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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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mung nach im wesentlichen richtig. Zwischen ihm und mir ist nur der Unter¬
schied, daß ich Alles das schon ein Jahr früher gesagt habe, nämlich in
den "Vier Briefen eines Süddeutschen an den Verfasser der Vier Fragen
eines Ostpreußen", welche im Sommer 1867 in den "Grenzboten" ein¬
zeln und dann im Herbst bei S. Hirzel in Leipzig als Broschüre erschie¬
nen sind. Wer in letzterer die Seiten 48 bis 70 nachlesen will, wird sich
von der Richtigkeit meiner Behauptung überzeugen. Dieselbe Ansicht, welche
ich dort ausgesprochen habe, ist von mir auch in dem Abgeordnetenhause ver¬
treten worden, hier habe ich namentlich die in Nassau, jetzt Regierungs¬
bezirk Wiesbaden, eingeführte schwerfällige Verwaltungsorganisation, die ganz
übermäßige Zahl der Beamten, die Vielschreiberei, Vielregiererei und büreau¬
kratische Bevormundung, die Überlastung mit indirecten Steuern u. s. w.
einer scharfen Kritik unterzogen, wobei ich mich der ausdrücklichen Zustim¬
mung des verehrten Abgeordneten Dr. Waldeck zu erfreuen hatte.

Jener Artikel "Aus dem Rheingau" schließt mit einer Warnung an die
Wähler, "keinen Landrath und keinen Regierungsbeamten oder Präsidenten,
und keinen der von diesen vorgeschlagen wird oder von der Regierung ab¬
hängig ist, zum Abgeordneten zu wählen." Nach diesem mit dem Inhalte
des Artikels selbst vollständig übereinstimmenden und sich in logischer Ord¬
nung daran reisenden Schlußsätze folgt nun aber noch ein kleiner Additional-
artikel, welcher lautet, wie folgt:

"Die Wähler dürfen aber den zu Wählenden auch nicht im Kreise derer
suchen, welche über Recht und Freiheit des Volkes schöne kräftige und auch
spaßhafte Reden halten, sich aber immerdar hüten, durch ihre Abstimmung
der Regierung Verlegenheit zu bereiten."

Ein Freund aus dem Rheingau schreibt mir, daß man diesen Passus des
dort colportirten "Volksfreundes" aus mich deute und daß man sich baß
darob wundere, sintemal der Volksfreund laut seiner Einladung zum Abonne¬
ment der ganzen liberalen Partei dienen wolle und die auf seinem Titel als
Herausgeber, genannten Reichs- und Landtagsabgeordneten Dr. Löwe-Calbe,
Parisius-Gardelegen und Wiggers-Berlin auch zur liberalen Partei gehören,
ja Herr Wiggers mit mir persönlich befreundet sei und öfters gemeinschaftlich
mit mir und als mein politischer Gesinnungsgenosse meinen Wahlkreis und
meine Wähler besucht und mit den letzteren verkehrt habe.

"Wenn es," so schreibt mein Freund, "dem Volksfreund und denjenigen,
welche in gleicher Richtung arbeiten, gelingt, den Zweck zu erreichen und in
unsere (dortige) bisher einige und ungetheilte. liberale Partei einen solchen
Zwiespalt zu bringen, dann wird sicherlich der hochconservattve Landrath ge¬
wählt. Denn dieser hat die Katholiken, die Particularisten und die Re-
. gierung für sich, wie überhaupt unsere Regierung mit der altnassauischen


mung nach im wesentlichen richtig. Zwischen ihm und mir ist nur der Unter¬
schied, daß ich Alles das schon ein Jahr früher gesagt habe, nämlich in
den „Vier Briefen eines Süddeutschen an den Verfasser der Vier Fragen
eines Ostpreußen", welche im Sommer 1867 in den „Grenzboten" ein¬
zeln und dann im Herbst bei S. Hirzel in Leipzig als Broschüre erschie¬
nen sind. Wer in letzterer die Seiten 48 bis 70 nachlesen will, wird sich
von der Richtigkeit meiner Behauptung überzeugen. Dieselbe Ansicht, welche
ich dort ausgesprochen habe, ist von mir auch in dem Abgeordnetenhause ver¬
treten worden, hier habe ich namentlich die in Nassau, jetzt Regierungs¬
bezirk Wiesbaden, eingeführte schwerfällige Verwaltungsorganisation, die ganz
übermäßige Zahl der Beamten, die Vielschreiberei, Vielregiererei und büreau¬
kratische Bevormundung, die Überlastung mit indirecten Steuern u. s. w.
einer scharfen Kritik unterzogen, wobei ich mich der ausdrücklichen Zustim¬
mung des verehrten Abgeordneten Dr. Waldeck zu erfreuen hatte.

Jener Artikel „Aus dem Rheingau" schließt mit einer Warnung an die
Wähler, „keinen Landrath und keinen Regierungsbeamten oder Präsidenten,
und keinen der von diesen vorgeschlagen wird oder von der Regierung ab¬
hängig ist, zum Abgeordneten zu wählen." Nach diesem mit dem Inhalte
des Artikels selbst vollständig übereinstimmenden und sich in logischer Ord¬
nung daran reisenden Schlußsätze folgt nun aber noch ein kleiner Additional-
artikel, welcher lautet, wie folgt:

„Die Wähler dürfen aber den zu Wählenden auch nicht im Kreise derer
suchen, welche über Recht und Freiheit des Volkes schöne kräftige und auch
spaßhafte Reden halten, sich aber immerdar hüten, durch ihre Abstimmung
der Regierung Verlegenheit zu bereiten."

Ein Freund aus dem Rheingau schreibt mir, daß man diesen Passus des
dort colportirten „Volksfreundes" aus mich deute und daß man sich baß
darob wundere, sintemal der Volksfreund laut seiner Einladung zum Abonne¬
ment der ganzen liberalen Partei dienen wolle und die auf seinem Titel als
Herausgeber, genannten Reichs- und Landtagsabgeordneten Dr. Löwe-Calbe,
Parisius-Gardelegen und Wiggers-Berlin auch zur liberalen Partei gehören,
ja Herr Wiggers mit mir persönlich befreundet sei und öfters gemeinschaftlich
mit mir und als mein politischer Gesinnungsgenosse meinen Wahlkreis und
meine Wähler besucht und mit den letzteren verkehrt habe.

„Wenn es," so schreibt mein Freund, „dem Volksfreund und denjenigen,
welche in gleicher Richtung arbeiten, gelingt, den Zweck zu erreichen und in
unsere (dortige) bisher einige und ungetheilte. liberale Partei einen solchen
Zwiespalt zu bringen, dann wird sicherlich der hochconservattve Landrath ge¬
wählt. Denn dieser hat die Katholiken, die Particularisten und die Re-
. gierung für sich, wie überhaupt unsere Regierung mit der altnassauischen


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[0062] mung nach im wesentlichen richtig. Zwischen ihm und mir ist nur der Unter¬ schied, daß ich Alles das schon ein Jahr früher gesagt habe, nämlich in den „Vier Briefen eines Süddeutschen an den Verfasser der Vier Fragen eines Ostpreußen", welche im Sommer 1867 in den „Grenzboten" ein¬ zeln und dann im Herbst bei S. Hirzel in Leipzig als Broschüre erschie¬ nen sind. Wer in letzterer die Seiten 48 bis 70 nachlesen will, wird sich von der Richtigkeit meiner Behauptung überzeugen. Dieselbe Ansicht, welche ich dort ausgesprochen habe, ist von mir auch in dem Abgeordnetenhause ver¬ treten worden, hier habe ich namentlich die in Nassau, jetzt Regierungs¬ bezirk Wiesbaden, eingeführte schwerfällige Verwaltungsorganisation, die ganz übermäßige Zahl der Beamten, die Vielschreiberei, Vielregiererei und büreau¬ kratische Bevormundung, die Überlastung mit indirecten Steuern u. s. w. einer scharfen Kritik unterzogen, wobei ich mich der ausdrücklichen Zustim¬ mung des verehrten Abgeordneten Dr. Waldeck zu erfreuen hatte. Jener Artikel „Aus dem Rheingau" schließt mit einer Warnung an die Wähler, „keinen Landrath und keinen Regierungsbeamten oder Präsidenten, und keinen der von diesen vorgeschlagen wird oder von der Regierung ab¬ hängig ist, zum Abgeordneten zu wählen." Nach diesem mit dem Inhalte des Artikels selbst vollständig übereinstimmenden und sich in logischer Ord¬ nung daran reisenden Schlußsätze folgt nun aber noch ein kleiner Additional- artikel, welcher lautet, wie folgt: „Die Wähler dürfen aber den zu Wählenden auch nicht im Kreise derer suchen, welche über Recht und Freiheit des Volkes schöne kräftige und auch spaßhafte Reden halten, sich aber immerdar hüten, durch ihre Abstimmung der Regierung Verlegenheit zu bereiten." Ein Freund aus dem Rheingau schreibt mir, daß man diesen Passus des dort colportirten „Volksfreundes" aus mich deute und daß man sich baß darob wundere, sintemal der Volksfreund laut seiner Einladung zum Abonne¬ ment der ganzen liberalen Partei dienen wolle und die auf seinem Titel als Herausgeber, genannten Reichs- und Landtagsabgeordneten Dr. Löwe-Calbe, Parisius-Gardelegen und Wiggers-Berlin auch zur liberalen Partei gehören, ja Herr Wiggers mit mir persönlich befreundet sei und öfters gemeinschaftlich mit mir und als mein politischer Gesinnungsgenosse meinen Wahlkreis und meine Wähler besucht und mit den letzteren verkehrt habe. „Wenn es," so schreibt mein Freund, „dem Volksfreund und denjenigen, welche in gleicher Richtung arbeiten, gelingt, den Zweck zu erreichen und in unsere (dortige) bisher einige und ungetheilte. liberale Partei einen solchen Zwiespalt zu bringen, dann wird sicherlich der hochconservattve Landrath ge¬ wählt. Denn dieser hat die Katholiken, die Particularisten und die Re- . gierung für sich, wie überhaupt unsere Regierung mit der altnassauischen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/62>, abgerufen am 30.06.2024.