presse, namentlich in den Grenzboten
und in der Kölnischen Zeitung, die deshalb sogar einmal -- ich glaube im
Juni 1867 -- confiscire wurde, und wo ich sonst Gelegenheit hatte, öffent¬
lich und privatim geltend gemacht habe; warum also sollte er, während er
sich mir conformirt, mich attakiren?

Endlich ist der Artikel selbst ruhig, sachlich und verständig geschrieben,


Partei auf dem besten Fuße steht, ohne Zweifel in der sehr löblichen Absicht,
deren Sympathien zu gewinnen. Freilich gewinnt sie dieselben nicht, sondern
verscherzt nur diejenigen der nationalen und trägt das ihrige dazu bei, die
öffentliche Meinung zu verwirren und zu verbittern."

Ich habe meinen Correspondenten über den eigenthümlichen Zustand,
der in einem Theil der liberalen Presse herrscht, aufzuklären gesucht und ihm
namentlich erzählt, daß während es nie vorkommt, daß eine conservative
Fraction in der Presse die andere conservative Fraction und deren Mitglieder
angreift, die liberale Presse oder wenigstens ein Theil derselben keinen höheren
Beruf zu kennen scheint, als im Namen einer weiter vorgeschrittenen libe¬
ralen Fraction die Mitglieder der anderen minder weit fortgeschrittenen
Fraction nach Kräften in den Augen des Publikums schlecht zumachen, daß
die „Zukunft" ihre Angriffe nicht etwa gegen Herrn von Blankenburg, son¬
dern gegen Herrn Dr. Waldeck, die „Volkszeitung" die ihrigen nicht gegen
Herrn Wagener-Neustettin, sondern gegen meinen Freund Laster und mich
richtet u. s. w. mit Grazie in inümwm.

Ich werde nicht versuchen, meine Person gegen jenen Angriff zu ver¬
theidigen. Darum handelt es sich nicht. Aber für die Gegenwart ist es nicht
gleichgiltig, wie die verschiedenen liberalen Fractionen und deren Mitglieder
sich überhaupt und namentlich in der Presse zu einander stellen.

Nun vermuthe ich, daß der Zusatz zu jenem Artikel nicht von dem Ver¬
fasser des Uebrigen herrührt , sondern daß er hier in Berlin hinzugefügt sei.
Ich habe zu dieser Vermuthung folgende Gründe: Erstens machte sich der
Volksfreund auch bisher schon öfters das Vergnügen, die Gelegenheit zu
solchen Attaken gegen mich vom Zaune zu reißen und unter Nennung meines
Namens dasselbe zu sagen, was er hier ohne Nennung meines Namens vor¬
trägt. Zweitens paßt der Satz gar nicht zu dem Inhalt der vorhergehenden
Auseinandersetzung. Drittens weiß im Rheingau Jedermann, daß ich gegen
den königlichen Regierungspräsidenten in Wiesbaden schon in wer ersten Zeit
seines Dortseins über die Art, wie er die Jagdsrage und andere dortige An¬
gelegenheit behandelte, in die schärfste Opposition gerieth. Der Verfasser des
Schlußsatzes weiß dies aber nicht und hat vorausgesetzt, daß wer in Berlin
wohnt, auch gar keine Ursache habe, sich darum zu kümmern. Drittens weiß
der Verfasser, daß ich seine Ansichten theile und daß ich sie schon seit ge¬
raumer Zeit in der Kammer, in der Presse, namentlich in den Grenzboten
und in der Kölnischen Zeitung, die deshalb sogar einmal — ich glaube im
Juni 1867 — confiscire wurde, und wo ich sonst Gelegenheit hatte, öffent¬
lich und privatim geltend gemacht habe; warum also sollte er, während er
sich mir conformirt, mich attakiren?

Endlich ist der Artikel selbst ruhig, sachlich und verständig geschrieben,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/63>, abgerufen am 02.07.2024.