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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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auch insofern benachteiligt, als man nicht genügende Zeit hatte, die noth¬
wendig vorher zu machenden langwierigen hydrotechnischen Untersuchungen
sür die Wahl der besten Art des Baues und den günstigsten Ort der An¬
lage anzustellen. Ehe die Hauptpunkte des Planes bestimmt waren (und das
dauerte drei Jahre lang, 1854 -- 1836) konnten natürlich nur vorbereitende
Arbeiten in Angriff genommen werden, so die Anlage von Klinkerstraßen
(Chausseen mit glashart gebrannten Ziegelsteinen gepflastert) zur Verbindung
mit der oldenburger Chaussee, die Anlage eines Gebäudes für die Com¬
mission, der Ankauf der nöthigen Grundstücke für den Hafenbau und eine
Ziegelei, die Beschaffung von Baumaterialien sowie eines Dampfbaggers
und eines Bugsirboots, und endlich die Eindeichung der Ufergrenzen. Da
die Fluth hier zuweilen (wenn auch ausnahmsweise) sogar 26 Fuß über die
Ebbelinie steigt und die Deiche ihr sehr ausgesetzt sind, mußten dieselben
überaus stark angelegt und künstlich (namentlich mit Ziegelböschungen) befe¬
stigt werden: sür die 1200 Ruthen des westlichen Jahdeufers bei Heppens
und die 140 Ruthen des östlichen Ufers bei Eckwarden sind auf die 15 Jahre
1834--1869 nicht weniger als 223,000 Thl. gerechnet. -- Endlich im Früh¬
jahr 1836 war es möglich geworden, den allgemeinen Plan der Hafenanlage
selbst fest zu stellen: am 23. Juni d. I. ward derselbe vom König geneh¬
migt, und zwar im Wesentlichen so wie er seitdem zur Ausführung gekommen
ist (f. unser obiges Resume). Zwar kannte man zur Zeit, als die ersten
Pläne zur Hafenanlage entworfen wurden, noch keine Panzerschiffe, auch
waren die größten Linienschiffe damals kaum so lang als heute Panzerfregatten
mittlerer Größe, und endlich konnte Preußen. auf sich allem angewiesen, nie
daran denken, in der Schaffung einer Kriegsflotte auch nur annähernd das
zu leisten, was andere Staaten, wie z. B. Frankreich und Rußland, sich zur
Aufgabe setzten. So hatten denn die ersten Entwürfe naturgemäß bescheide¬
nere Dimensionen als sich in der letzten Zeit nöthig gezeigt haben. Aber
gleichwohl waren die Schwierigkeiten, ohne jeden natürlichen Vortheil,
gegen Ebbe, Fluth und starke Strömung, gegen Sturmfluthen und Fieber¬
klima eines Landes ohne Trinkwasser im beweglichen weichen Schlick¬
boden solid! aufgeführte Bauwerke zu schaffen, so ungeheuer, daß man
ohne Uebertreibung behaupten kann, kein zweiter Hafen der Welt hat soviel
Mühe erfordert, wie der ztt Heppens*). Beim Anfang der Bauten an der
Jahde machte sich außerdem die schwierige Communication besonders fühlbar,
indem in dem schweren meist feuchten Marschboden vor Anlage der über
eine Meile langen Klinkerchaussee nach Sande und verschiedner Nebenwege
mit Lasten gar nicht fortzukommen war, während die Verbindung zu Wasser



") Die "äiAu<z°° in Cherbourg schließt blos die Rhede, gehört aber nicht zum eigentlichen
Hafen.

auch insofern benachteiligt, als man nicht genügende Zeit hatte, die noth¬
wendig vorher zu machenden langwierigen hydrotechnischen Untersuchungen
sür die Wahl der besten Art des Baues und den günstigsten Ort der An¬
lage anzustellen. Ehe die Hauptpunkte des Planes bestimmt waren (und das
dauerte drei Jahre lang, 1854 — 1836) konnten natürlich nur vorbereitende
Arbeiten in Angriff genommen werden, so die Anlage von Klinkerstraßen
(Chausseen mit glashart gebrannten Ziegelsteinen gepflastert) zur Verbindung
mit der oldenburger Chaussee, die Anlage eines Gebäudes für die Com¬
mission, der Ankauf der nöthigen Grundstücke für den Hafenbau und eine
Ziegelei, die Beschaffung von Baumaterialien sowie eines Dampfbaggers
und eines Bugsirboots, und endlich die Eindeichung der Ufergrenzen. Da
die Fluth hier zuweilen (wenn auch ausnahmsweise) sogar 26 Fuß über die
Ebbelinie steigt und die Deiche ihr sehr ausgesetzt sind, mußten dieselben
überaus stark angelegt und künstlich (namentlich mit Ziegelböschungen) befe¬
stigt werden: sür die 1200 Ruthen des westlichen Jahdeufers bei Heppens
und die 140 Ruthen des östlichen Ufers bei Eckwarden sind auf die 15 Jahre
1834—1869 nicht weniger als 223,000 Thl. gerechnet. — Endlich im Früh¬
jahr 1836 war es möglich geworden, den allgemeinen Plan der Hafenanlage
selbst fest zu stellen: am 23. Juni d. I. ward derselbe vom König geneh¬
migt, und zwar im Wesentlichen so wie er seitdem zur Ausführung gekommen
ist (f. unser obiges Resume). Zwar kannte man zur Zeit, als die ersten
Pläne zur Hafenanlage entworfen wurden, noch keine Panzerschiffe, auch
waren die größten Linienschiffe damals kaum so lang als heute Panzerfregatten
mittlerer Größe, und endlich konnte Preußen. auf sich allem angewiesen, nie
daran denken, in der Schaffung einer Kriegsflotte auch nur annähernd das
zu leisten, was andere Staaten, wie z. B. Frankreich und Rußland, sich zur
Aufgabe setzten. So hatten denn die ersten Entwürfe naturgemäß bescheide¬
nere Dimensionen als sich in der letzten Zeit nöthig gezeigt haben. Aber
gleichwohl waren die Schwierigkeiten, ohne jeden natürlichen Vortheil,
gegen Ebbe, Fluth und starke Strömung, gegen Sturmfluthen und Fieber¬
klima eines Landes ohne Trinkwasser im beweglichen weichen Schlick¬
boden solid! aufgeführte Bauwerke zu schaffen, so ungeheuer, daß man
ohne Uebertreibung behaupten kann, kein zweiter Hafen der Welt hat soviel
Mühe erfordert, wie der ztt Heppens*). Beim Anfang der Bauten an der
Jahde machte sich außerdem die schwierige Communication besonders fühlbar,
indem in dem schweren meist feuchten Marschboden vor Anlage der über
eine Meile langen Klinkerchaussee nach Sande und verschiedner Nebenwege
mit Lasten gar nicht fortzukommen war, während die Verbindung zu Wasser



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Hafen.
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[0486] auch insofern benachteiligt, als man nicht genügende Zeit hatte, die noth¬ wendig vorher zu machenden langwierigen hydrotechnischen Untersuchungen sür die Wahl der besten Art des Baues und den günstigsten Ort der An¬ lage anzustellen. Ehe die Hauptpunkte des Planes bestimmt waren (und das dauerte drei Jahre lang, 1854 — 1836) konnten natürlich nur vorbereitende Arbeiten in Angriff genommen werden, so die Anlage von Klinkerstraßen (Chausseen mit glashart gebrannten Ziegelsteinen gepflastert) zur Verbindung mit der oldenburger Chaussee, die Anlage eines Gebäudes für die Com¬ mission, der Ankauf der nöthigen Grundstücke für den Hafenbau und eine Ziegelei, die Beschaffung von Baumaterialien sowie eines Dampfbaggers und eines Bugsirboots, und endlich die Eindeichung der Ufergrenzen. Da die Fluth hier zuweilen (wenn auch ausnahmsweise) sogar 26 Fuß über die Ebbelinie steigt und die Deiche ihr sehr ausgesetzt sind, mußten dieselben überaus stark angelegt und künstlich (namentlich mit Ziegelböschungen) befe¬ stigt werden: sür die 1200 Ruthen des westlichen Jahdeufers bei Heppens und die 140 Ruthen des östlichen Ufers bei Eckwarden sind auf die 15 Jahre 1834—1869 nicht weniger als 223,000 Thl. gerechnet. — Endlich im Früh¬ jahr 1836 war es möglich geworden, den allgemeinen Plan der Hafenanlage selbst fest zu stellen: am 23. Juni d. I. ward derselbe vom König geneh¬ migt, und zwar im Wesentlichen so wie er seitdem zur Ausführung gekommen ist (f. unser obiges Resume). Zwar kannte man zur Zeit, als die ersten Pläne zur Hafenanlage entworfen wurden, noch keine Panzerschiffe, auch waren die größten Linienschiffe damals kaum so lang als heute Panzerfregatten mittlerer Größe, und endlich konnte Preußen. auf sich allem angewiesen, nie daran denken, in der Schaffung einer Kriegsflotte auch nur annähernd das zu leisten, was andere Staaten, wie z. B. Frankreich und Rußland, sich zur Aufgabe setzten. So hatten denn die ersten Entwürfe naturgemäß bescheide¬ nere Dimensionen als sich in der letzten Zeit nöthig gezeigt haben. Aber gleichwohl waren die Schwierigkeiten, ohne jeden natürlichen Vortheil, gegen Ebbe, Fluth und starke Strömung, gegen Sturmfluthen und Fieber¬ klima eines Landes ohne Trinkwasser im beweglichen weichen Schlick¬ boden solid! aufgeführte Bauwerke zu schaffen, so ungeheuer, daß man ohne Uebertreibung behaupten kann, kein zweiter Hafen der Welt hat soviel Mühe erfordert, wie der ztt Heppens*). Beim Anfang der Bauten an der Jahde machte sich außerdem die schwierige Communication besonders fühlbar, indem in dem schweren meist feuchten Marschboden vor Anlage der über eine Meile langen Klinkerchaussee nach Sande und verschiedner Nebenwege mit Lasten gar nicht fortzukommen war, während die Verbindung zu Wasser ") Die „äiAu<z°° in Cherbourg schließt blos die Rhede, gehört aber nicht zum eigentlichen Hafen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/486>, abgerufen am 04.07.2024.