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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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befriedigen, glatt lösen läßt, so wird sie ganz sicherlich in England zuerst
gelöst werden. Eine Anzahl neuer Versuche haben in dieser Richtung dort
bereits stattgefunden, auf die wir nicht dringend genug die Aufmerksamkeit
lenken können. Darunter glänzt besonders ein Fall, wo in Folge einer
Gewinntheilung mit den Arbeitern die Dividenden der Geschäftseigenthümer
rasch und ansehnlich stiegen. Die Erfahrung in den Kohlenschürfen von
Withwood und Methley ist überaus lehrreich. Diese Bergwerke gehörten
der Firma der Herren Briggs, die sich seit dem 1. Mai 1865 in ein Actien-
unternehmen verwandelt hat, nach dessen Satzungen 10,000 Actien zum No¬
minalbetrag von 13 Pfd. Sterl., jedoch mit vorläufiger Einzahlung von nur
10 Pfd. Sterl. ausgegeben wurden, von denen sich die Gründer und bis¬
herigen Eigenthümer 6430 vorbehielten: 1068 wurden vertheilt an Geschäfts¬
kunden, 1847 wurden öffentlich ausgeboten, 126 erhielten auswärtige Agen¬
ten, 264 wurden den Arbeitern angeboten und der Rest für sie ausge¬
spart. -- Hier ist also zuerst ein nachahmenswerthes Beispiel vorhanden, daß
Arbeitern verstattet wird, ihre Ersparnisse in Actien der Unternehmung zum
Emissionspreise anzulegen und dadurch zum Genusse der Gewinne zu ge¬
langen. Nur 167 Bergleute haben diese dargebotene Prämie zu erwerben
gesucht und zwar befinden sich 173 Actien in ihren Händen. Außerdem er¬
klärten die Eigenthümer, alle Gewinne über 10 Procent zu gleichen Hülsten
mit sämmtlichen Arbeitern zu theilen. -- Vor dieser Zeit hatte die Firma
beständig Händel mit den Bergleuten, die sich unter den muthwilligsten Vor¬
wänden durch gemeinsamen Beschluß Extrafeiertage zu bedingen pflegten,
während deren natürlich die Pumpwerke zum Trockenhalten der Gruben in
Thätigkeit blieben, was täglich 120 Pfd. Sterl. kostete. Im Anfang nach
der Gewinnzusicherung blieben die Arbeiter mißtrauisch, und da die Brod¬
herren als Bedingung der Gewinnberechtigung gefordert hatten, daß die
Arbeiter ein Dienstbuch halten sollten, worin die Zahl der Arbeiter wie der
geleisteten Arbeitstage -eingetragen würde, waren nur 30 Procent der Leute
willig, sich dieser Beaufsichtigung zu unterwerfen. Vor jener Zeit hatte das
eingezahlte Gewerbscapital nie mehr als 10 Procent abgeworfen, im ersten
Jahre nach dem neuen Vertrag wurden jedoch 14 Procent gewonnen, wovon
die Eigenthümer 12 für sich behielten und zwei unter die genußberechtigten
Arbeiter vertheilten. Jetzt, wo man an dem ehrlichen Ernst der Capitalisten
nicht mehr zweifelte, meldeten sich nicht weniger als 80 Procent um Dienst¬
bücher. Das zweite Jahr 1867 schloß hierauf mit einem Nutzen von 16 Proc"
sodaß drei Procent den Arbeitern zuflössen. Seit jener Zeit herrscht die größte
Eintracht und die Arbeiter vermeiden alles, was das Geschäft stören könnte,
sie schonen ihre Werkzeuge viel besser als früher und thun ungeheißen alles,
was irgend eine Ersparniß im Betriebsaufwande zur Folge haben könnte.


befriedigen, glatt lösen läßt, so wird sie ganz sicherlich in England zuerst
gelöst werden. Eine Anzahl neuer Versuche haben in dieser Richtung dort
bereits stattgefunden, auf die wir nicht dringend genug die Aufmerksamkeit
lenken können. Darunter glänzt besonders ein Fall, wo in Folge einer
Gewinntheilung mit den Arbeitern die Dividenden der Geschäftseigenthümer
rasch und ansehnlich stiegen. Die Erfahrung in den Kohlenschürfen von
Withwood und Methley ist überaus lehrreich. Diese Bergwerke gehörten
der Firma der Herren Briggs, die sich seit dem 1. Mai 1865 in ein Actien-
unternehmen verwandelt hat, nach dessen Satzungen 10,000 Actien zum No¬
minalbetrag von 13 Pfd. Sterl., jedoch mit vorläufiger Einzahlung von nur
10 Pfd. Sterl. ausgegeben wurden, von denen sich die Gründer und bis¬
herigen Eigenthümer 6430 vorbehielten: 1068 wurden vertheilt an Geschäfts¬
kunden, 1847 wurden öffentlich ausgeboten, 126 erhielten auswärtige Agen¬
ten, 264 wurden den Arbeitern angeboten und der Rest für sie ausge¬
spart. — Hier ist also zuerst ein nachahmenswerthes Beispiel vorhanden, daß
Arbeitern verstattet wird, ihre Ersparnisse in Actien der Unternehmung zum
Emissionspreise anzulegen und dadurch zum Genusse der Gewinne zu ge¬
langen. Nur 167 Bergleute haben diese dargebotene Prämie zu erwerben
gesucht und zwar befinden sich 173 Actien in ihren Händen. Außerdem er¬
klärten die Eigenthümer, alle Gewinne über 10 Procent zu gleichen Hülsten
mit sämmtlichen Arbeitern zu theilen. — Vor dieser Zeit hatte die Firma
beständig Händel mit den Bergleuten, die sich unter den muthwilligsten Vor¬
wänden durch gemeinsamen Beschluß Extrafeiertage zu bedingen pflegten,
während deren natürlich die Pumpwerke zum Trockenhalten der Gruben in
Thätigkeit blieben, was täglich 120 Pfd. Sterl. kostete. Im Anfang nach
der Gewinnzusicherung blieben die Arbeiter mißtrauisch, und da die Brod¬
herren als Bedingung der Gewinnberechtigung gefordert hatten, daß die
Arbeiter ein Dienstbuch halten sollten, worin die Zahl der Arbeiter wie der
geleisteten Arbeitstage -eingetragen würde, waren nur 30 Procent der Leute
willig, sich dieser Beaufsichtigung zu unterwerfen. Vor jener Zeit hatte das
eingezahlte Gewerbscapital nie mehr als 10 Procent abgeworfen, im ersten
Jahre nach dem neuen Vertrag wurden jedoch 14 Procent gewonnen, wovon
die Eigenthümer 12 für sich behielten und zwei unter die genußberechtigten
Arbeiter vertheilten. Jetzt, wo man an dem ehrlichen Ernst der Capitalisten
nicht mehr zweifelte, meldeten sich nicht weniger als 80 Procent um Dienst¬
bücher. Das zweite Jahr 1867 schloß hierauf mit einem Nutzen von 16 Proc„
sodaß drei Procent den Arbeitern zuflössen. Seit jener Zeit herrscht die größte
Eintracht und die Arbeiter vermeiden alles, was das Geschäft stören könnte,
sie schonen ihre Werkzeuge viel besser als früher und thun ungeheißen alles,
was irgend eine Ersparniß im Betriebsaufwande zur Folge haben könnte.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/504>, abgerufen am 28.06.2024.